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WAZ: Konflikte in der Koalition: Themen mit Sprengkraft - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Vermutlich würde Angela Merkel gern eine Kette mit
Bleikugel an Kurt Becks Bein befestigen, denn im Wettrennen der 
Volksparteien um das Markenzeichen "sozial" hat der Vorsitzende auf 
dem SPD-Parteitag zunächst einen Vorsprung erzielt. Er hat zugleich 
klar gemacht, wo er den Ausweg aus der Gefangenschaft der SPD 
zwischen Union und Linkspartei sieht: links.
Deutlich wird das vor allem darin, dass der Vorsitzende eine 
Front verschoben hat. Monatelang hauten die Sozialdemokraten verbal 
auf die Linkspartei ein. Jetzt ist es zwischen SPD und der Linken 
verdächtig ruhig, während Beck in Hamburg die Union in erhobenem 
Wahlkampfton attackierte. Zwar ist höchst ungewiss, ob Becks 
Strategie langfristig aufgeht, oder ob er die Sehnsucht seiner Partei
nach der Opposition nicht mehr wird bändigen können. Aber die 
Kanzlerin muss ihre Große Koalition aus vier Parteien, CDU, CSU, SPD 
(Regierung) und SPD (Opposition) unter geänderten Vorzeichen 
moderieren, weil Beck die SPD (Opposition) gestärkt hat. Er hat den 
Kurs seiner Partei verunklart, was deren Berechenbarkeit für Merkel 
mindert.
Von der Berechenbarkeit der SPD in der Regierung hat Merkel 
bislang vor allem deshalb profitiert, weil sie ihren eigenen Kurs 
nicht neu bestimmen musste. Nach dem missratenen Wahlkampf 2005 hat 
sie ihr Profil als kühle Reformerin auch deshalb so leicht verwischen
können, weil sie sich darauf verlassen konnte, dass Vizekanzler Franz
Müntefering und die anderen SPD-Minister der Linie von Schröders 
Agenda 2010 folgen würden. Das ist nun anders.
Die CDU hat einen Parteitagsbeschluss ähnlichen Inhalts im 
Archiv, mit dem sie den Sozialarbeiter Jürgen Rüttgers ruhig stellen 
wollte, wobei sie darauf setzte, dass die SPD Widerstand leisten 
werde, was auch geschah. Diese überraffinierte Taktik hat Beck in 
ähnlich gerissener Taktik konterkariert. Die Koalition wird sich auf 
einen Kompromiss verständigen müssen, den in der Regierung niemand 
für richtig hält.
Während man die Privatisierung der Bahn für gescheitert erklären 
darf, kann die SPD die Kanzlerin mit den Beschlüssen zu Mindestlohn, 
Leiharbeit und Lockerung der Rente mit 67 zur Positionierung zwingen,
woran ihr vor den Landtagswahlen im nächsten Jahr nicht gelegen sein 
wird. In dieser Situation muss die Koalition ihre Handlungsfähigkeit 
neu ausloten. Ein Thema mit enormer Sprengkraft steht ohnehin im 
Raum: der Mindestlohn für die Postbranche.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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