Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Reise rückwärts, Kommentar zur konjunkturellen Entwicklung in China von Norbert Hellmann

Frankfurt (ots)

Chinas Industrieproduktion ist im April um fast 10 Prozent gestiegen, die Einzelhandelsumsätze sind um knapp 18 Prozent in die Höhe geschnellt und die Anlageinvestitionen brummen mit 20 Prozent Zuwachs vor sich hin. Da kann man ja wohl nicht über die Dynamik der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft meckern, oder? Nun, China-Ökonomen sehen das ein wenig anders.

In Zeiten der Wirtschaftserholung nach dem letztjährigen Pandemieschock darf man sich von üppigen Wachstumsraten nicht blenden lassen. Statistische Basiseffekte spielen einen Streich. Tatsächlich haben die jüngsten Wirtschaftsdaten allesamt die Prognosen verfehlt - in Sachen Einzelhandelsdynamik wurde der Marktkonsens sogar deutlich unterschritten. Chinas Binnenkonsum wächst weiterhin unter Trend.

Analysten bezeichnen die latente Schwäche an der Konsumfront als postpandemische "neue Norm". Damit beruht die wirtschaftliche Erholung auf einem stark ungleichgewichtigen Wachstum auf Produktions- und Konsumseite. Obwohl China als einzige größere Volkswirtschaft gegenwärtig keinerlei Behinderungen durch Lockdown-Maßnahmen unterliegt, hat die Pandemie das Verbrauchervertrauen dennoch irgendwie angeknackst. Das ist sicherlich kein gutes Omen für die noch anstehende Wirtschaftserholung in anderen großen Industrie- und Schwellenländern.

Da der Konsum mehr als 60 Prozent der chinesischen Wirtschaft ausmacht und sich nur zögerlich erholt, muss man davon ausgehen, dass die Wachstumsaussichten einem gewissen Unsicherheitsfaktor unterliegen. Insgesamt jedenfalls scheint die Dynamik etwas nachzulassen und dies wird sich schon rasch in einer Zügelung des Wachstums des Bruttoinlandsprodukt (BIP) niederschlagen. Während man im ersten Quartal wegen der Basiseffekte auf ein rekordhohes BIP-Wachstum von gut 18 Prozent kam, ist für das zweite Quartal nur noch mit einem Plus von 8 Prozent zu rechnen.

Die Reise rückwärts ist bereits angetreten und Chinas Wirtschaftswachstum wird sich zwangsläufig weiter abflachen. In der zweiten Jahreshälfte dürfte man nur noch bei etwa 6 Prozent liegen. Damit dürfte Chinas Wirtschaft trotz noch fühlbarer Basiseffekte bereits wieder auf ein Trendwachstum einschwenken, das man vor Ausbruch der Pandemie erreicht hatte. Dann wird die interessante Frage sein, ob der Konsum bis dahin aus der Delle herausfindet. Wenn nicht, wird China im kommenden Jahr erstmals überhaupt ein Wachstum mit einer 5 oder weniger vor dem Komma ausweisen.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 14.05.2021 – 20:25

    Hot Stocks im Ausverkauf, Marktkommentar von Werner Rüppel

    Frankfurt (ots) - Im Februar hat die Aktie von Home 24 mit 25,87 Euro ein Hoch erreicht. Inzwischen hat sie 45 Prozent verloren und notiert bei 14,32 Euro. Der Dax-Wert Delivery Hero hat gegenüber seinem Hoch in diesem Jahr 27 Prozent eingebüßt, bei Shop Apotheke sind es 37 Prozent und bei Teamviewer ebenfalls 37 Prozent. Und US-Elektroautobauer Tesla notiert satte 34 Prozent unter dem im Januar erreichten Niveau. Zwei ...

  • 13.05.2021 – 20:05

    Rechtens, nicht gerecht / Kommentar zum Urteil über Amazons Steuerdeals von Detlef Fechtner

    Frankfurt (ots) - Erst Apple, nun Amazon: Erneut erleiden Europas Wettbewerbshüter eine krachende Niederlage vor Gericht. Weil die Konzerne mehr als zweifelhafte Steuerdeals mit Irland und Luxemburg ausgehandelt hatten, verdonnerte sie EU-Kommissarin Margrethe Vestager zu üppigen Steuernachzahlungen. In beiden Fällen wurden die Anordnungen jedoch vom EU-Gericht ...

  • 11.05.2021 – 20:30

    Geduldsprobe, Kommentar zu Thyssenkrupp von Annette Becker

    Frankfurt (ots) - Verkehrte Welt: Thyssenkrupp hat mit Rückenwind von der Konjunktur das zweite Quartal mit einem stolzen operativen Gewinn abgeschlossen und vor diesem Hintergrund die Prognose zum zweiten Mal in Folge angehoben. Auch im Gesamtjahr winken nun schwarze Zahlen, wenn auch nur auf operativer Ebene und vor Restrukturierungsaufwendungen. Und was machen die Investoren? Sie nehmen Reißaus. Der Kurs des ...