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Deutsche Umwelthilfe e.V.

Letzter Aufruf an Koalitionsfraktionen: Verbraucherschutz schützen!

Berlin (ots)

Nach Zurückweisung durch den Bundespräsidenten
landet das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) heute Nacht erneut im 
Bundestag - Deutsche Umwelthilfe nennt Entwurf "insgesamt mangelhaft"
und verlangt grundlegende Überarbeitung - Appell an Abgeordnete, 
nicht die Geheimniskrämerei von Unternehmen höher anzusiedeln als den
Transparenzanspruch der Verbraucher
Auch im zweiten Anlauf scheint die Große Koalition entschlossen, 
beim Verbraucherschutz auf "Geheimniskrämerei statt Transparenz" zu 
setzen. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) im Vorfeld 
der erneuten ersten Lesung des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) 
hingewiesen und eine grundlegende Überarbeitung verlangt. Nachdem 
Bundespräsident Horst Köhler sich im Dezember 2006 wegen 
verfassungsrechtlicher Bedenken geweigert hatte, das von der DUH und 
anderen Verbraucherschutzorganisationen heftig kritisierte Gesetz zu 
unterzeichnen, formulierte die Regierung das Gesetzeswerk ohne 
substanzielle Änderungen um. Der neue Koalitionsentwurf steht formal 
um 4 Uhr in der Nacht vom heutigen Donnerstag auf Freitag auf der 
Tagesordnung des Bundestags. Die Reden werden "zu Protokoll gegeben".
"Demonstrativer kann eine Regierung ihre Geringschätzung von 
Verbraucherrechten kaum dokumentieren", erklärte 
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Man kann es angesichts 
dieses Gesetzes durchaus wörtlich nehmen: Die Verbraucherinformation 
soll in Deutschland im Dunkeln bleiben und folgerichtig in 
pechschwarzer Nacht verabschiedet werden."  Resch warf 
Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) und insbesondere den 
beiden Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD vor, sie haben die mit 
der Zurückweisung durch den Bundespräsidenten verbundene Chance auf 
substanzielle Verbesserungen des insgesamt mangelhaften Gesetzes 
nicht genutzt. "Während die Verbraucher in anderen europäischen 
Staaten wie in Dänemark und Großbritannien in vorbildlicher Weise 
über alle Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen zeitnah informiert 
werden, geht Deutschland den umgekehrten Weg und hat ein Herz für die
Geheimhaltungsbedürfnisse der Gammelfleischhändler."
Der neue Entwurf begnüge sich mit einer überarbeiteten Regelung 
formaler Zuständigkeiten bei Informationsbegehren - Horst Köhler 
hatte bemängelt, dass den Kommunen nicht über ein Bundesgesetz, 
sondern nur über Landesgesetze diese Aufgaben übertragen werden 
dürften. Aus den Fleisch- und Lebensmittelskandalen des letzten 
Jahres habe die Regierung immer noch keine Konsequenzen gezogen, 
meinte Resch und erinnerte an die offenbar vergessenen Leitsätze zur 
Verbraucherpolitik in der Koalitionsvereinbarung von Union und SPD, 
wonach "ein Gleichgewicht zwischen Verbraucher- und 
Wirtschaftsinteressen" zu suchen sei und Verbraucher und Wirtschaft 
sich "auf gleicher Augenhöhe" gegenüberstehen sollten.
"Auch dieser zweite Versuch des Verbraucherschutzministers und der
Großen Koalition für ein VIG kann nur als Entscheidung zugunsten von 
Geheimniskrämerei und gegen dringend notwendige Transparenz gewertet 
werden", kritisierte die Leiterin Recht und Verbraucherschutz der 
DUH, Cornelia Ziehm. So gebe es auch in der Neufassung keine 
Verpflichtung des Staates, die Öffentlichkeit - etwa bei 
Lebensmittelskandalen - unmittelbar zu informieren oder zu warnen. 
Außerdem beschränke sich der Anwendungsbereich des VIG allein auf den
Lebensmittelsektor, Textilien oder Dienstleistungen seien weiterhin 
ausgenommen. Als "mit moderner Verbraucherschutzpolitik schwerlich 
vereinbar" bezeichnete Ziehm die Tatsache, dass "es einen 
gesetzlichen Informationsanspruch gegenüber privaten Unternehmen 
weder für Verbraucherinnen und Verbraucher noch für 
Verbraucherorganisationen geben soll."
Zudem werde das VIG bei Informationsbegehren von Verbraucherinnen 
und Verbrauchern gegenüber Behörden wegen ausladender 
Ausnahmetatbestände "faktisch zu einem 
Informationsverhinderungsgesetz". Wie bereits im ersten Entwurf 
sollen die Unternehmen weiterhin selbst definieren können, was ein 
Betriebs- und Geschäftsgeheimnis ist und deshalb nicht herausgegeben 
werden muss. Nach dem Gesetzeswortlaut können sie sogar noch 
nachträglich Geschäftsgeheimnisse geltend machen, wenn sie von einer 
konkreten Bürgeranfrage Kenntnis erlangen. Begründen müssen sie die 
Einstufung als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis nicht - auch nicht 
gegenüber den Behörden. Schließlich ist es den von Anfragen 
betroffenen Unternehmen erlaubt, auch "sonstige wettbewerbsrelevante 
Daten" geheim zu halten. Mit diesem in keiner Weise näher definierten
Begriff werde "dem Missbrauch endgültig Tür und Tor geöffnet und das 
´Leitbild des mündigen Bürgers´, auf das sich Horst Seehofer sonst 
gern beruft, vollends ad absurdum geführt", sagte Ziehm.
Besonders prekär: Das VIG in der vorliegenden Fassung sei im 
Lebensmittelbereich sogar geeignet, gegenüber Bundesbehörden die nach
dem so genannten Informationsfreiheitsgesetz (IFG) schon heute 
existierenden Informationsansprüche einzuschränken. Denn das IFG 
kenne derart weit gefasste Ausnahmetatbestände wie im VIG aus gutem 
Grunde nicht. Vor diesem Hintergrund komme die Gesetzesbegründung, 
wonach das neue VIG das Recht der Verbraucherinformation erweitere, 
"einer Verdummung von Verbraucherinnen und Verbrauchern gleich", 
erklärte Ziehm. In der vorgelegten Form könnten das VIG "nur 
Abgeordnete verabschieden, die das Geheimhaltungsinteresse von 
Unternehmen höher ansiedeln als den Transparenzanspruch von 
Verbraucherinnen und Verbrauchern. Dann sollten sie das aber auch 
ehrlich so sagen und nicht von Fortschritten beim Verbraucherschutz 
reden", schloss Ziehm.

Pressekontakt:

Für Rückfragen
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 258986-19,
E-Mail: resch@duh.de

Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Recht und Verbraucherschutz, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19,
Mobil: 0160 5337376, E-Mail: ziehm@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19,
Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell

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