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Börsen-Zeitung: Théodore bewegt sich, Kommentar von Dieter Kuckelkorn zur Haltung des Börsenbetreibers Euronext zu einer Fusion mit der Deutschen Börse

Frankfurt (ots)

Es sind zwar nur wenige Worte, die Jean-François
Théodore, der Chef des Börsenbetreibers Euronext, gestern zum Thema
einer Fusion mit der Deutschen Börse gesagt hat. Die hatten es jedoch
in sich. Man begrüße die Einladung aus Frankfurt, lautet der neue
Ton, der in Paris zu hören ist. Bislang hatte man bei Euronext eher
unwirsch reagiert, wenn das Thema der Konsolidierung der europäischen
Börsenlandschaft zur Sprache kam. Nun heißt es, man sei erfreut, dass
man der bevorzugte Partner der Deutschen Börse ist.
Der Sinneswandel ist ohne Zweifel das Ergebnis des
Übernahmeangebots der Nasdaq für die London Stock Exchange (LSE). Die
großen US- Börsenbetreiber fallen damit deutlich eher in Europa ein,
als man sich dies hätte träumen lassen. Dem Vernehmen nach will sich
auch die New York Stock Exchange bei der LSE einmischen. Angesichts
der Attraktivität des Londoner Finanzplatzes entstünde damit ein
kapitalkräftiger Börsengigant, dessen Anziehungskraft die
zersplitterten kontinentaleuropäischen Börsenbetreiber wenig
entgegenzusetzen hätten. Diese unerfreuliche Perspektive hat nun die
Politik auf den Plan gerufen. Angela Merkel und der französische
Präsident Jacques Chirac haben gestern ihre Unterstützung für eine
Fusion signalisiert. Wie man weiß, ist es für den CEO eines großen
französischen Unternehmens wie Euronext nicht unbedingt ratsam, sich
den Wünschen des Elysée zu widersetzen.
So weit, so gut. Jean-François Théodore hat jedoch auch deutlich
gemacht, dass es weiterhin erhebliche Meinungsverschiedenheiten gibt.
Der Knackpunkt liegt eindeutig darin, dass es Paris nicht zulassen
kann und will, dass die Deutsche Börse aufgrund ihres höheren
Gewichts in einem fusionierten Konzern das Sagen hat. Reto Francioni,
der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, kann wiederum nicht die
Interessen seines Hauses preisgeben – die Aktionäre der Börse würden
ihn unweigerlich zur Rechenschaft ziehen. Und da Frankreich mit
seiner protektionistischen Industriepolitik schon viel Porzellan
zerschlagen hat, ist man östlich des Rheins auch bereits hinreichend
sensibilisiert.
Insofern liegt der Schlüssel zur Lösung der Fusionsfrage in Paris.
Nur wenn sich Theodore und Chirac kompromissbereit zeigen, wird es zu
einer von Europäern gestalteten Neuordnung der Börsenlandschaft des
Kontinents kommen.
(Börsen-Zeitung, 15.3.2006)

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