POL-GÖ: (130/2022) Polizeiliche Kriminalstatistik 2021 der Polizeiinspektion Göttingen: Straftatenaufkommen leicht gestiegen, Aufklärungsquote in Stadt und Landkreis wieder über dem Landesdurchschnitt
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Göttingen (ots)
Die Polizeiinspektion (PI) Göttingen hat am Freitag (18.03.2022) die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2021 für die Stadt und den Landkreis Göttingen vorgestellt.
Die nachgeordneten Polizeikommissariate (PK) in Bad Lauterberg, Duderstadt, Hann. Münden und Osterode werden ggf. in den kommenden Tagen für ihren lokalen Bereich die Medien informieren.
Polizeiliche Kriminalstatistik 2021 kompakt:
- Kriminalitätsaufkommen leicht über dem Wert des Vorjahres - Aufklärungsquote wieder über dem Landesdurchschnitt und höchster Wert im 10-Jahres-Vergleich - Weiterer Rückgang bei den Wohnungseinbrüchen - Fälschung von Impfpässen als Besonderheit in 2021 - Anstieg bei Straftaten im Kontext Häuslicher Gewalt - Anstieg der Fallzahlen bei Verbreitung pornografischer Schriften - Weiterhin hohe Zahl an Versuchstaten bei Straftaten zum Nachteil älterer Menschen - Mehr Widerstandsdelikte registriert
Statement von Inspektionsleiter Rainer Nolte (Foto)
"Im zweiten Jahr in Folge unter widrigen Pandemie-Bedingungen kann die Polizeiinspektion Göttingen eine erfreuliche Gesamtbilanz bei der Verfolgung von Straftaten vorweisen. Dem leichten Anstieg an Delikten im Jahr 2021 sind wir mit der besten Aufklärungsquote im Zehn-Jahres-Vergleich begegnet. Damit konnten wir den bislang höchsten Wert aus dem Vorjahr nochmal übertreffen. Das erfüllt mich mit Stolz.
Dass wir heute erneut auf eine so hervorragende Statistik blicken können, ist das Ergebnis von erfolgreicher Teamarbeit, Professionalität und viel 'dienstlichem Herzblut' aller Bediensteten der PI Göttingen, und zwar unabhängig vom individuellen Aufgabenbereich. Für dieses Engagement möchte ich an dieser Stelle allen meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken.
Auch im Jahr 2021 waren wieder über 20.000 Straftaten zu bearbeiten. Die Bandbreite reichte vom Tötungsdelikt, über Betrügereien zum Nachteil älterer Menschen, Häuslicher Gewalt und Kinderpornografie bis hin zu gefälschten Impfausweisen - einem Phänomen, von dem wir wohl nie erwartet hätten, dass es einmal auftritt. In allen Deliktsbereichen waren intensive, technisch anspruchsvolle und teilweise auch psychisch sehr belastende Ermittlungen anzustellen. Die im Ergebnis erreichte Aufklärungsquote empfinden wir deshalb als Belohnung unserer täglichen Arbeit. Sie zeigt aber auch, dass die Polizei in Stadt und Landkreis Göttingen stetig an der Verhütung, Verfolgung und Bekämpfung jeglicher Form von Kriminalität arbeitet, damit sich die Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft sicher fühlen können."
Gesamtstraftaten
Das Kriminalitätsaufkommen im Bereich der PI Göttingen liegt für 2021 bei 20.661 Straftaten (2020: 20.320) und damit leicht über dem Wert des Vorjahres, aber unter den Wert von 2019. Die Häufigkeitszahl (Taten pro 100.000 Einwohner) steigt auf 6.403 (2020: 6.254).
Der Fallzahlenanstieg von 341 Delikten (plus 1,68 % zum Vorjahr) ist bei nochmaliger Reduzierung der (Tages-)Wohnungseinbrüche (minus 93 Taten) auf eine Steigerung der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (Verbreitung, Erwerb, Besitz u. Herstellung von kinderpornografischen Schriften), Straftaten gegen die persönliche Freiheit (Nötigung, Bedrohung und Stalking) sowie Widerstand gegen die Staatsgewalt, aber auch auf den Anstieg der Fälle Häuslicher Gewalt zurückzuführen, was mit den Besonderheiten dieses weiteren Corona-Jahres korrespondiert.
Aufklärungsquote
Die Aufklärungsquote liegt im Berichtsjahr 2021 mit 65,89 % deutlich über dem Mittelwert (MW) der letzten 10 Jahre von 63,11 %. Damit ist der bisher höchste Wert aus dem vergangenen Berichtsjahr 2020 (65,12 %) nochmals übertroffen worden. Die Quote steht damit deutlich über dem rückläufigen Landesdurchschnitt von 64,07 % (10 Jahres MW: 62,16 %).
"Diese nochmalige Steigerung der Aufklärungsquote ist natürlich sehr erfreulich und ist wieder im Wesentlichen das Ergebnis einer engagierten und motivierten Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", so die Bewertung von Oliver Tschirner, Leiter des Zentralen Kriminaldienstes (Foto).
Dazu Behördenleiterin Gwendolin von der Osten:
"Im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Göttingen ist die Zahl der Straftaten im Jahr 2021 nochmals um mehr als vier Prozent gesunken. Gleichzeitig stieg die Aufklärungsquote erneut leicht auf 66,93 Prozent und liegt damit deutlich um drei Prozentpunkte über dem Landesdurchschnitt. Das ist die höchste Quote seit Bestehen der Polizeidirektion Göttingen. Ich freue mich sehr über dieses Ergebnis und danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die trotz der Umstände, die aus der anhaltenden Corona-Pandemie resultieren, mit ihrer Expertise und ihrem Engagement maßgeblich zu diesem guten Ergebnis beigetragen haben. Die Bürgerinnen und Bürger im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Göttingen leben nach wie vor in einer der sichersten Regionen Niedersachsens."
Wohnungseinbrüche
Durch die Corona bedingten Auswirkungen hat sich auch hier das prognostizierte Straftatenaufkommen in diesem Deliktsbereich insgesamt wieder bestätigt. "Der nochmalige Rückgang bei den Wohnungseinbrüchen - 2021 hatten wir insgesamt 221 Fälle zu verzeichnen (2020: 314 Fälle) - könnte möglicherweise mit der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Homeofficetätigkeiten sowie Reduzierung der Urlaubsabwesenheiten zu tun haben", führt Kriminaldirektor Tschirner aus.
Darüber hinaus wurden Straftatenserien sogenannter "reisender Täter" durch den wiederholten (Teil-)Lockdown und die Reisebeschränkungen erschwert. Die Aufklärungsquote zu diesen Taten konnte um 5,39 % gesteigert werden und liegt mit 28,96 % (2020: 23,57 %) etwa im Landesdurchschnitt 27,85 % (2020 im Land: 24,63 %).
"Im Bereich der Kellereinbrüche ergab sich jedoch ein deutlicher Anstieg der Ermittlungsverfahren auf 506 insgesamt (2020: 428 Delikte). Diese Erhöhung wurde bereits in der letzten Presseinformation zur PKS 2020 angekündigt und ist zwei Tatserien geschuldet, welche wir örtlichen Tätern zurechnen konnten. Durch eine erfolgreiche und gute Ermittlungsarbeit bildet sich dies in der erhöhten Aufklärungsquote ab", erläutert Kriminaldirektor Oliver Tschirner.
Sprengung von Geldausgabeautomaten
Im Zuständigkeitsbereich der PI Göttingen ist es im Jahr 2021 zu insgesamt neun (9) Sprengungen von Geldausgabeautomaten (vollendet: 6, Versuchstaten: 3) gekommen. Geldautomaten werden häufig durch Einleitung eines Gases bzw. Gasgemisches und dessen anschließende Zündung gesprengt. Auch wenn in den meisten Fällen Tatzeiten und Tatörtlichkeiten ausgewählt werden, in denen keine Kundenfrequenz mehr zu erwarten ist, verbleibt ein Risiko für Leib und Leben von Passanten und Bewohnern der betroffenen Objekte. Zudem können Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei einer erheblichen Gefährdung ausgesetzt sein. Die durch die Straftaten verursachten Sachschäden übersteigen die Beuteschäden in vielen Fällen deutlich. Aufgrund der starken geografischen Verbreitung der Tatorte wird das Phänomen in der PD Göttingen zentral von Spezialisten bearbeitet.
Behördenleiterin Gwendolin von der Osten:
"Die Sprengung von Geldausgabeautomaten hat uns im vergangenen Jahr vermehrt beschäftigt, insbesondere im südlichen Teil unseres Zuständigkeitsbereichs. Bemerkenswert ist dabei, dass die Täter mit brachialer Gewalt vorgehen und keine Rücksicht darauf nehmen, dass Menschen durch die Explosionen oder umherfliegende Splitter verletzt werden könnten. Und auch der Gesamtschaden ist immens hoch - er beläuft sich allein in unserem Zuständigkeitsbereich auf mehrere Millionen Euro. Wir ermitteln intensiv, um den Tätern habhaft zu werden. Federführend ist hier unsere Zentrale Kriminalinspektion involviert, die im Bereich der Bekämpfung schwerster Kriminalität schon viele Ermittlungserfolge erzielt hat."
Corona-Subventionsbetrüge und gefälschte Impfausweise
Eine Besonderheit in 2021 stellen wieder Straftaten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie dar. "Haben wir uns im Jahr 2020 noch vermehrt mit dem Phänomen von Subventionsbetrugstaten beschäftigt (2020: 30, 2021: 48), fiel dieses Jahr das Hauptaugenmerk auf gefälschte Impfausweise", so Kripochef Oliver Tschirner. "Das Herstellen und Gebrauchen unrichtiger Gesundheitszeugnisse, wozu auch der Impfpass gehört, um einen Impfstatus vorzutäuschen oder ein Attest, um sich von der 'Mund-Nasen-Bedeckung' befreien zu lassen, gefährdet die Gesundheit der Allgemeinheit ganz besonders und steht im Widerspruch zu einem verantwortungsvollen Miteinander in der Gesellschaft. Daher werden wir auf diese Fälle rechtswidrigen Verhaltens weiterhin ein besonderes Augenmerk legen. Aktuell liegen uns dazu keine validen Vergleichszahlen aus den Vorjahren vor, da es erst seit Beginn dieses Jahres möglich ist, Straftaten im Zusammenhang mit falschen und/oder gefälschten Impfausweisen, Genesenenbescheiden und Testzertifikaten im polizeilichen Vorgangssystem zu erfassen und in der Folge statistisch auszuwerten", erläutert der Kripochef.
Häusliche Gewalt
"Die Fallzahlen der Häuslichen Gewalt werden zukünftig nicht mehr anhand eines sogenannten Merkers, sondern anhand bestimmter, bundeseinheitlicher Statistik-Schlüssel ausgewertet und erhoben. Das Landeskriminalamt Niedersachsen und damit auch die PI Göttingen werden in diesem Jahr das erste Mal diese neue Darstellung in der Präsentation der PKS 2021 nutzen. Aktuell können damit aber keine Langzeitbetrachtungen angestellt werden, weil die Erhebungs-Parameter nicht mehr vergleichbar sind. Wir gehen tendenziell aber von einer Steigerung der Fallzahlen aus", erklärt KD Tschirner. Im Jahr 2021 wurden in der gesamten PI Göttingen insgesamt 1.042 Fälle im Kontext "Häuslicher Gewalt" bearbeitet. Dabei sprechen wir in 898 Fällen von sogenannten "Opferdelikten", d.h. es wurde bei der Tat physische und/oder psychische Gewalt gegenüber Personen ausgeübt, zum Beispiel bei (versuchten) Tötungsdelikten, Sexual- oder Körperverletzungsdelikten, Bedrohungen etc. In diesen 898 Fällen sind 952 Menschen von Gewalt betroffen gewesen. 659 Personen (69,2%) von den Opfern sind weiblich, in 30,8 % der Fälle (293 Personen) waren die Opfer männlich. "Häusliche Gewalt ist kein Tabuthema. Wir werden hier weiterhin genau hinsehen und daher bleibt dieses Deliktsfeld ein Schwerpunkt in der polizeilichen Arbeit und wird konsequent verfolgt. Aus diesem Grund haben wir unsere personellen Anstrengungen in diesem Deliktsfeld erhöht, indem wir eine zusätzliche Stelle für die Präventionsarbeit 'Häusliche Gewalt' eingerichtet haben. Dies unterstreicht, wie wichtig uns diese Thematik ist!", betont Oliver Tschirner.
Dazu Behördenleiterin Gwendolin von der Osten:
"Wir werden der Bekämpfung von Straftaten im sozialen Nahraum auch weiterhin einen besonderen Schwerpunkt widmen. Daneben setzen wir auf eine verbesserte Sachbearbeitung und Kooperationen mit anderen involvierten Stellen, wie Ämtern und Opferschutzeinrichtungen, um so schnell und effektiv wie möglich helfen zu können. Wir werden ein besonderes Augenmerk auf die Prävention haben und insbesondere in Richtung der Opfer kommunizieren, dass häusliche Gewalt keine Familienangelegenheit, sondern eine schwere Straftat ist, die von uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgt wird."
Tötungsdelikte
Im Zuständigkeitsbereich der PI Göttingen wurden 2021 insgesamt neun Tötungsdelikte, einschließlich der Versuchstaten registriert (2020: 10). "Zweimal mussten wir eine Mordkommission einrichten", sagt Oliver Tschirner.
In zwei Fällen wurde ein Ermittlungsverfahren wegen vollendeten und in vier Fällen wegen versuchten Totschlags (§ 212 StGB) geführt. Bei den anderen drei Fällen handelt es sich um fahrlässige Tötungsdelikte (§ 222 StGB). Alle Taten sind polizeilich geklärt.
Im Detail waren dies:
Vollendetes Tötungsdelikt/Mordkommission (MoKo) "Hagenberg"
Im Mai 2021 wurde der Polizei über die Berufsfeuerwehr Göttingen ein Brand einer Doppelhaushälfte gemeldet. Im weiteren Verlauf fanden Feuerwehrkräfte die Leiche des 59jährigen männlichen Bewohners (deutsche Staatsangehörigkeit) auf. Nachdem sich Hinweise auf ein gewaltsames Einwirken auf den Leichnam ergeben hatten, konnte innerhalb kurzer Zeit der dringend tatverdächtige 27jährige Sohn des Opfers festgenommen werden. Es handelte sich um eine Tat im Kontext "Häuslicher Gewalt". Justiziell wird dieses Verfahren aktuell vor dem Landgericht (LG) Göttingen verhandelt. Der Täter ist geständig. Der Ausgang des Gerichtsverfahrens ist bei Erstellung dieser Presseinformation noch offen.
Vollendetes Tötungsdelikt/Moko "Marathon"
Bei dem zweiten vollendeten Tötungsdelikt handelte es sich um einen Fall aus August 2021. Hier wurde im Rahmen einer Wohnungsüberprüfung der Leichnam einer 51jährigen Frau aufgefunden. Nach ersten Hinweisen auf Fremdeinwirkung sowie rechtsmedizinscher Leichenschau musste im weiteren Verlauf sicher von einem Kapitaldelikt ausgegangen werden. Zur Aufklärung der Gesamtumstände wurde die MoKo "Marathon" eingerichtet. Der Tatverdacht richtete sich gegen einen 45jährigen deutschen Staatsangehörigen aus dem persönlichen Umfeld der Verstorbenen (Ex-Partner des Opfers). Anklage wurde vor Kurzem beim LG Göttingen erhoben.
Versuchstaten
Bei einer Versuchstat griffen mehrere namentlich bekannte Jugendliche sowie heranwachsende Personen im Alter von 14 bis 21 Jahren (alle mit Migrationshintergrund) das 36jährige männliche Opfer gezielt mittels mehrfacher Tritte gegen den Ober- und Unterkörper sowie gegen den Kopf an, nachdem dieses zuvor an einer Bushaltestelle in der Göttinger Innenstadt ausgestiegen war. Ein namentlich bekannter Zeuge kam auf das Geschehen zu. Daraufhin flüchten die Täter. Das Opfer wurde ansprechbar, aber schwerstverletzt in die Uniklinik Göttingen eingeliefert. Zum möglichen Tathergang: Das Opfer mischte sich - im Vorfeld der späteren Tat - in einen Streit unter den Jugendlichen ein, forderte diese auf, sich zu benehmen und geriet damit selbst in den Fokus der tatverdächtigen Personen. Der durch das Opfer gemaßregelte Jugendliche "alarmierte" via Telefonkette weitere Jugendliche, die dann auf das Opfer beim Verlassen des Busses einschlugen und eintraten. Es wurde Anklage gegen sieben Tatverdächtige vor dem LG Göttingen erhoben.
In einem weiteren Fall des versuchten Totschlags kam es im August 2021 zu Streitigkeiten zwischen Ex-Lebenspartnern, so dass auch diese Tat im Kontext "Häuslicher Gewalt" zu sehen ist. In der Folge kam es zu Körperverletzungshandlungen, auch mit einem Messer. Die Beschuldigte, eine zur Tatzeit 36jährige deutsche Staatsangehörige, sowie das mutmaßliche 51jährige männliche Opfer wurden durch die Tat schwerverletzt. Als mögliches Motiv könnte eine Eskalation in Bezug auf eine bevorstehende Gerichtsverhandlung angenommen werden. Der justizielle Ausgang des Strafverfahrens ist offen.
Im letzten Fall wurde bei Tatausführung wieder ein Messer eingesetzt. Im September 2021 kam es in einer Asylunterkunft zu Streitigkeiten zwischen dem 22jährigen männlichen Beschuldigten und dem 23jährigen männlichen Opfer. Beide Personen bewohnten gemeinsam ein Zimmer in der Unterkunft. Im Verlauf dieser Streitigkeiten stach der Beschuldigte mit einem Messer in den Brustkorb des Opfers. Dieses wurde schwerstverletzt in die Universitätsmedizin Göttingen eingeliefert und überlebte dort nach durchgeführter Notoperation. Der Täter flüchtete vom Tatort, konnte aber im weiteren Verlauf festgenommen werden. Justizieller Ausgang: Der Fall wird aktuell vor dem LG Göttingen verhandelt (Anklage wegen versuchten Mordes).
Fahrlässige Tötungsdelikte
Bei den nicht weiter angeführten Taten (fahrlässigen Tötungsdelikten) handelte es sich um einen Todesfall im Zusammenhang mit einem Aufenthalt in einem Pflegeheim (Unterlassene Hilfeleistung), einem tödlichen Betriebsunfall verursacht durch einen umgestürzten Kran in Esebeck (ggf. nach fahrlässigem Fehlverhalten unter Missachtung der Unfallverhütungsvorschriften), einem im Nachhinein justiziell eingestellten versuchten Tötungsdelikt im Zusammenhang mit einer Bedrohungslage sowie dem Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung aufgrund fehlender Rauchmelder in einem Mietobjekt (Mehrfamilienhaus). Das Opfer (Mieter) ist infolge eines selbst verursachten Wohnungsbrandes im Jahr 2020 verstorben.
Verbreitung pornografischer Schriften
Mit Abschluss des Jahres 2021 wurden 197 Fälle der Verbreitung pornografischer Schriften polizeilich registriert (2020: 136 Fälle), davon sind 160 Fälle dem Bereich der Kinderpornografie (KiPo) zuzuordnen (2020: 108 Fälle).
Ursachen für den Anstieg der Fallzahlen sieht die Göttinger Polizei weiterhin in einer deutlich verstärkten Anzeigebereitschaft und einer weltweit optimierten Internetauswertung. Eine Vielzahl der Hinweise auf Kinderpornografie kommen vom US-amerikanischen National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC). Diese Hinweise mit Deutschlandbezügen übermittelt das NCMEC dem Bundeskriminalamt. Von dort erfolgt die schnellstmögliche Weiterleitung der Hinweise über das LKA an die zuständigen Dienststellen in den jeweiligen Bundesländern, wie z. B. die PI Göttingen.
"Kinderpornografie ist eine schwere Straftat mit lebenslangen physischen und seelischen Folgen für die Opfer. Wir als Polizei Göttingen tun deshalb alles, um einen möglicherweise andauernden Missbrauch frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Das Dunkelfeld ist allerdings groß und wir wissen auch nicht, ob die fortdauernden Corona-Beschränkungen zu einer weiteren Vergrößerung führen werden", so Tschirner.
Und weiter:
"Hinter jedem der Millionen Bilder und Videos steht das Schicksal eines Kindes. Erschreckenderweise werden die sichergestellten Datenmengen in diesem Deliktsfeld immer größer. Die Auswertung und Bearbeitung des Materials bindet deshalb erhebliche personelle Ressourcen. Die im hiesigen Zentralen Kriminaldienst bereits 2018 eingerichtete Ermittlungsgruppe 'KiPo' hat sich mittlerweile als ständige Ermittlungsgruppe etabliert und stellt ein effizientes Mittel zur Bekämpfung derartiger Straftaten gerade in diesem schwierigen und belastenden Themenfeld dar."
Dazu Behördenleiterin Gwendolin von der Osten:
"Die Fallzahlen im Bereich von Kinder- und Jugendpornografie haben sich im Jahr 2021 nahezu verdoppelt, ein Großteil der Taten - 81 Prozent - wurde unter Nutzung des Internets begangen. Und es ist davon auszugehen, dass diese Zahlen noch weiter steigen werden. Die Polizeidirektion Göttingen sieht die Bekämpfung dieser schwersten Kriminalitätsform deshalb ganz klar als einen Schwerpunkt an und hat bereits Anpassungen in der Bearbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt gegen Kinder vorgenommen. In Zukunft werden unsere Ermittlerinnen und Ermittler zudem an der Fortentwicklung entsprechender Software mitwirken, um schneller kinderpornografisches Material aus großen Datenmengen selektieren und sowohl gegen diejenigen, die schutzlose Kinder auf abscheulichste Art und Weise missbrauchen, aber auch gegen die Konsumenten dieses Materials vorgehen zu können."
Straftaten zum Nachteil älterer Menschen (SÄM)
Kripochef Oliver Tschirner:
"Einen besonderen Fokus der polizeilichen Ermittlungs- und Präventionsarbeit sehen wir auch in 2021 im Bereich der Straftaten zum Nachteil älterer Menschen. Hier sind Deliktsbereiche von auftretenden 'falschen Polizeibeamten' und dem sogenannten 'Enkeltrick' und 'Schockanruf' besonders zu erwähnen".
In 2021 waren es 995 Fälle, davon 903 Versuche. Der Gesamtschaden dieser Taten beläuft sich im Zuständigkeitsbereich der PI Göttingen auf ca. 575.000 EUR. Im Jahr 2020 waren 806 Fälle, davon 753 Versuchstaten, zu verzeichnen (Schaden: ca. 490.000 EUR).
"Straftaten zum Nachteil älterer Menschen (SÄM) haben damit die Wohnungseinbrüche in Fallzahlen und Schadenshöhe quasi abgelöst", kommentiert Tschirner die Entwicklung in diesem Bereich.
"Um diesem Phänomen wirksam zu begegnen, haben wir eine besondere Ermittlungsgruppe eingerichtet, welche sich zielgerichtet um Straftaten zum Nachteil älterer Menschen (SÄM) kümmert. Dabei arbeitet die Ermittlungsgruppe eng mit Banken, Taxiunternehmen und weiteren Institutionen und Einrichtungen in unserem Zuständigkeitsbereich zusammen, um einen Schaden bei den Opfern abzuwenden, aber auch, um den Tätern habhaft zu werden. Die enge Begleitung von Betroffenen durch unser Präventionsteam sowie die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Presse ist uns dabei besonders wichtig. Melden Sie uns derartige Fälle! Jeder Hinweis kann wichtig sein!", appelliert Oliver Tschirner.
Gewalt gegen Polizeibeamte
Für 2021 mussten im Phänomenbereich der Gewalt gegen Polizeibeamte 166 Delikte verzeichnet werden (2020: 137 Fälle). In den überwiegenden Fällen handelte es sich dabei um Widerstandsstraftaten und tätliche Angriffe. Bei 79 Taten standen die Tatverdächtigen unter dem Einfluss von Alkohol, in 19 unter dem Einfluss berauschender Mittel und in 12 weiteren sowohl unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln als auch Alkohol.
Dazu Tschirner: "Leider erleben wir hier erneut eine Steigerung der Fallzahlen, was uns wirklich Sorge bereitet. Diese andauernde erschreckende Entwicklung können wir so nicht hinnehmen, insbesondere da bereits seit Jahren steigende Zahlen festzustellen sind und sich ein gegenläufiger Trend bislang nicht abzeichnet."
Behördenleiterin Gwendolin von der Osten:
"Leider ist auch im vergangenen Jahr wieder ein leichter Anstieg von Fällen der Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte zu verzeichnen. Bemerkenswert dabei ist, dass oftmals nicht eine Festnahme, sondern die schlichte Klärung des Sachverhalts oder eine Identitätsfeststellung Auslöser für Gewaltausbrüche war. Es kann der Eindruck entstehen, dass einige Bürgerinnen und Bürger immer weniger gewillt sind, rechtmäßige polizeiliche Maßnahmen zu akzeptieren. Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten, aber auch Mitarbeitende von Rettungsdiensten sind nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch gemeinschädlich: Beamte und Beamtinnen, die im Einsatz verletzt werden, sind oftmals zeitweise nicht dienstfähig und stehen dann nicht zur Verfügung, um die Bevölkerung zu schützen. Wir werden derartige Angriffe deswegen auch in Zukunft nicht tolerieren, sondern konsequent verfolgen. Gleichzeitig sind Gewaltprävention und vor allem eine gesellschaftliche Ächtung erforderlich: Die Bürgerinnen und Bürger müssen zeigen, dass sie hinter ihren Helferinnen und Helfern stehen."
Kinder- und Jugendkriminalität
Die Gesamtzahl der Straftaten im Zusammenhang mit minderjährigen Tatverdächtigen hat sich gegenüber dem Vorjahr auf 1.000 Fälle reduziert (2020: 1.129) und stellt im Vergleich der letzten 10 Jahre den niedrigsten Wert dar. Während bei den tatverdächtigen Kindern insgesamt leicht steigende Zahlen festzustellen sind (2021: 223; 2020: 195 - plus 28 Fälle) wurde bei den jugendlichen Tatverdächtigen deutlich weniger Fallzahlen verzeichnet (2021: 777; 2020: 934; - minus 157 Fälle).
Die pandemiebedingte Schließung von Einzelhandel, Gastronomie und Diskotheken, die Absage von Sportveranstaltungen sowie Distanzunterrichte reduzierten die persönlichen Kontakte von Kindern und Jugendlichen und damit einhergehend Tatgelegenheiten für jugendtypische Deliktsformen. Diese, wenn auch in 2021 etwas gelockerten, Kontaktbeschränkungen führten auch im 2. Pandemiejahr in fast allen Deliktsbereichen weiterhin zu Fallzahlenrückgängen. Der leichte Fallzahlenanstieg bei den Kindern beruht insbesondere auf das Ansteigen der Fallzahlen bei den Rohheitsdelikten (46 in 2020; 61 in 2021) auf das Niveau der Jahre vor der Pandemie und darüber hinaus auf eine enorme Steigerung bei den Sexualstraftaten (15 in 2020; 29 in 2021). Bei den jugendlichen Tatverdächtigen ist ebenfalls eine erhöhte Fallzahl bei den Sexualdelikten feststellbar (63 in 2020; 78 in 2021).
Darüber hinaus könnte die stärkere, pandemiebedingte Verlagerung er Aktivitäten in den digitalen Raum ursächlich dafür sein, dass Kinder und Jugendliche in 2021 mehr jugendgefährdete Inhalte konsumierten. Der starke Anstieg der Fallzahlen in diesem Deliktsbereich resultiert mitunter aus Feststellungen in mitgliederstarken Messenger-Gruppen. Werden Inhalte hier geteilt, kommen viele Empfängerinnen und Empfänger in den Besitz von problematischen oder verbotenen Aufnahmen. In der Regel handelt es sich dabei teilweise entweder um selbst erstelltes Material, das sorglos oder auf Drängen Anderer versandt wird, oder auch um Material aus dem Internet, bei dem den Versendern oft nicht bewusst ist, dass es missbräuchlichen Handlungen entstammt und der Besitz und das Versenden strafbar ist.
Dazu der Hinweis von Kripochef Oliver Tschirner: "Eltern sind gut beraten, regelmäßig mit ihren Kindern im Gespräch zu bleiben und sich für deren Aktivitäten im Netz zu interessieren. Um der Aufsichtspflicht bestmöglich nachkommen zu können, empfehlen wir, immer wieder gemeinsam mit den Kindern das Handy im Hinblick auf problematische Inhalte zu überprüfen."
Anlagen/Grafiken:
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