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Börsen-Zeitung: E-Mail für dich, Börsenkommentar "Marktplatz" von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots)

An der Börse wird nicht zum Einstieg geklingelt,
lautet eine alte Börsenweisheit. Gelegentlich wird jedoch gerne 
gemailt. Eine interne E-Mail von Citigroup-Chef Vikram Pandit hat an 
den Aktienmärkten wie ein Antidepressivum gewirkt. Mit schwarzen 
Zahlen ins Jahr gestartet und mit der Kapitalausstattung im grünen 
Bereich: Die Botschaft des amerikanischen Bankenriesen setzte im 
Epizentrum der Finanzmarkt-Erschütterungen an und konnte daher nicht 
anders, als erhebliche Wirkung an den Finanzmärkten zu entfalten.
Wie einst Tom Hanks und Meg Ryan im Filmklassiker "E-Mail für 
dich" griffen die Akteure an den Aktienmärkten die elektronische 
Botschaft begierig auf. Unter Führung der Finanzsektoren zogen Dow 
Jones Industrial Average und Dax über die Schwellen von 7000 und 4000
an, deren Unterschreiten zuvor Befürchtungen über einen neuerlichen 
heftigen Kursabsturz genährt hatte. Aber auch an der 
überdurchschnittlichen Entwicklung zyklischer Sektoren und am 
Hinterherhinken der defensiven Branchen lässt sich ablesen, dass die 
Mitteilung der Citigroup den Marktteilnehmern wieder etwas Zuversicht
eingehaucht hat.
Bei der Bewertung der Aktienrally, die auch durch eine stark 
überverkaufte Verfassung des Marktes begünstigt wurde, ist aber 
Vorsicht angebracht. Es ist äußerst ungewiss, ob der Dax seine 
Avancen noch in nennenswertem Umfang ausbauen kann. Gänzlich 
vermessen wäre es, bereits jetzt die große Trendwende auszurufen. 
Dafür kommen auf die Marktteilnehmer noch zu viele Belastungen zu.
Argumente, die für eine vorübergehende stärkere Aufwärtsbewegung 
sprechen, sind allerdings durchaus vorhanden. So könnten die Anleger 
eine Zeit lang auf die Auswirkungen der groß angelegten weltweiten 
monetären und fiskalischen Hilfsmaßnahmen setzen. Zudem könnten 
weitere Eindeckungen die Notierungen in nächster Zeit noch nach oben 
treiben. In diesem Zusammenhang wird möglicherweise der große 
Verfallstermin für Auftrieb sorgen. Die Investoren verfügen darüber 
hinaus über hohe Liquiditätsbestände. Vor diesem Hintergrund werden 
unter Umständen weitere Umschichtungen aus defensiven in zyklische 
Sektoren bei Letzteren für erheblichen Auftrieb sorgen.
Letztlich muss jedoch davon ausgegangen werden, dass auch diese 
Bewegung nichts anderes als eine weitere Bärenmarktrally sein wird. 
Denn von einigen Indikationen wie zuletzt den 
US-Einzelhandelsumsätzen abgesehen zeigen die wirtschaftlichen Daten 
weiterhin einen dramatischen Absturz der Weltwirtschaft an. Diese 
wird in diesem Jahr erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg schrumpfen, 
wie nun die Weltbank voraussagt. Die Daten der vergangenen Tage sind 
ebenfalls alles andere als ermutigend. So hat das japanische 
Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2008 den schwersten Einbruch 
seit dem Jahr 1974 erlitten. Die deutsche Industrieproduktion ist im 
Januar, von starken Einbrüchen bei Aufträgen und Ausfuhren schwer 
getroffen, mit einer schockierenden Monatsrate von 7,5% abgesackt. 
"Die Konjunktur fällt über die Klippe: Deutschlands Volkswirtschaft 
schrumpft 2009 um 5%", so die Überschrift eines Marktausblicks des 
Bankhauses M.M. Warburg vom Wochenschluss.
Der Wachstumseinbruch in Kombination mit dem Druck auf 
Absatzpreise und Margen wird in den Zahlenwerken der Unternehmen zum 
ersten Quartal grausame Auswirkungen zeigen. Damit gehen die 
Aktienmärkte auf den Lackmustest zu. In den kommenden Wochen beginnt 
in den USA die Vorankündigungssaison der Unternehmen, ehe dann Anfang
April die Berichtssaison zum ersten Quartal startet. Die 
Kurseinbußen, die den Dax zuletzt bis unter 3600 gedrückt haben, 
zeigen zwar, dass sich die Marktteilnehmer bereits auf eine sehr 
schlechte Unternehmensberichterstattung und ebenso unerfreuliche 
Ausblicke eingestellt haben, so dass diese somit bis zu einem 
gewissen Grad eskomptiert sind. Ein Gefühl dafür, ob die Aktienmärkte
bereits ihr Baisse-Tief gesehen haben könnten, wird sich aber erst 
anhand der Reaktion des Marktes auf die Quartalsergebnisse einstellen
können.
(Börsen-Zeitung, 14.3.2009)

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