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BERLINER MORGENPOST

Berliner Morgenpost: Das markanteste Datum der deutschen Geschichte - Kommentar

Berlin (ots)

Der 9. November ist keineswegs allein ein Datum der
Trauer, er ist auch ein Tag des Mutes und der Befreiung. Am 9. 
November wurde marschiert und krepiert, geputscht und gebrandschatzt,
gefoltert, demonstriert und triumphiert.
Im November 1918 stand das Deutsche Reich nach gut vier Kriegsjahren 
am Rande des Zusammenbruchs. Die Menschen waren erschöpft. In Kiel 
meuterten die Matrosen der Hochseeflotte. Am 7. November stürzte der 
USPD-Politiker Kurt Eisner die Wittelsbacher Monarchie und rief den 
Freistaat Bayern aus. Dass ein Berliner Jude ihnen die Republik 
beschert hatte, konnten die reaktionären Bayern nicht verwinden.
Am 9. November 1918 wurde in Berlin das deutsche Kaiserreich 
gestürzt. Vom Fenster des Reichstags rief der SPD-Abgeordnete Philipp
Scheidemann die deutsche Republik aus. Doch die Sozialdemokraten 
waren nicht hart genug, um die Demokratie auf Dauer gegen ihre 
Feinde, die Kommunisten, Nazis und Monarchisten, zu verteidigen.
Exakt fünf Jahre nach dem Sturz der Monarchie versuchte der 
zugereiste österreichische Postkartenmaler Adolf Hitler sich in 
München an die Macht zu putschen. Danach wollte er nach dem Vorbild 
Mussolinis mit seinen Anhängern gen Berlin marschieren, um die 
dortige "Judenrepublik" zu stürzen. Doch seine monarchistischen 
Mitverschwörer schossen die Nazis zusammen. Hitler landete im 
Gefängnis. Hier verfasste er die Schrift "Mein Kampf". Darin forderte
er den Eroberungskrieg gegen Frankreich und Russland. Hitlers Hass 
aber galt den Juden. Er verleumdete sie als "Volksschädlinge" und 
forderte unmissverständlich ihre Vernichtung. Seine braunen 
SA-Kolonnen grölten die Losung: "Juda verrecke!" Die Saat ging auf. 
Keine zehn Jahre nach dem Putsch wurde Adolf Hitler als Führer der 
größten deutschen Partei am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler 
ernannt. Nun wurden antisemitische Rassegesetze erlassen und die 
anti-jüdische Hasspropaganda intensiviert.
Am 9. November 1938 kam es in ganz Deutschland zu antijüdischen 
Ausschreitungen. Die SA gab den Ton an. Doch allzu viele Bürger 
machten mit. Hunderte von Synagogen wurden gebrandschatzt. 
Allenthalben wurden Juden misshandelt und ins KZ gesperrt. Man 
plünderte jüdische Häuser und Geschäfte. In Berlin verhinderte ein 
pflichtbewusster Polizeibeamter, dass die prächtige Neue Synagoge in 
der Oranienburger Straße ein Raub der Flammen wurde. Doch das war die
Ausnahme. Der Zyniker Göring empörte sich über den 
volkswirtschaftlichen Schaden und meinte, lieber hätte man mehr Juden
erschlagen sollen.
Am 1. September 1939 brach Hitler den Krieg vom Zaun. Der Schreiner 
Georg Elser ahnte, dass dieser Waffengang Deutschland ins Verderben 
stürzen würde. Am Vorabend des 9. November 1939 unternahm er einen 
Bombenanschlag gegen den Gewaltherrscher. Doch Hitler entkam. Ab 1941
ermordeten die Nazis systematisch sechs Millionen Juden. Hitlers 
Krieg endete mit der totalen militärischen und moralischen 
Niederlage. Deutschland und Berlin wurden in vier Besatzungszonen 
geteilt. Die DDR wurde zu einem Volksgefängnis unter russischer und 
kommunistischer Bewachung.
Die Deutschen haben aus der Geschichte der Unfreiheit und des 
Totalitarismus gelernt. Nie wieder wollten sie Gewalt. Freiheit wurde
oberste Maxime. So überwanden sie am 9. November 1989 die Berliner 
Mauer. Deutschland hatte sich aus eigener Kraft aus den Fängen der 
Diktatur befreit.
Der 9. November ist das markanteste Datum der jüngsten deutschen 
Vergangenheit. Er zeigt, dass wir unsere Geschichte begriffen haben. 
Fortan werden wir die Freiheit und die Demokratie entschlossen 
verteidigen.
Autor: Rafael Seligmann

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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