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Lausitzer Rundschau: Eine politische Zäsur SPD will sich auch für Koalitionen mit den Linken öffnen

Cottbus (ots)

Der Schritt war erwartet worden. Und dennoch stellt der auf dem Bundesparteitag bevorstehende Beschluss der SPD, keine Koalitionen mehr auszuschließen (außer mit Rechtspopulisten), eine Zäsur dar. Es ist de facto das Angebot an die Linkspartei, in eine gemeinsame Regierung mit Grünen und Sozialdemokraten einzutreten, wenn die Voraussetzungen dafür stimmen: eine Mehrheits-, keine Minderheitsregierung. Eine solide finanzierte Politik, kein Aushebeln der Schuldenbremse. Und das Einhalten der Bündnisverpflichtungen Deutschlands. Kein Pazifismus um jeden Preis. Das wird sehr schnell die politische Wirklichkeit in Deutschland verändern, schon bei den nächsten Landtagswahlen. Auf dieser Ebene war das Tabu zwar schon gelockert worden, nun ist es komplett weg. Die Union kann wieder versuchen, mit Warnungen vor Rot-Rot-Grün zu punkten, doch wird davon niemand mehr geschockt sein. Zumal die Union ja selbst immer lockerer ihren Rubikon überschreitet, den zu Schwarz-Grün. Die SPD bekommt mit der Öffnung zu Rot-Rot-Grün wieder eine eigene Machtperspektive im Bund. Dass sie fehlte, war einer der Gründe für ihre Wahlniederlage im September. Der Beschluss macht die SPD stärker und setzt damit die Große Koalition unter Druck, noch ehe sie gebildet ist. Zum einen werden die anstehenden Wahlkämpfe in den Ländern nun wohl härter geführt werden, was auf die Zusammenarbeit in Berlin abfärben dürfte. Vor allem aber wird die Sorge der Christdemokraten wachsen, mitten in der Legislaturperiode durch einen Koalitionswechsel der SPD ausgebootet zu werden. Schon jetzt gibt es ja eine rot-rot-grüne Mehrheit im Bundestag. Und die Union weiß, wovon sie redet. Sie hat 1982 die FDP dazu gebracht, mitten in der Wahlperiode die Pferde zu wechseln, von Helmut Schmidt zu Helmut Kohl. Die Regierung Merkel-Gabriel wird also noch mehr als ohnehin schon eine Große Koalition des Misstrauens werden. Unter Druck gerät durch den Beschluss vor allem aber die Linke. Sie muss nun raus aus der oppositionellen Kuschelecke. Die Haltung zu den (erfolgreichen) Agenda-Reformen, die Einstellung gegenüber Wirtschaft und Unternehmertum, der Blick auf Deutschlands Verantwortung in der Welt - überall wird sich die Linke bewegen müssen. Nicht zur Prinzipienlosigkeit, aber zur Realpolitik. Sonst sind Stimmen für sie in den Augen ihrer Wähler bald verlorene Stimmen. Womöglich wird das die ohnehin stark in einen Ost- und einen West-Flügel auseinanderdriftende Partei endgültig spalten. Und die SPD? Auch sie gerät mit dem Beschluss unter Druck. Nämlich, sich selbst nicht noch weiter nach links zu entwickeln. Sonst wäre das Ganze ein Nullsummenspiel. Die SPD muss eine soziale Volkspartei bleiben, eine verantwortliche Volkspartei. Erst recht, wenn sie ein linkes Bündnis will. Sie muss zur Mitte hin ausgreifen. Das interne Verständnis vieler Funktionäre und Mitglieder freilich ist ein anderes. Da will man "Macht" und mit ihr machen, was man will. Den klügsten Satz des Tages hat ausgerechnet Links-Fraktionschef Gregor Gysi dazu gesagt: Eine rot-rot-grüne Koalition setze eine Wechselstimmung voraus. Und sie müsse auf eine Akzeptanz auch bei jenen stoßen, die sie nicht gewählt hätten. Bis diese beiden Bedingungen erfüllt sind, ist es allerdings noch ein sehr langer Weg.

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