POL-BI: Stellungnahme der Polizeipräsidentin zur Sicherheitslage in Bielefeld
Bielefeld (ots)
SR/ Bielefeld - Stadt und Polizei Bielefeld präsentierten am 22. Januar 2024 der Öffentlichkeit gemeinsam eine Kooperationsvereinbarung, mit der die schon seit Jahren bestehende gute Zusammenarbeit vertieft und verbessert werden soll.
Polizeipräsidentin Dr. Sandra Müller-Steinhauer berichtete dazu am 24. Januar 2024 in der Sitzung des Haupt-, Wirtschaftsförderungs- und Beteiligungsausschusses zur Sicherheitslage in Bielefeld.
Die Behördenleiterin fasst in diesem Zusammenhang die wesentlichen Aspekte für die Sicherheit in Bielefeld sowie die Aufgaben und Maßnahmen der Bielefelder Polizei in einer Stellungnahme zusammen:
Behördenschwerpunkt
"Wir fokussieren uns seit Jahren auf die Bekämpfung von Straftaten im öffentlichen Raum in der Bielefelder Innenstadt. Im Rahmen unseres Behördenschwerpunkts "Sicherheit in der Bielefelder Innenstadt" sind alle Direktionen intensiv eingebunden, um die Sicherheit in der Bielefelder Innenstadt zu gewährleisten.
Alle Menschen in der Stadt können sich darauf verlassen, dass wir unsere Aufgaben erledigen - repressiv und präventiv. Wir führen verschiedene Sicherheit gewährleistende Maßnahmen (Personenkontrollen, Razzien, Platzverweise, Bereichsbetretungsverbote, Festnahmen) unter anderem im Streifendienst, aber auch im Rahmen von Aktionstagen und Schwerpunkteinsätzen, durch.
Alleine wird es uns nicht gelingen, Bielefeld noch sicherer zu machen und die objektive und subjektive Sicherheit auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen zu steigern. Das erfordert ein Gesamtpaket, das wir mit unseren Partnerinnen und Partnern der Stadt und darüber hinaus immer weiter verbessern. Diese Kooperationsvereinbarung, mit der die jeweiligen Maßnahmen verzahnt werden, trägt dazu bei.
Obwohl alle Akteure von Stadt und Polizei daran arbeiten, gemeinsam noch besser zu werden, kann eine nachhaltige Veränderung der Situation in der Bielefelder Innenstadt nicht von heute auf morgen erwirkt werden. Polizei und Stadt zeigen hier, in engem Schulterschluss, aber einen langen Atem. Wir sind jederzeit für die Bürgerinnen und Bürger ansprechbar."
Kriminalitätsentwicklung
"Wir können es als Polizei nicht hinnehmen, wenn die Gewaltbereitschaft in der Innenstadt steigt und damit das Sicherheitsgefühl der Bürger sinkt. Deshalb beobachten wir die Entwicklungen der Fallzahlen sehr genau, um Maßnahmen anzupassen und negativen Kriminalitätsentwicklungen entgegenzutreten.
Im Bereich der Bielefelder Innenstadt häufen sich Delikte der Straßenkriminalität (Gewaltdelikte, Delikte der Betäubungsmittelkriminalität, Eigentumsdelikte im öffentlichen Raum) erkennbar innerhalb regional definierbarer Bereiche. Es handelt sich dabei wiederkehrend um den Bereich der sogenannten "Tüte", den Kesselbrink und den Jahnplatz sowie die unmittelbar angrenzenden Straßenzüge.
Die betrachteten Fallzahlen beziehen sich auf die vorgenannten regionalen Bereiche und umfassen ausgewählte Deliktsbereiche der Straßenkriminalität im öffentlichen Raum. Diese Auswahl beinhaltet Raub- und Diebstahlsdelikte, Sachbeschädigung, Körperverletzungs- und Sexualdelikte sowie die Betäubungsmittelkriminalität im öffentlichen Raum.
Bei der Gesamtbetrachtung der ausgewählten Delikte in allen oben genannten Bereichen ist im Vergleichszeitraum der Jahre 2019 bis 2023 - mit Ausnahme des Jahres 2021 - ein Anstieg festzustellen. Im Vergleichszeitraum wurde im Jahr 2023 die höchste Gesamtfallzahl erreicht, was insbesondere auf die erhöhte Anzahl von Delikten der Betäubungsmittelkriminalität und der erfassten Diebstahlsdelikte zurückzuführen ist. Der Anstieg im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität ist in unserer polizeilichen Schwerpunktsetzung begründet. Durch unsere Schwerpunktsetzung im vergangenen Jahr konnten mehr Taten aufgedeckt und zur Anzeige gebracht werden."
Kesselbrink
"Ein großer Teil des Gesamtanstiegs entfällt auf den Kesselbrink, wo die Fallzahlen der Betäubungsmittelkriminalität seit 2019 um 165 Prozent anstiegen. In den weiteren Deliktsbereichen ist - mit Ausnahmen des schweren Diebstahls und jüngst der Körperverletzungsdelikte - ebenfalls ein Anstieg zu verzeichnen."
Bahnhof/"Tüte"/Boulevard
"Im Bereich Bahnhof/"Tüte"/Boulevard ist einer Zunahme der betrachteten Delikte im Verlauf der Jahre 2019 bis 2023, insbesondere Anstieg der Diebstahlsdelikte um 119 Prozent, aber ein Rückgang der Betäubungsmittelkriminalität im Vergleichszeitraum von 23 Prozent festzustellen."
Jahnplatz
"Die Fallzahlenentwicklung Jahnplatz befindet sich seit 2019 - mit Ausnahme des Jahres 2021 - auf einem gleichbleibenden Niveau."
Ostmannturmviertel
"Das Ostmannturmviertel stellt den polizeilich zugänglichen Indikatoren zufolge keinen Brennpunkt dar, dient aber im Bereich der Delikte der Betäubungsmittelkriminalität als "Laufweg". Im Ostmannturmviertel gingen insbesondere im Jahr 2023 Betäubungsmittel- und Körperverletzungsdelikte zurück. Wir haben als Polizei Verständnis für die Sorgen und Nöte der Anwohner in Quartieren, die als Laufwege von Konsumenten und Dealern genutzt werden. Eine Verdrängung der Kriminalität, insbesondere der Drogenszene, in Wohngebiete wie etwa das Ostmannturmviertel ist nicht hilfreich und nicht das Ziel der Polizei. Das Ostmannturmviertel ist Bestandteil der polizeilichen Maßnahmen im Rahmen des Behördenschwerpunkts "Sicherheit in der Bielefelder Innenstadt"."
Treppenstraße/Treppenplatz
"Im Bereich der Treppenstraße/des Treppenplatzes ist seit 2019 ein Rückgang der Gesamtfallzahlen um insgesamt 55 Prozent festzustellen. Im Vergleich zu den innerstädtischen Brennpunkten ist das Einsatzaufkommen im Bereich Treppenstraße im Jahr 2023 merklich geringer. Das Einsatzaufkommen korrespondiert mit den registrierten Delikten der Straßenkriminalität. Die vor Ort eingesetzten Kräfte stellen in den Einsätzen und in den Streifentätigkeiten überwiegend fest, dass sich die Einsatzanlässe auf wenige Melder im Umfeld eines Cafés konzentrieren. Eine Konzentration von Straftaten ist dort nicht ersichtlich. Mit den Meldern und den Café-Betreibern sowie den Gästen wird auch vonseiten des Bezirksdienstes der regelmäßige Kontakt gesucht und gehalten."
Außenveranlasste Einsätze
"Ein Viertel aller außenveranlassten Einsätze (ohne Verkehrseinsätze) des gesamten Stadtgebietes der Bielefelder Polizei (7.049 Einsätze von insgesamt 26.955) konzentriert sich im Jahr 2023 in einem definierten Innenstadtbereich. Deutlich ersichtlich ist die Konzentration der Einsätze in den Bereichen "Tüte", Jahnplatz und Kesselbrink sowie Boulevard. Deliktbrennpunkte und die Bereiche mit den meisten außenveranlassten Einsätzen stimmen räumlich weitgehend überein. Vor allem die "Tüte", der Kesselbrink, der Boulevard und der Jahnplatz stehen daher zu Recht im Fokus polizeilicher Schwerpunktmaßnahmen."
Zuständigkeiten
"Die Polizei ist gesetzlich für die Verfolgung und Verhütung von Straftaten sowie für die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten zuständig. Die Polizei hat auch die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Der Stadt Bielefeld obliegt jedoch die originäre Zuständigkeit für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Stadtgebiet. Soweit die allgemeine Gefahrenabwehr durch die Ordnungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint, wird die Polizei subsidiär zuständig. Für sogenannte Ordnungsstörungen (Betteln, Urinieren, Vermüllung, etc.) ist insofern die Stadt zuständig. Um die Verhinderung, Aufklärung und konsequente Verfolgung von Straftaten kümmert sich die Polizei."
Polizeiliche Maßnahmen
"Annähernd 150 Einsätze im Innenstadtbereich wurden im Rahmen des Behördenschwerpunktes im Jahr 2023 durchgeführt. Insgesamt sind für das Jahr 2023 verstärkt unterschiedliche Maßnahmen im Rahmen der Einsätze zum Behördenschwerpunkt durchgesetzt worden. Im Einzelnen wurden circa 1.400 Personenkontrollen erfasst, die Ordnungswidrigkeitenanzeigen, Strafanzeigen, Festnahmen, über 400 Platzverweise und Aufenthaltsverbote und zahlreiche weitere Maßnahmen (Berichte, Aufenthaltsermittlungen usw.) nach sich zogen. Diese Maßnahmen werden wir der weiteren Entwicklung angepasst fortsetzen.
Waffenverbotszonen und polizeiliche Videobeobachtung
"Im Rahmen der strategischen Planung haben wir sowohl die Einrichtung einer Waffenverbotszone als auch die Etablierung einer polizeilichen Videobeobachtung an besonderen Örtlichkeiten wiederholt geprüft. Dabei darf die subjektive Sicherheit keine Rolle spielen, sondern allein die rechtlichen Voraussetzungen. Trotz der beschriebenen besonderen Entwicklung an einzelnen Orten in der Innenstadt liegen nach derzeitigem Stand die rechtlichen Voraussetzungen des Polizeigesetz NRW für eine Videoüberwachung und nach dem Waffengesetz für die Einrichtung einer Waffenverbotszone nicht vor. Diese Bewertung wird fortlaufend auf Grundlage der weiteren Entwicklung überprüft.
Losgelöst von den Waffenverbotszonen ist das Mitführen bestimmter Waffen und Messer nach geltender Rechtslage generell in der Öffentlichkeit verboten. Darunter fallen unter anderem insbesondere Butterfly, Faust- und Fallmesser und bestimmte beidseitig geschliffene Springmesser mit einer Klinge von über 8,5 cm, Stahlruten/Totschläger/Schlagringe, Reizstoffsprühgeräte ohne Zulassungs- oder Prüfzeichen (keine Tierabwehrsprays), Anscheinswaffen (z.B. Spielzeug, das optisch den Eindruck scharfer Schusswaffen erweckt, Softair), Hieb- und Stoßwaffen (Schlagstock, Säbel, Degen)."
Ausblick
Kinder- und Jugendkriminalität
"Mit Sorge betrachten wir insbesondere die Entwicklung im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität. Hier haben wir mit Blick auf die Steigerung der Fallzahlen und der Gewalttaten Anlass zur Annahme, dass es sich nicht nur um episodenhaftes Verhalten handelt, sondern dass sich kriminelle Karrieren frühzeitig verfestigen. Hier gilt es besonders gegenzusteuern - gemeinsam mit Schul- und Jugendamt sowie der Staatsanwaltschaft. Deshalb planen wir mit unseren Partnern, der Stadt und der Staatsanwaltschaft, seit einiger Zeit die Einrichtung eines Hauses des Jugendrechts. Außerdem werden wir mit der Stadt ein Konzept erarbeiten, um gemeinsam präventiv unmittelbar in Schulen zu wirken."
Präsenz
"Wir werden mit der Stadt unsere gemeinsame Präsenz in Bielefeld und hierfür die seit Jahren erfolgreich zusammen mit dem Ordnungsamt betriebene Stadtwache ausbauen. Darüber hinaus sind wir nicht nur durch die ständige Präsenz unseres Streifendienstes das ganze Jahr über in der Taktung 24/7 in den Stadteilen vor Ort, sondern auch mit Büros unserer 33 Bezirksdienstbeamten vor den Haustüren der Bielefelderinnen und Bielefelder im Einsatz, um die Sorgen und Nöte direkt zu erfahren und um Abhilfe zu schaffen. Wir sind Teil des Sozial- und Kriminalpräventiver Rat der Stadt Bielefeld (SKPR) und nehmen mit Bezirksdienst und den Regionalbeauftragten an Sicherheitsdialogen und Einzelterminen in den einzelnen Stadtbezirken teil."
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