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WAZ: Konflikte in der Außenpolitik - Merkel contra Steinmeier - Leitartikel von Richard Kiessler

Essen (ots)

Die Kanzlerin der Großen Koalition, murren die
Kritiker in ihren Reihen, sei in ihrem Reformeifer erlahmt und zeige 
keine klare Kante. Nicht so in der Außenpolitik. Hier wachsen die 
Differenzen zwischen CDU/CSU und der SPD ins Grundsätzliche. Je näher
die Bundestagswahl 2009 rückt, desto weiter öffnet sich die Kluft 
zwischen CDU-Kanzlerin Angela Merkel und ihrem mutmaßlichen 
Gegenspieler, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).
So machten Merkels außenpolitische Büchsenspanner die Schuld am 
Kampfgetümmel im Kaukasus an Russlands imperialen Machtgelüsten fest,
während Steinmeiers Bataillone in Georgiens hitzköpfigem Präsidenten 
Saakaschwili die Züge eines hasardeurhaften Abenteurers entdeckten. 
Während Merkel in ihrer Rhetorik gern die Einhaltung der 
Menschenrechte einfordert und demokratische Defizite beschwört, 
betont Steinmeier das gute Einvernehmen und die strategische 
Partnerschaft mit der Führungsriege in Moskau. Wenn die Kanzlerin 
heute in Sotschi am Schwarzen Meer den neuen Präsidenten Medwedew 
trifft, wird sie wohl eher die Unverhältnismäßigkeit der 
(militärischen) Mittel der russischen Seite im Umgang mit der 
aufmüpfigen Kaukasus-Republik hervorheben.
Die von der Kanzlerin selbst zumeist im Verborgenen geführten 
Attacken gegen ihren Außenminister folgen einem klaren Muster: Wann 
immer es um den Umgang mit autoritär geführten Staaten geht, lässt 
sie ihren Hintersassen Steinmeier als einen Beschwichtiger 
darstellen, der sich im vermeintlichen deutschen Interesse gut mit 
Diktatoren stelle und die notwendige Distanz vermissen lasse. In den 
USA kommt dies gut an. So lobte die "New York Times" Merkels 
"bravourösen Umgang" mit Russland und China, Steinmeier hingegen 
wurde abgewatscht. Der Außenminister pfeift im Gegenzug schon mal auf
seine diplomatische Zurückhaltung: Den demonstrativen Empfang des 
Dalai Lama im Kanzleramt denunzierte er als "Schaufensterpolitik". 
Und er machte auch kein Hehl aus seinem Unverständnis, als Merkel dem
demokratischen Präsidentschafts-Bewerber Obama dessen gewünschten 
Auftritt vor dem Brandenburger Tor "mit einem gewissen Befremden" 
versagte.
Die Liste außenpolitischer Konflikte ließe sich verlängern. Und 
es spricht vieles dafür, dass sich der Streit verschärfen wird. Das 
außenpolitische Gewicht und Ansehen Deutschlands aber beschädigt er. 
Denn im Ausland ist nicht verborgen geblieben, dass die Kanzlerin und
der Außenminister an unterschiedlichen Strängen ziehen.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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