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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zu Fidel Castro, der nach seiner Erkrankung in Kuba wieder die Fäden in der Hand hält:

Bielefeld (ots)

Als Fidel Castro 1959 seine Revolution feierte,
besaß Kuba 14 Gefängnisse. Heute sind es 250 Haftanstalten und 
Straflager mit bis zu 100000 Insassen, für die Prügel und andere 
Grausamkeiten Alltag sind. Dennoch existiert in unserer Wahrnehmung 
seit Jahren nur eine Strafkolonie auf der 1000 Kilometer langen 
Insel, nämlich die US-Exklave Guantánamo.
Der völlig unzulässige Umgang der USA mit Menschen, denen vieles 
vorgeworfen, aber nichts nachgewiesen werden kann, muss missbilligt 
werden. Keine Frage. Die Schmacht-Schnulze »La Guantánamera« von dem 
schönen Mädchen aus Guantánamo war noch nie so kitschig wie falsch.
Und gleich nebenan unter der identischen karibischen Sonne wird die 
Würde von Tausenden anderen Menschen mit Füßen getreten. Aber das 
lässt die deutsche Öffentlichkeit Fidel Castro einfach durchgehen.
Im Lande des »größten Führers« (Máximo líder) werden der Zugang zu 
Informationen beschnitten, Versammlungsfreiheit verwehrt und 
unabhängige Verbände als illegal betrachtet. Reisefreiheit existiert 
allein in der Verfassung. Ein Blockwartsystem wie einst in Osteuropa 
üblich hat auf der Insel des morbiden Charmes den permanenten Verfall
bestens überdauert. »Komitees zur Verteidigung der Revolution« melden
sogenannte »Abweichler«. Der Vorwurf, jemand neige zu einem 
Verhalten, das sozialistischen Grundvorstellungen widerspreche, kann 
viele Jahre Haft zur Folge habe.
Der nach seiner schweren Darmoperation schon totgesagte Castro könnte
bald vom Trainingsanzug zurück in die Feldjacke wechseln. Ob der 
81-jährige das Ruder je wieder voll übernimmt, bleibt offen.
Auch ist nicht zu erkennen, ob Bruder Raúl oder der häufiger genannte
Arzt Carlos Lage (54) die Nachfolge nach Fidels Tod antreten wird. 
Das Regime wird dabei stabil bleiben. Denn die extrem lange 
Krankheitsphase hat gezeigt, dass das Regieren aus der zweiten Reihe 
funktioniert. Vor allem aber sind die Verabredungen für die Zeit nach
Castro getroffen.
 Kommunalwahlen im Oktober, Provinz- und Nationalwahlen im Frühjahr 
sollen regulär stattfinden. Niemand erwartet, dass das Parlament 
danach nicht 31 Mitglieder in den Staatsrat wählt. Alles andere wäre 
keine Revolution, sondern deren Ende.
Der trotz allem nicht mehr lange aufzuhaltende echte Wechsel an der 
Spitze könnte durch neue sozialistische Experimente im Bolivien des 
Evo Morales und in Venezuela - manche sprechen schon von »Kubazuela« 
- stabilisiert werden.
 Staatschef Hugo Chávez hat dort seine Macht geschickt ausgebaut. 
Radio und Fernsehen sind verpflichtet, dem Präsidenten Sendezeit 
einzuräumen. Auch hat der »Comandante«  im Staats-TV seine eigene 
Sendung. 2006 wurde in das Strafgesetzbuch der Sachverhalt 
»Regierungsbeleidigung« aufgenommen.
Aber wer will das wissen, solange sich unsere kritischen Geister 
lieber an dem Gringo aus dem Weißen Haus abarbeiten?

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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