Polizeipräsidium Frankfurt am Main
POL-F: 000131 Pressemitteilung, Teil 1, Polizeipräsidium Frankfurt am Main
Frankfurt (ots)
Gemeinsame Ermittlungsgruppe Staatsanwaltschaft Rauschgift Polizei/Zoll (GER) Frankfurt am Main Frankfurt am Main
31. Januar 2000
Sicherstellung von 243,6 Kilogramm Kokain sowie umgerechnet ca. 360.000,-- DM
Europaweite Abnehmerstrukturen zerschlagen
Der Frankfurter Staatsanwaltschaft und der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift Polizei/Zoll (GER) gelang es zwischen Juni 1999 und Januar 2000 in einem komplexen Ermittlungsverfahren zwei international operierende Kokainhändler- und -schmugglergruppen zu zerschlagen. Neben den beiden kolumbianischen Residenten wurden weitere neun Abnehmer des Kokains aus den Niederlanden, der Türkei und Großbritannien festgenommen. Dieser Ermittlungserfolg ging einher mit der Sicherstellung von 243,6 Kilogramm Kokain sowie umgerechnet ca. 360.000,-- DM.
Im Rahmen von Rauschgiftermittlungen in anderer Sache gelangten die Drogenfahnder von Polizei und Zoll im zeitigen Frühjahr des vergangenen Jahres an Informationen, wonach kolumbianische Organisationen erneut versuchen wollten, Großmengen von Kokain über den Flughafen Frankfurt am Main mittels unbegleiteten Reisegepäcks in die Bundesrepublik zu schmuggeln, um das «Weiße Gift» von dort aus europaweit zu verteilen.
Durch einen fortlaufenden Informationsaustausch zwischen deutschen und internationalen Polizei- und Zollbehörden konkretisierte sich Anfang Juni diese Einschätzung, indem bekannt wurde, daß eine kolumbianische Organisation plante, einen Bevollmächtigten nach Frankfurt am Main zu entsenden, der hier als Resident Kokaingeschäfte abwickeln sollte. Das danach von der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main eingeleitete Ermittlungsverfahren fungierte unter der Bezeichnung Operation «Bailarinas». Die Namensgebung leitet sich von der Angewohnheit spanisch sprechender Drogendealer ab, für Kokain das Synonym «Bailarinas» (Tänzerinnen) zu benutzen.
1. Teilkomplex
Die konsequente Überwachung aller aus Kolumbien ankommenden Flüge führte zur Identifizierung der bis dato unbekannten Person, bei der es sich um den 42jährigen kolumbianischen Staatsangehörigen Hernan B. handelte. Der mutmaßliche Drahtzieher B. mietete sich nach seiner Ankunft am 04.06.1999 auf längere Dauer in einem Frankfurter Innenstadthotel ein und unterhielt in der Folge ein rege telefonische Kommunikation mit seinen südamerikanischen Hintermännern.
Absprachegemäß traf dann am 11.06.1999 ein Paket mit 7,6 kg reinem Kokain, als unbegleitetes Reisegepäck aus Bogota kommend, auf dem Frankfurter Flughafen ein. Mit Wissen und unter Kontrolle der Strafverfolgungsbehörden wurde dieses Rauschgift dann in einer extra angemieteten Garage in Schwanheim für die Fälle deponiert, in denen der oder die Dealer den «Stoff» ansehen wollten oder Verkäufe anstanden. Nachdem Hernan B. das Kokain in dem «Bunker» kontrolliert hatte, reagierte er ob der scheinbar reibungslosen Abwicklung des Transportes und der exzellenten Logistik hoch erfreut und orderte umgehend weitere Lieferungen bei seinen kolumbianischen Hintermännern. Parallel hierzu nahm er Kontakt zu Kokainabnehmern auf, die er offensichtlich bereits vorher kannte. Der nächste, am 23.06.1999 auf dem Luftwege aus Kolumbien kommende unbegleitete Koffer enthielt 30 kg Kokain. Auch diese Sendung wurde in der genannten Garage deponiert und später von dem arglosen Hernan B. wohlwollend inspiziert. Seine positiven Erfahrungen teilte er erneut den Lieferanten in dem Herkunftsland mit. Diese Meldungen sprachen sich offensichtlich bei den Produzenten des Rauschgiftes in Kolumbien herum, woraufhin sich eine weitere Lieferantenorganisation entschloß, selbst einen Residenten nach Frankfurt am Main zu schicken, der nach dem gleichen modus operandi Kokaingeschäfte tätigen sollte (gesondert dargestellter zweiter Tatkomplex).
Hernan B's. Bemühungen, Abnehmer für das Kokain zu finden, schienen am 21.07.1999 zunächst erfolgreich zu verlaufen. An diesem Tag trafen die 33, 32 und 23jährigen Türken Efkan K., Halit Y. und Mahmut Y., alle wohnhaft in Hamburg, sowie der 53 Jahre alte Niederländer Rignald Juan L. in Frankfurt am Main ein, um die 37,6 Kilo Kokain aus seinem Besitz zu übernehmen.
Die Festnahme der genannten Dealer erfolgte, nachdem sie die Drogen übernommen und einen Geldbetrag von 93.000,-- DM als «Aufwandsentschädigung» an Hernan B. übergeben hatten. Seine Euphorie erhielt urplötzlich einen starken Dämpfer, denn er wurde wenig später ebenfalls festgenommen. Hernan B., der nach Erkenntnissen der Strafverfolgungsbehörden auch an Geldwäschegeschäften von Spanien in die USA beteiligt war, befindet sich - wie seine vier Abnehmer - derzeit in Untersuchungshaft.
2. Teilkomplex
Der Resident der zweiten kolumbianischen Organisation, von dem zunächst nur der Spitzname «Trinity» bekannt war, traf am 26.06.1999 aus den Niederlanden kommend in Frankfurt am Main ein, um die hiesige Logistik zu überprüfen und den Weiterverkauf des Kokains zu organisieren. In Frankfurt trat er unter einem Aliasnamen auf, wobei er sich eines gefälschten portugiesischen Passes bediente. Erst im Laufe der weiteren, vielschichtigen Ermittlungen konnte er als der 42jährige kolumbianische Staatsangehörige Jose Ventura N. identifiziert werden. Kriminaltaktische Maßnahmen belegten, daß er in engem Dialog zu seinen Hintermännern stand und zugleich Kontakt mit dem weiter in Frankfurt am Main aufenthältigen ersten Residenten Hernan B. aufnahm. Gemäß Vorankündigung erreichten «Trinity» am 08.07.1999 und am 16.07.1999 auf dem Luftwege zwei weitere Koffer als unbegleitete Gepäckstücke, die 21 bzw. 50 Kilogramm Kokain enthielten und von ihm in einem angemieteten Warendepot in Frankfurt-Griesheim eingelagert wurden.
«Trinitys» Kontakte zu verschiedenen Abnehmerkreisen führten dazu, daß eine Woche später drei Niederländer in der Mainmetropole auftauchten und gegen Zahlung einer Aufwandsentschädigung von 100.000,-- hfl 21 Kilogramm Kokain übernahmen. Die niederländischen Drogenhändler, Gerrit V., 56 Jahre, Hans Paulus S., 46 Jahre, und Johannes F., 33 Jahre alt , wurden nachfolgend festgenommen. Die professionellen Fahnder der gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift Polizei/Zoll (GER) stellten hierbei sicher, daß «Trinity» nichts von alledem mitbekam und zunächst - bei aller persönlichen Skepsis - gutgläubig blieb.
So, wie zwischen Trinity und seinen kolumbianischen Hintermännern, von denen lediglich der Spitzname einer Person bekannt wurde, abgesprochen, trafen in der zweiten Julihälfte 1999 zwei weitere Lieferungen mit insgesamt 135 Kilogramm Kokain in Frankfurt am Main ein, wo sie von dem Residenten entgegengenommen und in seinem Depot gelagert wurden. Einen weiteren Ermittlungserfolg verzeichneten die Polizei- und Zollfahndungsbeamten, indem sie am 27.07.1999 zwei 29- und 25jährige Briten festnahmen, die kurz vorher in dem Griesheimer Warendepot 50 Kilogrammn Kokain übernommen und im Gegenzug 135.000 hfl als Provision übergeben hatten.
Wenngleich «Trinity», und dies belegen einschlägige Erfahrungen von Mitarbeitern der GER, meist rational und konspirativ zu agieren schien, ließ er sich dennoch bei seinen kriminellen Aktivitäten auch von anderen «Stimmen» als denen des Verstandes leiten. «Trinity» war nämlich ein Anhänger des Macumbe-Zaubers, einem Voodoo ähnlichen Kult. Dies hatte zur Folge, daß er häufig Hühnerknochen warf und aus den dabei entstandenen Bildern Antworten auf die drängenden Fragen des Lebens suchte. Zudem trug er immer eine Feder als Halsschmuck, die ihn vor Festnahmen schützen sollte.
Während der Sommermonate des Vorjahres befragte er folglich wiederholt die «Gebeine des Federviehs», wie es um sein persönliches Wohlergehen und den Fortbestand seiner persönlichen Freiheit bestellt sei. Es sei dahingestellt, ob es an dem Orakel oder an den eigenen Unzulänglichkeiten lag. Auf jeden Fall erkannte Jose Ventura N., alias «Trinity», nicht rechtzeitig, daß er schon längst im Visier der Rauschgiftfahnder war. Erst Ende Juli 1999 witterte er Ungemach, als er diesmal die Lage von Hühnerknochen «zutreffend» interpretierte und sich anschließend in die Niederlande absetzte. Nach der Flucht wurden die in seinem Warendepot zurückgelassenen 135 Kilogramm Kokain konfisziert.
Nach Erlaß eines Haftbefehls wurde im Rahmen der internationalen Rechtshilfe von den dortigen Behörden nach dem flüchtigen Residenten gefahndet. Die technisch aufwendigen und personalintensiven Maßnahmen erfolgten dabei stets in engem Dialog zwischen den Frankfurter Ermittlern von Staatsanwaltschaft, Polizei und Zoll sowie den niederländischen Strafverfolgungsbehörden. Die Zusammenarbeit mit der niederländischen Justiz und Polizei gestaltete sich effektiv und reibungslos. Der gesuchte Jose Ventura N. konnte in den Abendstunden des 18.01.2000 in seinem Versteck, einer konspirativen Wohnung in Rotterdam festgenommen werden. Zwischenzeitlich wurde ein Auslieferungsersuchen durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt gestellt. Nach polizeilichen Erkenntnissen ist Jose Ventura N. seit mehreren Jahren am internationalen Kokainhandel beteiligt. Zuletzt wurde er 1996 mit einer Lieferung von ca. 1.000 Kilogramm Kokain von Kolumbien in die Niederlande in Verbindung gebracht.
Bei der konfiszierten Kokainmenge von 243,6 kg handelt es sich um die größte, die jemals in Frankfurt am Main im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens sichergestellt wurde. Der Schwarzmarktwert der Drogen beläuft sich derzeit auf rund 25 Millionen DM. Dieser Komplex zeigt einmal mehr auf, daß der Einfuhrschmuggel von Kokain aus Südamerika nach wie vor von organisierten kolumbianischen Gruppierungen dominiert wird.
Für den Frankfurter Polizeipräsidenten Harald Weiss-Bollandt ist der Ermittlungs- und Fahndungserfolg nicht nur wegen der großen Sicherstellungsmenge herausragend, sondern auch, weil den europäischen Nachbarländern wertvolle Hinweise auf bestehende Händlerorganisationen gegeben werden konnten.
Organisatorischer Hinweis: Am 31.01.2000 werden im Zeitraum von 11.30 Uhr bis 13.00 Uhr, in dem Gebäude der Polizeidirektion Mitte, D 100, Gutleutstraße 112, die sichergestellten Koffer mit den 243,6 kg Kokain interessierten Journalisten präsentiert. Für die elektronischen Medien stehen kompetente Interviewpartner zur Verfügung.
Die Synopse «Operation BAILARINAS» kann abgerufen werden unter http://www.newsaktuell.de/polizeipresse/index.html E-Mail-Adressaten bitte als Kennwort eigene E-Mail-Adresse ,
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