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Börsen-Zeitung: In der zweiten Runde Kommentar zur Gefahr für die Inflationsrate im Euroraum durch Zweitrundeneffekte und zur Strategie der Europäischen Zentralbank (EZB), von Jürgen Schaaf.

Frankfurt (ots)

Seit einigen Monaten droht die Europäische
Zentralbank (EZB), sie werde nicht tatenlos zusehen, wenn sich die 
Gefahr sogenannter "Zweitrundeneffekte" materialisiere. Dass sie 
immer noch davor warnt, ist mehr als erstaunlich, denn wir sind 
bereits mitten drin in der zweiten Runde.
Wenn sich höhere Energie- und Lebensmittelpreise über entsprechend
höhere Tarifabschlüsse in die Kostenstruktur von Unternehmen 
fortpflanzen, sprechen Ökonomen von Zweitrundeneffekten. Denn es ist 
sehr wahrscheinlich, dass die Firmen die höheren Lohnkosten über 
Preiserhöhungen ihrer Endprodukte an die Verbraucher weitergeben. 
Dadurch wird ein - normalerweise - vorübergehender Schock auf breiter
Basis verstetigt. Teuerung wird so zur Inflation.
Genau das sehen wir gerade. Der Ölpreis geht durch die Decke, er 
hat sich seit 2001 verfünffacht, und auch Lebensmittel haben sich vor
allem in den zurückliegenden Monaten mitunter drastisch verteuert. 
Und dies nicht nur in den Schwellen- und Entwicklungsländern - 
wenngleich diese einen gehörigen Anteil an der hohen globalen 
Nachfrage haben. Die Inflationsrate im Euroraum ist in dieser 
Gemengelage im März auf historisch bislang einmalige 3,6% 
hochgeschossen. Zur Erinnerung: Die EZB hält maximal 2% Inflation auf
mittlere Sicht für tolerierbar.
Die Gewerkschaften nutzen diese horrende Zahl als ein weiteres 
Argument, höhere Löhne durchzusetzen, als die Produktivität hergibt. 
In Deutschland sind die bisherigen Lohnsteigerungen in einigen 
Branchen in diesem Jahr entsprechend üppig ausgefallen - anders als 
in den zurückliegenden Jahren, die von der Bescheidenheit der 
Arbeitnehmer geprägt waren. Allerdings ist in einigen der 
entsprechenden Branchen (Chemie, Metallindustrie) auch das 
Produktivitätswachstum seit Jahren hoch.
Aber nicht nur in Deutschland haben sich Zweitrundeneffekte 
bereits materialisiert. In Spanien, Zypern oder Malta, wo die 
Lohnerhöhung an die Inflationsrate gekoppelt ist, sind die 
Zweitrundeneffekte programmiert, so dass der mittelfristige 
Inflationstrend selbst dann nicht sinken kann, sollten sich die 
Rohstoff- und Agrarpreise wieder beruhigen. Ob die Zweitrundeneffekte
sich materialisieren, steht daher überhaupt nicht mehr zur Debatte. 
Die Frage lautet daher nun: Über wie viele Runden wird dieser Kampf 
gegen die Inflation gehen?
(Börsen-Zeitung, 18.4.2008)

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