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Börsen-Zeitung: Hoffen auf das zweite Halbjahr Kolumne "Marktplatz" von Thorsten Kramer.

Frankfurt (ots)

Die Furcht vor der Finanzkrise und die Sorge um
die Verfassung der US-Wirtschaft lähmen die globalen Märkte. Greifbar
wird dies dieser Tage - einmal mehr - beim Blick auf die Entwicklung 
des Aktienemissionsgeschäfts. An den Equity Capital Markets brach das
Volumen im Februar bei weltweit lediglich 120 Transaktionen auf 16,7 
Mrd. Dollar ein; das war das niedrigste Niveau seit mehr als fünf 
Jahren. 2008 geht somit als das erste Börsenjahr seit 1992 in die 
Geschichte ein, in dem die Emissionstätigkeit im Februar tiefer lag 
als im Januar.
Veranlasst von der ausgeprägten Unsicherheit der Investoren 
verzichteten seit Jahresanfang bereits 61 Unternehmen auf den 
geplanten Börsengang. Das Volumen dieser Transaktionen summiert sich 
auf 21,4 Mrd. Dollar. Und es gibt gute Gründe dafür anzunehmen, dass 
in den kommenden Monaten weiterhin eine Vielzahl der Unternehmen vor 
dem Schritt auf das Parkett zurückschrecken wird - und zwar solange, 
wie "Verunsicherung" und "Risikoscheu" die am häufigsten benutzten 
Vokabeln bleiben, wenn Akteure die Stimmung unter den Anlegern an den
Aktienmärkten beschreiben.
Diese Stimmungslage ist Ausdruck der fehlenden Transparenz, die 
weiterhin vor allem im Finanzsektor zu beklagen ist. [Z-ZEILE]Hinzu 
kommen die latenten Rezessionssorgen in den Vereinigten Staaten, die 
immerfort von enttäuschenden Konjunkturdaten befeuert werden und die 
Akteure damit zum Rückzug animieren sowie - nicht zuletzt - die 
Wachstumsprognosen für die europäische Wirtschaft und die Gewinne der
Unternehmen in Frage stellen
Wen wundert es also, dass in Deutschland mit Evonik und Talanx 
schon zwei potenzielle Schwergewichte klar zum Ausdruck gebracht 
haben: kein Börsengang in diesem Umfeld! Angesichts der starken 
Schwankungen und der unklaren Perspektiven an den Märkten ist gewiss,
dass Unternehmen zurzeit ihre Vorstellungen bei einer Emission ganz 
sicher nicht durchsetzen könnten. Wenn sie überhaupt ausreichendes 
Interesse fänden, müssten sie ihre Preisvorstellungen so kräftig 
reduzieren, dass vom dem angestrebten Erlös letztlich nur ein kleiner
Teil übrig bliebe. Folglich müssten einige Expansionspläne zunächst 
zurückgestellt oder sogar fallen gelassen werden. Gleichwohl 
gewährten hohe Abschläge beim Ausgabepreis keinen Schutz gegen 
anschließende Kursverluste. Bei sinkenden Notierungen liefen die 
Börsenneulinge aber Gefahr, ihre Anteilseigner zu verprellen. Dadurch
entstünde ein hoher Vertrauensverlust, mit dem die Unternehmen danach
lange Zeit zu kämpfen hätten.
Ist nun zu befürchten, dass man das Emissionsgeschäft bereits für 
das gesamte Jahr 2008 abhaken kann? Natürlich nicht. Viele 
institutionelle Anleger senkten in den zurückliegenden Wochen ihr 
Engagement in risikoreichen Assetklassen und gewichteten die 
Cash-Position in ihren Portfolios deutlich über. Liquidität ist somit
mehr als ausreichend vorhanden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass 
Anleger im Laufe des Jahres zunehmend dazu bereit sein werden, dieses
Geld zu investieren - vorausgesetzt, die Transparenz im Finanzsektor 
steigt endlich an und die US-Wirtschaft kann mit Hilfe der 
Zinssenkungen der Federal Reserve das Abgleiten in eine schwere 
Rezession vermeiden. Viele Analysten erwarten beides für das zweite 
Halbjahr.
Sobald sich das Fenster für Börsengänge öffnet, werden allerdings 
viele Unternehmen gleichzeitig um die Gunst der institutionellen 
Investoren werben. Dabei werden diejenigen mit einer höheren 
Marktkapitalisierung sowie etablierten, Wachstum versprechenden 
Geschäftsmodellen Vorteile für sich reklamieren können. Sie 
profitieren schon allein dadurch, dass sie für einen liquiden 
Börsenhandel stehen, der Anlegern die Chance gibt, auf unerwartete 
Marktschwankungen umgehend zu reagieren. Sie besitzen zudem das 
Potenzial, sich mit einer aufwärts gerichteten Gewinnentwicklung 
positiv aus der Masse hervorzuheben.
Schwieriger wird es hingegen für kleinere Unternehmen bleiben, wie
auch für Gesellschaften aus Branchen, in denen eine ganze Reihe von 
Konkurrenten an die Börse streben. Für diese Unternehmen kommt es auf
ein besonders gutes Timing beim Börsengang an.
(Börsen-Zeitung, 8.3.2008)

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