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Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)

GBA: Festnahmen wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat (IS)" u.a.

Karlsruhe (ots)

Die Bundesanwaltschaft hat gestern (5. Oktober 2022) aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof

die deutsche Staatsangehörige Marcia M., die deutsche Staatsangehörige Kristin L. und den deutschen Staatsangehörigen Cebrail Ö.

bei ihrer Einreise am Flughafen Frankfurt am Main durch Beamte der Bundespolizei und des Bundeskriminalamtes festnehmen lassen.

Die Beschuldigten sind der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB) dringend verdächtig, wobei Cebrail Ö. zur Tatzeit Jugendlicher und Heranwachsender und Kristin L. teilweise Heranwachsende waren (§§ 1, 3, 105 JGG). Kristin L. werden zudem Verstöße gegen das Waffenrecht (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKontrG; § 51 Abs. 1, § 2 Abs. 3 WaffG) und Beihilfe zur Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 27 StGB) vorgeworfen. Gegen den Beschuldigten Cebrail Ö. besteht daneben der dringende Verdacht von Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 26 StGB), Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) und Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB).

In den Haftbefehlen werden den Beschuldigten im Wesentlichen folgende Sachverhalte zur Last gelegt:

1. Marcia M. reiste im September 2015 gemeinsam mit ihrem Ehemann nach islamischem Ritus von Deutschland aus in die Türkei, um sich sodann nach Syrien zu der ausländischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat (IS)" zu begeben. Dort angekommen, schlossen sich die beiden dem IS als Mitglieder an. In der Folgezeit hielt sich das Paar zunächst in Mossul (Irak) auf, wo die Beschuldigte an einer ideologischen Schulung für weibliche IS-Angehörige teilnahm und im Umgang mit Waffen unterrichtet wurde. Im Februar 2016 kehrte Marcia M. mit ihrem Ehemann nach Syrien zurück. Hier führte die Beschuldigte den gemeinsamen Haushalt, was auch dazu diente, ihrem Mann die Teilnahme an Kampfeinsätzen zu ermöglichen. Zudem übernahm sie für ein Frauenbataillon des IS Fahrdienste und stellte Sprengstoffgürtel her. Für ihre Tätigkeiten erhielten die Eheleute eine monatliche Alimentation von der Vereinigung. Im Herbst 2016 planten in Syrien aufhältige IS-Mitglieder einen terroristischen Anschlag auf ein deutsches Musikfestival und rekrutierten dafür Kämpfer, die nach Deutschland geschleust werden sollten. Hierzu kam es letztlich nicht. Allerdings suchte Marcia M. vor dem Abbruch der Operation zwei "Glaubensschwestern" aus, welche die Attentäter in der Bundesrepublik hätten heiraten und beherbergen sollen, um ihnen hier bis zur Begehung des Anschlags ein unauffälliges Leben zu ermöglichen.

2. Kristin L. reiste im März 2015 über die Türkei nach Syrien. Dort schloss sie sich dem IS an und heiratete wenige Wochen später nach islamischem Ritus einen IS-Kämpfer. Damit dieser sich weiter für die Vereinigung betätigen konnte, kümmerte sich die Beschuldigte um den Haushalt und erzog die gemeinsame Tochter im Sinne der IS Ideologie. Für ihre Dienste erhielt die Familie monatliche Zahlungen von der Organisation. Von Syrien aus bemühte sich Kristin L. zudem darum, andere Frauen in Deutschland zu einer Ausreise zum IS zu bewegen. Sie besaß zeitweilig ein Schnellfeuergewehr und eine Schrotflinte. Geld, das sie von der Familie ihres Ehemannes erhalten hatte, leitete sie teilweise an den IS weiter. Nachdem Kristin L. sich 2019 ergeben hatte und in einem kurdischen Lager untergebracht worden war, feuerte sie dort eine andere Insassin an, als diese eine vermeintliche "Abtrünnige" körperlich misshandelte.

3. Im Juni 2013 nahm die Mutter des damals elfjährigen Cebrail Ö. diesen mit nach Syrien und schloss sich zusammen mit ihrem Lebensgefährten dem IS an. Fortan erzog sie Cebrail Ö. im Sinne der IS-Ideologie. Ab dem dafür von der Vereinigung vorgesehenen Alter wurde der Beschuldigte militärisch ausgebildet und in eine Kampfeinheit eingegliedert. Zwischen Anfang 2016 und Ende 2017 nahm er für den IS mehrmals aktiv an Kampfhandlungen teil. Von Oktober 2019 bis Ende 2021 war Cebrail Ö. in Syrien in einer Einrichtung zur Deradikalisierung männlicher Jugendlicher untergebracht. Auch dort trat er weiterhin als Mitglied des IS auf. Er führte eine größere Gruppe von Jugendlichen an, um die Ideologie der Vereinigung in der Einrichtung mittels Gewalt und Drohungen durchzusetzen. Bei einer Gelegenheit schlugen rund 20 Gruppenmitglieder auf Geheiß von Cebrail Ö. einen vermeintlich ungläubigen Jugendlichen zusammen. Einen anderen Jugendlichen schlug und trat der Beschuldigte selbst. Einen weiteren Mitinsassen hielt er durch Todesdrohungen davon ab, ihn bei der Lagerverwaltung anzuzeigen und brachte den Betroffenen dazu, seine Hilfstätigkeit in der Einrichtung vorübergehend aufzugeben.

Marcia M. und Cebrail Ö. wurden zu unterschiedlichen Gelegenheiten im Jahr 2017 und Kristin L. im Jahr 2019 festgenommen und befanden sich bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland in kurdischen Lagern. Die Beschuldigten wurden heute (6. Oktober 2022) dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt, der ihnen die Haftbefehle eröffnet und den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.

Rückfragen bitte an:

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)
Dr. Ines Peterson
Staatsanwältin beim BGH
Brauerstr. 30
76135 Karlsruhe
Telefon: 0721 8191-4100
Fax: 0721 8191-8492
E-Mail: presse@generalbundesanwalt.de
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