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Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: Kurt Beck bemängelt in seiner Hauptstadtrede Berlins Umgang mit DDR-Erbe, distanziert sich von Thilo Sarrazin und fordert mehr Unterstützung für bundesdeutschen Föderalismus

Berlin (ots)

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und
frühere SPD-Bundesvorsitzende Kurt Beck bemängelt in seiner 
Hauptstadtrede Berlins Umgang mit dem DDR-Erbe, distanziert sich von 
Thilo Sarrazin und fordert mehr Unterstützung für den bundesdeutschen
Föderalismus.
Dies geht aus dem Redemanuskript für seinen Beitrag zur 
Veranstaltungsreihe "Hauptstadtreden" hervor, das dem Tagesspiegel 
vorliegt. Beck wollte die Rede am Mittwochabend in der Berliner 
Landesvertretung von Rheinland-Pfalz halten. Diese Informationen 
sowie die folgenden Auszüge sind ab sofort bei Quellenangabe Der 
Tagesspiegel (Mittwochausgabe) zu Ihrer Verwendung freigegeben:
Beck kritisierte den Umgang des Landes Berlin mit der Erinnerung 
an die Zeit vor dem Mauerfall. "Ich vermisse eine würdige Erinnerung 
an die Opfer der Mauer-Zeit, der DDR-Diktatur", heißt es in dem 
Manuskript von Becks "Hauptstadtrede", die er am Mittwochabend in der
Landesvertretung von Rheinland-Pfalz halten wollte. "Am Checkpoint 
Charlie sieht es eher aus wie auf einem Krempelmarkt." Beck 
bezeichnete seine Kritik ausdrücklich "nicht als Einmischung in 
Berliner Angelegenheiten, sondern als Eindrücke eines Besuchers, der 
gerne in Berlin ist".
Mit seiner Rede reiht sich Beck eine Serie von persönlich 
gehaltenen Ansprachen, in denen Regierungschefs der Bundesländer auf 
Einladung der Stiftung Zukunft Berlin über ihr Verhältnis zur 
Hauptstadt gesprochen haben, kürzlich ist eine erster Sammelband im 
Siebenhaar-Verlag als Buch erschienen.
Beck nutzte seine Rede neben einer scharfen Kritik an der 
schwarz-gelben Bundesregierung vor allem für ein Plädoyer für die 
Autonomie der Bundesländer. "Der Föderalismus hat in der 
Bundeshauptstadt wenig Freunde", kritisierte er. Das gelte sowohl für
die Merkel-Regierung als auch für die Bundestagsfraktion 
einschließlich der seiner eigenen Partei, bei denen "der Föderalismus
nicht beliebt und unverstanden" sei. Auch bei den in der Hauptstadt 
konzentrierten Medien habe "der Zentralismus mehr Zustimmung" als das
Konzept von 16 unterschiedlichen Ländern. "Die Vielfalt der Länder 
spiegelt sich in den überregionalen Medien wenig", bemängelte Beck.
Der Ministerpräsident rief dazu auf, gerade in Krisenzeiten wie 
jetzt die Bundesländer stärker wahrzunehmen. "Der Föderalismus hat 
zur Dynamik, zum Erfolg unseres Landes geführt." Zentralistische 
Staaten wie Frankreich hätten "die Wirtschafts- und Finanzkrise 
schlechter gemanagt als Deutschland." In der Bundesrepublik hätten 
vor allem die gemeinsamen Konjunkturprogramme unter der letzten 
Bundesregierung mit SPD-Beteiligung bewiesen, "dass der Föderalismus 
funktioniert." Schützend stellte sich Beck beim Thema 
Länderfinanzausgleich vor Berlin und die Ost-Länder, die rund 90 
Prozent der Ausgleichszahlungen erhielten. "Ohne die Solidarität im 
Finanzausgleich würden wir große Teile des Landes veröden lassen." 
Das würde der Republik als Ganzes schaden. Um den Ländern auch 
weiterhin Eigenständigkeit und Chancengleichheit zu gewähren, sei der
Finanzausgleich unerlässlich.
Freundliche Signale in Richtung Hauptstadt schickte Beck auch mit 
einer Aufzählung bedeutender Berliner, die einst aus seinem Teil des 
Landes an die Spree kamen, um Großes zu bewirken. Ohne den gebürtigen
Mainzer Lorenz Adlon hätte Berlin keine angemessene Unterkunft für 
Hollywood- Stars, ohne den aus Oppenheim stammenden 
Reichstagsarchitekten Paul Wallot wäre Berlin um ein zentrales 
politisches Gebäude ärmer. Becks Fazit: Die Hauptstadt Berlin hat 
Menschen aus der so genannten Provinz viel zu verdanken. Nur von 
einem in Berlin lange wichtigen Menschen, der einst aus 
Rheinland-Pfalz an die Spree kam, distanzierte sich Beck explizit, 
nämlich von Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin, der in letzter Zeit 
durch kontroverse Thesen zur Integration in der Öffentlichkeit stand.
Für dessen Aussagen, so Beck, "übernehme ich keine Verantwortung".
Mit freundlichen Grüßen,
 Lars von Törne
Redakteur
Der Tagesspiegel
Askanischer Platz 3
10963 Berlin

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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