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dpa-Faktencheck

Falscher Augenzeugenbericht über Berliner Messerattacke im Netz

Berlin (ots)

Nach dem tödlichen Messerangriff auf einen Chefarzt in Berlin wird im Internet verbreitet, in den Nachrichten werde nicht die Wahrheit über den Fall berichtet. Als Beweis wird der unbelegte Kommentar einer vermeintlichen Augenzeugin «aus der Notaufnahme» herangezogen. Darin heißt es unter anderem fälschlicherweise, die Attacke habe sich «am Aussentor der Klinik» abgespielt. Zudem verschwiegen die Medien angeblich weitere Schwerverletzte (http://dpaq.de/zuvF9).

BEWERTUNG: Der Augenzeugenbericht ist erfunden. Die Tat ereignete sich in einem Seminarraum im Inneren der Klinik. Nach Polizeiangaben gab es einen Toten und einen Schwerverletzten.

FAKTEN: Am Abend des 19. November 2019 hat ein Angreifer den Mediziner Fritz von Weizsäcker in der Schlosspark-Klinik erstochen. Nach Angaben von Berliner Polizei (http://dpaq.de/pLibN) und Generalstaatsanwaltschaft (http://dpaq.de/KH1oj) hielt der 59 Jahre alte Chefarzt in einem Seminarraum gerade einen Vortrag, als gegen Ende ein Mann aus der Zuschauermenge zum Podium ging und von Weizsäcker mit dem Messer attackierte. Ein 33-jähriger Polizeibeamter außer Dienst, der dazwischengehen wollte, wurde lebensgefährlich verletzt.

Im Internet findet derweil der falsche Bericht einer vermeintlichen Augenzeugin Verbreitung, nach dem bei der Tat angeblich drei weitere Personen schwer verletzt worden sein sollen. Sie behauptete ohne jegliche Belege, die Attacke habe sich «am Aussentor der Klinik» ereignet. Zudem spekulierte sie, der Angreifer habe sich für ein Familienmitglied gerächt, das auf einer Station des Krankenhauses gestorben sei. Der Kommentar der Nutzerin macht als Screenshot bei Facebook die Runde (http://dpaq.de/zuvF9).

Das alles ist vollkommen erfunden. Nach Angaben von Polizei wurde der deutsche Tatverdächtige noch vor Ort festgenommen und in der Nacht zum 20. November 2019 verhört. Der Beschuldigte aus Rheinland-Pfalz soll nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft aus einer «wahnbedingten allgemeinen Abneigung» gegen die Familie des Getöteten gehandelt haben (http://dpaq.de/KH1oj). Die Behörde ermittelt mittlerweile wegen Mordes und versuchten Mordes gegen den Angreifer. Der 57-Jährige habe angegeben, die Tat geplant zu haben (Stand: 20.11./17.00 Uhr).

Von Weizsäcker war seit 2005 Chefarzt der Abteilung Innere Medizin I an der Schlosspark-Klinik. Sein Vater Richard von Weizsäcker (1920-2015) war von 1984 bis 1994 Bundespräsident der Bundesrepublik.

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Links:

Pressemitteilung der Polizei Berlin vom 20.11.2019: https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/pressemitteilung.867344.php (archiviert: http://dpaq.de/fs6S5)

Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vom 20.11.2019, 16.01 Uhr: https://twitter.com/GStABerlin/status/1197168131438972930 (archiviert: http://dpaq.de/rtZxF)

Facebook-Post: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10217983046341189&set=a.2727369056864&type=1&theater

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Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com

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