LKA-HE: Kinder und Jugendliche vor Missbrauch schützen: 315 Polizeikräfte durchsuchen hessenweit 85 Wohnungen
Ein Beschuldiger in Untersuchungshaft
Wiesbaden (ots)
85 Wohnungsdurchsuchungen, 1 vollstreckter Haftbefehl und 762 Sicherstellungen - das ist die Bilanz des Einsatzes, an dem in der vergangenen Woche hessenweit 315 Polizeikräfte beteiligt waren. Bei der konzertierten Aktion, organisiert vom Hessischen Landeskriminalamt, handelte es sich erneut um eine Schwerpunktmaßnahme der BAO FOKUS. Ziel dieser Organisationseinheit der hessischen Polizei ist es, Minderjährige vor sexualisierter Gewalt zu schützen und Sexualstraftaten, die sich gegen Kinder und Jugendliche richten, konsequent zu ermitteln. Der Einsatz erfolgte im Auftrag der hessischen Staatsanwaltschaften.
Die Durchsuchungen fanden zwischen Montag und Freitag in den Städten Darmstadt, Frankfurt am Main, Hanau, Kassel, Offenbach am Main sowie Wiesbaden statt, außerdem in den Landkreisen Hochtaunuskreis, Lahn-Dill-Kreis, Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Fulda, Gießen, Groß-Gerau, Hersfeld-Rotenburg, Kassel, Limburg-Weilburg, Offenbach, Waldeck-Frankenberg, Main-Kinzig-Kreis, Rheingau-Taunus-Kreis, Vogelsbergkreis, Werra-Meißner-Kreis und Wetteraukreis.
Bei den insgesamt 87 Beschuldigten, 12 Frauen und 75 Männer, wurden insgesamt 749 Datenträger - darunter 161 Smartphones, 74 Computer und Laptops sowie 97 USB-Sticks - sichergestellt. Die Speichermedien werden nun ausgewertet, kriminalistisch bewertet und auf weitere Ermittlungsansätze geprüft.
Die Beschuldigten stehen nach derzeitigem Stand der Ermittlungen untereinander nicht im Austausch. Acht von ihnen wird sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen vorgeworfen; bei den anderen 79 steht der Vorwurf des Erwerbs, Besitzes oder der Verbreitung von Kinder- oder Jugendpornografie im Raum. 23 der Beschuldigten sind noch keine 21 Jahre alt.
Auch Jugendliche und Heranwachsende machen sich strafbar
Es ist kein Einzelfall, dass Kinder und Jugendliche sexuelle Gewalt ausüben oder übergriffiges Verhalten zeigen. So wurden im Jahr 2022 in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) in Hessen 3.374 Fälle von Erwerb, Besitz und/oder Verbreitung von Kinderpornografie (§184 b StGB) erfasst. 46,2 Prozent der Tatverdächtigen waren jünger als 21 Jahre. Im Hinblick auf die 528 im vergangenen Jahr erfassten Fälle von Erwerb, Besitz und/oder Verbreitung von Jugendpornografie (§184 c StGB) lag der Anteil der unter 21-jährigen Tatverdächtigen mit 56,3 Prozent noch höher.
Die polizeiliche Erfahrung zeigt, dass die Minderjährigen nicht immer bewusst handeln. Sie agieren teilweise aus Unwissenheit, etwa, wenn sie strafrechtlich relevante kinderpornografische Inhalte über soziale Medien oder Messenger unreflektiert verbreiten. Das Strafrecht unterscheidet allerdings nicht, wer die Inhalte versendet: Auch Jugendliche und Heranwachsende, die in der digitalen Welt ihre Sexualität entdecken, sexualisierte Fotos und Videos aus freien Stücken aufnehmen beziehungsweise sie herunterladen und teilen, können sich strafbar machen.
Das Hessische Innenministerium und die hessische Polizei haben daher bereits vor über einem Jahr eine hessenweite Beratungs- und Hilfehotline zur Prävention und Aufklärung über die Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie eingerichtet. Hilfesuchende Eltern und junge Menschen können sich vertrauensvoll unter der Rufnummer 0800 - 55 222 00 an die Präventionsexperten der hessischen Polizei wenden. Im Notfall sollte der Polizeiruf 110 gewählt werden.
Neue Präventionskampagne "Schieb deine Verantwortung nicht weg"
Unter der Dachmarke "GEMEINSAM SICHER IN HESSEN" hat die hessische Polizei am 8. Juli 2023 eine umfassende Präventionsoffensive gestartet, um durch eine zielgruppenorientierte Prävention die Innere Sicherheit in Hessen weiter zu stärken. Unter der dazugehörigen Teilmarke "GEMEINSAM SICHER FÜR KINDER UND JUGENDLICHE" werden verschiedene Formate sowohl für die Jüngsten unserer Gesellschaft direkt, als auch deren Eltern, Erziehungsberechtigte, Bezugspersonen und alle weiteren wichtigen Multiplikatoren angeboten. Unter anderem wurden die Präventionskampagnen "Digital Native" (https://digitalnative-hessen.de/) oder "Brich Dein Schweigen" (https://k.polizei.hessen.de/411043379) konzipiert. Die vornehmlichen Ziele dieser Kampagnen sind unter anderem:
- Reduzierung der Verbreitung von Kinder und Jugendpornografie - Reduzierung des realen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen - Stärkung des Opferschutzes - Stärkung der Medienkompetenz
Die unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, hat zudem jüngst die Aufklärungskampagne "Schieb deine Verantwortung nicht weg" gestartet, die an das Verantwortungsgefühl von Erwachsenen appelliert. Zum Start der Aktion rund um den Europäischen Tag gegen sexuelle Gewalt und sexuelle Ausbeutung von Kindern am vergangenen Samstag, 18. November, wurde unter anderem aufgezeigt, wie Erwachsene konkret bei einem Verdacht helfen können:
- Hinsehen, Zuhören, Nachfragen: Kindern oder Jugendlichen glauben, wenn sie etwas erzählen. Gut zuhören und behutsam nachfragen. - Beraten lassen: Nichts Unüberlegtes tun. Wer unsicher ist, kann sich Rat holen, zum Beispiel bei einer Beratungsstelle. - Handeln: Sich informieren und mit anderen über Missbrauch reden - und darüber, was man tun kann, um Kinder und Jugendliche zu schützen.
Mehr Informationen zur Kampagne gibt es im Internet unter https://nicht-wegschieben.de, wissenswerte Informationen zum Thema Kindesmissbrauch finden sich zudem unter https://k.polizei.hessen.de/2299960080.
Hintergrund BAO FOKUS
Die BAO FOKUS (Besondere Aufbauorganisation Fallübergreifende Organisationsstruktur gegen Kinderpornografie Und Sexuellen Missbrauch von Kindern) hat am 1. Oktober 2020 ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist im Hessischen Landeskriminalamt (HLKA) zentral angesiedelt und hat in sämtlichen Polizeipräsidien Regionalabschnitte gebildet, um zentral koordiniert landesweit Ermittlungsverfahren zu führen. Mit insgesamt über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter rund 220 Ermittlerinnen und Ermittler, verfolgt die hessische Polizei gezielt Sexualverbrechen an Schutzbefohlenen.
Rückfragen bitte an:
Hessisches Landeskriminalamt
Laura Kaufmann-Conrad
Telefon: 0611/83-8310
E-Mail: kommunikation.hlka@polizei.hessen.de
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