ZOLL-M: Jahresbilanz 2019 des Zollfahndungsamtes München; 115 Millionen Euro hinterzogene Einfuhrabgaben festgestellt
München Nürnberg Lindau Weiden (ots)
Das Zollfahndungsamt München mit Hauptsitz an der Donnersberger Brücke in München blickt nach Auskunft des Leiters, Regierungsdirektor Rudolf Ertl, auf ein arbeitsreiches Jahr zurück und zieht positive Bilanz.
Gegen insgesamt 1.740 Tatverdächtige wurden in knapp 1.500 Verfahren strafrechtliche Ermittlungen geführt und dabei festgestellt, dass sowohl im In- als auch im benachbarten EU-Ausland Zölle und Steuern in Höhe von insgesamt über 115 Euro Millionen hinterzogen worden sind. In 300 Fällen sprachen die Kriminalbeamten/-innen des Zolls die vorläufige Festnahme aus oder erwirkten Haftbefehle.
Im abgelaufenen Jahr 2019 verhängten die Gerichte in den beim Zollfahndungsamt München geführten Strafverfahren insgesamt 450 Jahre an Freiheitsstrafen. Geldstrafen und Auflagen wurden in Höhe von rund 880.000 Euro festgesetzt.
Die Tätigkeitsschwerpunkte lagen wie in den Vorjahren bei der Verfolgung von Zollstraftaten, der Rauschgiftkriminalität sowie im Bereich des Schmuggels von verbrauchsteuerpflichtigen Waren.
Verstöße gegen Zollvorschriften: Der Anreiz, bei der Einfuhr von Waren Abgaben zu sparen, besteht seit jeher. Der im Jahr 2019 allein in diesem Segment von den Beschäftigten des Münchner Zollfahndungsamtes sowohl im In- als auch Ausland ermittelte Zoll- bzw. Steuerschaden beläuft sich insgesamt auf rund 70 Millionen Euro. Ein Tätigkeitsschwerpunkt waren nachträglich hinterfragte Einfuhren von Solarpanelen chinesischer Hersteller, die bis 03.09.2018 mit hohen Antidumpingzöllen belastet waren.
In einem Fall gelang die Festnahme des Präsidenten eines namhaften chinesischen Herstellers von Solarmodulen, dessen Haftbefehl im letzten Jahr bei seiner Einreise zu einer Fachmesse in Deutschland am Flughafen München vollstreckt werden konnte.
Andere Schwerpunkte waren die Ermittlungen zur Bekämpfung des Schmuggels von Goldschmuck aus den Vereinigten Arabischen Emiraten bzw. von Massengütern aus Fernost.
Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität: In knapp 450 Verfahren ermittelten die Zollfahnder/-innen, ausgehend von den vier Dienstsitzen München, Nürnberg, Weiden und Lindau, gegen Schmuggler von Rauschgift, die ihre verbotene Ware über unterschiedliche Routen in das Bundesgebiet verbrachten. Wie in den Jahren zuvor spielte die sogenannte "Balkanroute" eine bedeutsame Rolle. Die Bundesautobahnen 3 und 8 stellten sich bei einer Vielzahl von Aufgriffen als beliebte Schmuggelroute dar.
So ist es in einem bei der GER Nordbayern* geführten Verfahren mit internationalen Verflechtungen Anfang vergangenen Jahres gelungen, weitere hinter den Transporten von mehreren hundert Kilogramm Marihuana stehende Personen zu verhaften. Im Dezember 2019 wurden dazu die letzten Angeklagten in einem Fall sogar zu bis zu 9 Jahren Freiheitstrafe verurteilt. Allein in diesem Verfahren sind bislang sechs Angeklagte zu insgesamt 35 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und zuvor gesicherte Wertgegenstände für knapp 130.000 Euro eingezogen worden.
Die im Jahr 2019 sichergestellten und zusätzlich ermittelten Mengen von Betäubungsmitteln betragen:
sichergestellte Menge zusätzlich ermittelte Menge Heroin 17 kg 25 kg Kokain 15 kg 14 kg Amfetamin 26 kg 80 kg Metamfetamin (Crystal) 2 kg 7 kg Haschisch 10 kg 6 kg Marihuana 220 kg 2.000 kg Ecstasy-Tabletten 7.300 Stück 3.000 Stück Cannabispflanzen 1.100 Stück
* GER: Gemeinsame Ermittlungsgruppe Rauschgift des Zollfahndungsamtes München und des Bayerischen Landeskriminalamtes.
Bekämpfung des Schmuggels verbrauchsteuerpflichtiger Waren: Die Bekämpfung des Zigarettenschmuggels sowie des Schmuggels von Wasserpfeifentabak dominierte auch im Jahr 2019 die Arbeit der im Bereich der Bekämpfung der Verbrauchsteuerkriminalität eingesetzten Zollfahnder und Zollfahnderinnen.
In 150 geführten Ermittlungsverfahren sind 3 Millionen Stück Zigaretten, dies entspricht 15.000 Stangen, aber auch über 1,3 Tonnen Wasserpfeifentabak sichergestellt worden. Daneben gelang es Transporte von Rauchtabak mit einem Gesamtgewicht von 40 Tonnen auf bayerischem Gebiet zu stoppen und sicherzustellen. Der bestimmungsgemäße Endverbleib dieses Tabaks ist weiterhin zweifelhaft. Erfahrungsgemäß werden damit in Osteuropa befindliche illegale Herstellungsbetriebe von Zigaretten bzw. Wasserpfeifentabak beliefert.
Durch Folgeermittlungen konnten den Tätern der Schmuggel von einer weiteren Million Stück Zigaretten, fünf Tonnen Wasserpfeifentabak sowie beachtliche 150 Tonnen Rauchtabak zusätzlich angelastet werden.
In der Gesamtschau liegt der durch Beamte/innen des Zollfahndungsamtes München im Sektor der Bekämpfung der Verbrauchsteuerkriminalität vorläufig ermittelte Steuerschaden im In- und EU-Ausland bei rund 45 Millionen Euro.
Die statistischen Zahlen im Überblick: sichergestellte Menge zusätzlich ermittelte Menge Zigaretten 3 Millionen Stück 1 Millionen Stück Wasserpfeifentabak 1.300 kg 5.000 kg Tabak (Rauchtabak) 40.000 kg 150.000.000 kg Bier 0 Liter 97.000.000 Liter
Hervorzuheben ist in diesem Bereich ein im vergangenen Jahr auch vor Gericht beendetes Verfahren, bei dem es in einem sogenannten "Biersteuerkarussell" seit Anfang 2017 bis März 2019 in über 4.000 Fällen zwar zur Versteuerung von mehr als 95 Millionen Litern Bier hier in Deutschland kam, das Bier selbst deutschen Boden jedoch nie berührte. Stattdessen transportierte die hinter den Lieferungen stehende Tätergruppierung das Bier von Frankreich aus direkt nach England. Dort ist es unversteuert mit hohen Gewinnmargen auf dem Schwarzmarkt weiterverkauft worden. Der französische Fiskus hat dazu im Nachgang und aufgrund der hiesigen Ermittlungen Steuern in Höhe von 35 Mio. Euro nachgefordert. Die auf deutschem Hoheitsgebiet agierenden Strohleute wurden mittlerweile zu vier Jahren und zwei Monaten bzw. fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt*.
* § 370 Abs. 6 der Abgabenordnung ermöglicht deutschen Ermittlungsbehörden die Strafverfolgung auch dann, wenn sich die Tat auf Ein- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der EU verwaltet werden.
Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen; Gewerblicher Rechtsschutz, Delikte gegen das Waffen-/Arzneimittelgesetz: Gut die Hälfte der im gesamten Zollfahndungsamt München abgewickelten Fälle bezog sich auf die Bekämpfung des teils gut organisierten Schmuggels von gefälschten Markenartikeln, verbotenen Waffen sowie nicht zugelassenen Arznei- bzw. Dopingmitteln.
Das Verfahrensaufkommen in den Bereichen der Verstöße gegen den gewerblichen Rechtsschutz sowie des Waffengesetzes blieb gegenüber dem Vorjahr in etwa gleich. Dominierend in dem Bereich der Sicherstellungen von Falsifikaten waren wie in den Vorjahren Textilien, Schuhe und elektronische Geräte bzw. Bauteile dazu.
sichergestellte Menge 2019 Gewerblicher Rechtsschutz: - Textilien 1.500 Stück - elektronische Geräte/Bauteile 14.400 Stück Waffen: - Schusswaffen 30 Stück - Luftdruck-, Softairwaffen 24 Stück - erlaubnispflichtige Munition 7.000 Stück - verbotene Waffen 574 Stück - Pyrotechnik 5.590 Stück
In einem beim Dienstsitz Lindau geführten Verfahren standen die Ermittler vor einer besonderen Herausforderung. Ein Tatverdächtiger hatte in seiner Wohnung aus zuvor eingeschmuggelten Böllern aus Polen selbst Feuerwerkskörper hergestellt und dabei große Mengen an explosiven Stoffen verarbeitet bzw. in seiner Wohnung gelagert. Die Sicherstellung und Räumung der gefährlichen Gegenstände konnte nur mit Unterstützung eines Spezialkommandos des Bayerischen Landeskriminalamtes vorgenommen werden.
Den Ermittlungsschwerpunkt in diesem Bereich bildete jedoch, wie bereits in den Vorjahren, der Schmuggel von nicht zugelassenen Arzneimitteln und Grundstoffen zur illegalen Herstellung von Dopingmitteln in Untergrundlaboren.
In rund 220 Ermittlungsverfahren beschlagnahmten die Ermittler:
nicht zugelassene Arzneimittel sichergestellt zusätzlich ermittelt - Tabletten (Stück) 110.000 350 - Pulverform (KG) 2 0 - Flüssigkeiten (Liter) 20 50 Anabolika: - Tabletten (Stück) 520.000 1.600 - Pulverform (KG) 15 2 - Flüssigkeiten (Liter/Ampullen) 100/40.000 2/670
Ein Verfahren aus dem Raum Augsburg gestaltete sich auch für die jahrelang in diesem Bereich tätigen Ermittler als nicht alltäglich. Bei der Durchsuchung eines Kellerabteils stellten sie über 8.000 Präparate im Wert von über 100.000 Euro sicher (Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika und nicht zugelassene Arzneimittel), die in ukrainischer oder russischer Sprache beschriftet waren. Eine gutachterliche Einschätzung bestätigte darüber hinaus, dass eine Vielzahl der sichergestellten Präparate als Funktions- oder sogenannte Präsentationsarzneimittel einzustufen sind und qualitativ nicht den hiesigen Regelungen entsprechen. Die Wirksamkeit steht daher aufgrund der zweifelhaften bzw. geringen Inhaltsstoffe in Frage.
Das Zollfahndungsamt München mit Hauptsitz an der Donnersberger Brücke in München ist zuständig für ein Gebiet mit fast über 70.000 Quadratkilometern Fläche. Mit seinen Dienstsitzen in Nürnberg, Lindau und Weiden sind die Ermittler verantwortlich für fahndungsrelevante Aufgriffe an knapp 1.200 Kilometern Landesgrenze zu fremden Hoheitsgebieten sowie für die eigeninitiierte Verfolgung von Zollstraftaten auf dem Gebiet der schweren, mittleren und Organisierten Kriminalität.
100-jähriges Bestehen des Zollfahndungsdienstes: Am 24. Dezember 1919 entschied der Reichsminister der Finanzen in Berlin über die Gründung der Zollfahndung an 22 Orten Deutschlands, darunter auch in München. Besondere Aufgabe war es, den Spuren des Schmuggels und der Kapitalflucht auch in das Innere des Landes oder jenseits der Grenzen nachzugehen. In der Folge war mit der Neuordnung der Zolldienststellen die Errichtung der verschiedensten Zollabteilungen zum 01. April 1920 in Aussicht genommen. Die vormals Zollgrenzkommissariat benannte Zollfahndungsstelle wurde dann am Standort München erstmals 1922 namentlich erwähnt. Mit Wirkung zum 01. April 1950 ist die Zollfahndung als Referat beim Oberfinanzpräsidium München herausgelöst und als eine den Hauptzollämtern gleichgestellte eigenständige Dienststelle eingerichtet worden. Über unterschiedliche Münchner Dienstsitze wie in der Diener-, Ludwig-, Arnulf oder Meiserstraße fand das Zollfahndungsamt München im Oktober 1993 seinen derzeitigen Standort im historischen Dienstgebäude an der Donnersberger Brücke. Der Zollfahndungsdienst war von Beginn an überregional/international ausgerichtet, hatte weitgehende Ermittlungsbefugnisse und jeher die Ermächtigung, Vertrauensleute anzuwerben und zu führen. Der ständig wachsenden Professionalisierung des Schmuggels und Gewaltbereitschaft der Täter begegnen die Zollfahnder mit den an verschiedenen Standorten eingerichteten Spezialeinheiten zu Zwecken der Observation aber auch als Stoßtrupp in besonderen Gefährdungslagen.
Rückfragen bitte an:
Zollfahndungsamt München
Pressesprecher
Christian Schüttenkopf
Telefon: 089 5109 1660
Fax: 089 5109 1180
E-Mail: presse@zfam.bund.de
www.zoll.de
Original-Content von: Zollfahndungsamt München, übermittelt durch news aktuell