POL-ROW: ++ Wieder mehr Kriminalität im Landkreis Rotenburg - Aufklärungsquote bleibt hoch ++
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Rotenburg (ots)
Kriminalstatistik 2022:
Wieder mehr Kriminalität im Landkreis Rotenburg - Aufklärungsquote bleibt hoch
## Grafik zur Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2022 und weitere Fotos in der digitalen Pressemappe ##
Rotenburg. Die Polizeiliche Kriminalitätsstatik ist im vergangenen Jahr wieder auf das Niveau vor der Corona-Pandemie zurückgekehrt. Nach dem Tiefststand des Vorjahres 2021 mit 8.119 polizeilich aufgenommenen Straftaten kletterte der Wert 2022 wieder auf 9.236 Taten und stieg damit um 13,76 Prozent deutlich an. Der positive Trend rückläufiger Kriminalität hat sich somit nicht fortgesetzt. Dass die Menschen im Landkreis Rotenburg tatsächlich in einer sicheren Region leben, drückt sich durch die Häufigkeitszahl aus. Dieser Wert gibt die Anzahl der Straftaten je 100.000 Einwohner wieder. Mit 5.598 Taten liegt der Landkreis Rotenburg deutlich unter dem Landesschnitt von 6.528. Neben dem Anstieg an Straftaten, weist die Kriminalstatistik für die Ermittler/-innen im Landkreis Rotenburg einen Rückgang der Aufklärungsquote von 68,30 auf 66,26 Prozent aus. Damit liegt man über dem Landes- und Direktionsschnitt. Von den 9.236 Taten konnten die Beamten in 6.119 Fällen Tatverdächtige ermitteln. Damit gelten zwei von drei Taten als geklärt.
"Wir hatten es im vergangenen Jahr mit vielen personalintensiven Ermittlungen zu tun. Dazu zählt unter anderem die Arbeit der Ermittlungsgruppe "Hydra" im Bereich der Kinder- und Jugendpornographie und auch die der EG "Schlaufe", die eine Serie von Raub- und Eigentumsdelikten im Zevener Raum klären konnte. Das können wir als vergleichsweise kleine Inspektion temporär nur leisten, weil sich Kolleginnen und Kollegen dienststellenübergreifend gegenseitig unterstützen und bereit sind, auch mal woanders zu arbeiten. Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Rotenburg können sich auf unsere Einsatzbereitschaft verlassen!"
versichert Polizeidirektor Jörg Wesemann als Leiter der Polizeiinspektion Rotenburg.
Für die übergeordnete Polizeidirektion Lüneburg mit ihren sechs Inspektionen Lüneburg/Lüchow/Uelzen, Heidekreis, Stade, Harburg, Celle und Rotenburg zeigt die Kriminalstatistik ebenfalls ein verändertes Bild. Den 69.986 Straftaten aus dem Jahr 2021 standen im vergangenen Jahr 77.353 Straftaten entgegen. Direktionsweit sind damit die Straftaten um 10,53 Prozent gestiegen. Die Aufklärungsquote ist mit 64,40 Prozent gegenüber dem Vorjahr um 1,43 Prozent leicht gesunken.
Tötungsdelikte
Die Kriminalstatistik weist für das zurückliegende Jahr sieben zu bearbeitende versuchte (6) und vollendete (1) Tötungsdelikte in der Polizeiinspektion Rotenburg aus.
Bei einem tragischen Arbeitsunfall im April ist ein 46-jähriger Waldarbeiter in einem Waldstück bei Hiddingen ums Leben gekommen. Der aus Österreich stammende Mann war von Kollegen mit schweren Kopfverletzungen gefunden worden. Er verstarb am Einsatzort. Die Polizei leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Fahrlässigen Tötung ein.
Bereits im Januar nahmen Spezialkräfte der Polizei in Zeven zwei junge Männer fest, denen zahlreiche Eigentums- und Raubdelikte im Zevener Raum vorgeworfen wurden. Während der Fahndung hatte einer der Täter das Fluchtfahrzeug direkt auf einen Polizeibeamten gelenkt. Er konnte sich nur durch einen Sprung in Sicherheit bringen, wurde dabei jedoch verletzt. In diesem Fall kam es zu einem Verfahren wegen eines versuchten Totschlags.
Im Mai eskalierte an einem Grundstückszaun im Zevener Eschenweg der Streit zwischen zwei 23 und 18 Jahre alten Männern. Wie sich herausstellte, hatte der Ältere dem Jüngeren mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen. Auch in diesem Fall folgte ein Verfahren wegen eines versuchten Totschlags.
Einen Fall von versuchtem Totschlag bearbeitete der Kriminal- und Ermittlungsdienst des Polizeikommissariats Bremervörde. Über einen Rechtsanwalt wurde mitgeteilt, dass eine 23-jährige Frau im Mai während eines häuslichen Streits von einem 24-jährigen Mann gewürgt worden sei.
(Bei den anderen Taten handelt es sich um Vorfälle aus dem Vorjahr, die erst im vergangenen Jahr abgeschlossen wurden.)
Wohnungseinbrüche
Die Anzahl der Wohnungseinbrüche ist im vergangenen Jahr wieder gestiegen. Waren es 2021 noch 110 Taten, so mussten die Ermittler/-innen der PI Rotenburg 2022 149 Einbrüche aufnehmen. Insbesondere im Nordkreis waren nachweislich mehrere überörtlich agierende Täterbanden aktiv. In 64 Fällen blieb es beim Versuch. Hier dürften sich der ständig verbessernde Einbruchschutz und Präventionsaktionen positiv ausgewirkt haben. Mit einer Aufklärungsquote von 24,83 Prozent liegt die Polizeiinspektion Rotenburg leicht über dem Landeswert.
Eigentumskriminalität und Rohheitsdelikte
Auch die Anzahl der einfachen (1.645) und schweren (1.083) Diebstähle ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Die Beamte/innen verzeichneten mit 2.728 Taten 640 Fälle mehr als 2021. Die Aufklärungsquote lag bei 33,76 Prozent.
Ein Grund für diesen Anstieg dürfte die Zunahme der Fahrraddiebstähle sein. 2022 wechselten 472 Räder durch Fahrradklau ihren Besitzer. Im Vorjahr war es noch 353. In 107 Fällen ermittelte die Polizei Tatverdächtige. Das entspricht einer Aufklärungsquote von 21,49 Prozent. In diesem Zusammenhang weisen die Ordnungshüter/-innen insbesondere auf den Diebstahl hochwertiger Pedelecs aus Carports und offenstehenden Garagen hin. Vermutlich reisende Täter dürften durch den Landkreis fahren und auf diese Gelegenheiten spekulieren. Dass sich die Zielrichtung einiger Tätergruppen vom Wohnungseinbruch zum Diebstahl hochwertiger Pedelecs verändert hat, könnte eine Auswirkung der Corona-Pandemie sein.
Auch im vergangenen Jahr sind im gesamten Landkreis Rotenburg viele Menschen Opfer von Taschendieben geworden. Dabei richteten die vermutlich organisierten Täter ihr Augenmerk häufig auf Seniorinnen und Senioren, die in Discountern einkauften. 100 Taten wurden insgesamt zur Anzeige gebracht. Häufig handelte es sich bei den Geschädigten um Menschen ab 60 Jahre - meistens Frauen. Wie sich bei der Anzeigenaufnahme herausstellte, hatten die Geschädigten häufig eine Handtasche oder einen Einkaufskorb mit der Geldbörse im Einkaufswagen abgestellt und kurz aus den Augen gelassen. Auf diese Gelegenheit warteten die Diebe, um schnell zugreifen zu können. Oftmals wurden ältere Menschen von Unbekannten in ein scheinbar harmloses Gespräch verwickelt. Auch diese gezielten Ablenkungsmanöver wurden von den Tätern für einen Taschendiebstahl genutzt.
Das Präventionsteam der Rotenburger Polizei hat landkreisweit mehrere Aktionen vor Discountern durchgeführt. Unter dem Motto "Schlauer gegen Klauer" sprachen Beamte/innen vor den Geschäften gezielt ältere Menschen an und fragten, wo sie ihre Geldbörse während des Einkaufens aufbewahren und was sie in dieser Zeit mit ihrer Einkaufstasche tun.
"Bevor es zu Straftaten kommt, versuchen wir natürlich sie zu verhindern. Prävention ist ein wichtiger Baustein polizeilicher Arbeit, und ich danke meinem Präventionsteam ausdrücklich für den unermüdlichen und kreativen Einsatz!"
beschreibt PI-Leiter Wesemann den gesetzlichen Auftrag.
Einen leichten Rückgang verzeichnet die Polizei bei den Raubtaten. Im vergangenen Jahr ermittelten die Beamte/innen in 34 Fällen von Raub - das waren 4 Taten weniger als 2021. Bei den anderen Rohheitsdelikten - das sind neben den Raubtaten vor allem Körperverletzungen und Freiheitsdelikte - verzeichnet die Kriminalstatistik mit 1.669 Taten einen Anstieg von 12,16 Prozent. Die Aufklärungsquote liegt in diesem Kriminalitätsfeld erfahrungsgemäß hoch bei deutlich über 90 Prozent.
Hohe Schäden bei Betrügereien
2022 musste die Polizei im Landkreis mit 1.405 Taten wieder mehr Betrugsverfahren einleiten. 2021 waren es noch 1.105 Fälle. Dabei ist ein Schaden von über zwölf Millionen Euro entstanden. Im Jahr zuvor waren es noch rund 1,5 Millionen.
Den Anstieg in diesem Bereich erklärt die Polizei mit der Zunahme von Tankbetrügen (+77), Warenbetrügen (+78), Anlagebetrügen (+68) und Taten durch rechtswidrig erlangter, unbarer Zahlungsmittel (+56).
Für die erstaunliche Schadenshöhe sorgten vor allem zwei Umfangsverfahren wegen Anlagebetrug. In diesen beiden Fällen ging es zusammen um eine Schadenshöhe von 8,5 Millionen Euro.
Sorgen bereitet der Polizei nach wie vor das Kriminalitätsphänomen des "WhatsApp-Betruges" und des "Falschen Polizeibeamten". In vielen Fällen gelang es vermutlich aus dem Ausland agierenden Tätergruppen vor allem älteren Menschen vorzugaukeln, dass ein mutmaßlicher Sohn oder eine Tochter mit ihnen in Kontakt getreten ist. Im Verlauf der Unterhaltung wurde die Bitte geäußert, ein oder gleich mehrere dringende Überweisungen auszuführen. Bei der Polizei im Landkreis Rotenburg wurden 234 Fälle registriert. Die Täter ergaunerten so 216.470,76 Euro.
Fälle der Betrugsmasche des "Falschen Polizeibeamten" waren im vergangenen zwar rückläufig. Trotzdem gelang es den Tätern Menschen zu täuschen. Mit Schockanrufen nach angeblichen Verkehrsunfällen erlangten sie von ihnen Geld für angebliche Kautionen.
"Neue Phänomene wie zum Beispiel der Betrug mittels Cyber-Trading und insbesondere der Umgang mit Kryptowährungen beschäftigen uns derzeit sehr. Hier müssen wir technisch und fachlich mit den Tätern Schritt halten, um den Anschluss nicht zu verlieren. Das ist nicht immer ganz einfach. In diesem Deliktsbereich stehen wir aber auch noch vor einer anderen Herausforderung. Tätergruppierungen agieren häufig aus Call Centern im Ausland. Deshalb findet sich der Großteil der Fälle auch gar nicht in unserer Statistik wieder, wie zum Beispiel der deutliche Anstieg des WhatsApp-Betruges",
erklärt Polizeioberrätin Katrin Jäger als Leiterin des Zentralen Kriminaldienstes.
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung / Missbrauch von Kindern
Die Anzahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist von 2021 (177) zu 2022 (230) um rund 30 Prozent gestiegen. Dazu Kripo-Chefin Katrin Jäger:
"Dieser Anstieg hat verschiedene Gründe. Wenn wir mehr Arbeitskraft in einen Bereich geben, wird das Dunkelfeld aufgehellt. Das schon einige Zeit bestehende Sachgebiet Kinderpornografie haben wir im September durch die Einrichtung der Ermittlungsgruppe "Hydra" personell aufgestockt. Dort sind zurzeit doppelt so viele Kolleg/-innen eingesetzt. Als Name für die Ermittlungsgruppe ist das Bild der Hydra aus der griechischen Mythologie mehr als treffend. Die Arbeit in diesem Phänomenbereich wird in der Bevölkerung sehr oft nur mit dem Anschauen schrecklicher Bilder verknüpft. Die Auswertung der Bilddateien stellt aber nur einen kleinen Teil der sehr vielfältigen Aufgaben dar. Kolleg/-innen führen mehrfach in der Woche Durchsuchungen durch. Die Sinnhaftigkeit dieser Arbeit stärkt dabei alle Mitarbeitenden in ihrem täglichen Tun. Was könnte sinnstiftender für eine/n Polizisten/in sein, als sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhindern?"
Reichsbürger
"Seit Beginn der Corona-Pandemie verzeichnet das Fachkommissariat für Staatsschutz (FK4) der Rotenburger Polizei einen Anstieg des sogenannten "Reichsbürgertums". Das findet sich in der Kriminalstatistik nur selten wieder, beschäftigt die Ermittler/-innen jedoch nicht unwesentlich. Wir werden die Szene in unserem Landkreis weiterhin im Auge behalten",
beschreibt Polizei-Chef Wesemann die aktuelle Situation rund um Reichsbürger.
Steigerung der Kinder- und Jugendkriminalität
Von 2021 auf 2022 ist die Anzahl von Tatverdächtigen bei Kindern (0 bis unter 14 Jahre) und Jugendlichen (14 bis unter 18 Jahre) um 70,75 und 32,55 Prozent auffallend gestiegen.
Für diese Zunahme macht die Polizei zum großen Teil sogenanntes "Sexting" - damit wird das Versenden und Empfangen selbstproduzierter, freizügiger Aufnahmen via Computer oder Smartphone bezeichnet, verantwortlich. Werden diese Bilder oder Videos dritten zugänglich gemacht oder sogar veröffentlicht, kann es sich um die Verbreitung von Jugendpornografie und damit eine Straftat handeln. Kindern und Jugendlichen fehlt es dabei möglicherweise an Unrechtsbewusstsein.
Zusammenfassend zieht Polizeipräsident Thomas Ring, Chef von über 2.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Polizeidirektion Lüneburg, für seine Polizeidirektion folgendes Fazit:
"Die Aufhebung der pandemiebedingten Einschränkungen im vergangenen Jahr zeigt, dass das öffentliche Leben wieder Fahrt aufgenommen hat. Ein vermehrtes Zusammentreffen von Menschen führte zu mehr Tatgelegenheiten und Straftaten. Die Steigerung der Taten war somit zu erwarten. Der Langzeitvergleich macht aber deutlich, dass sich die Bürgerinnen und Bürger auf ihre Polizei im Nordosten Niedersachsens verlassen kann. Wir leben in einer sicheren Region. Die landesweit höchste Aufklärungsquote macht mich dabei besonders stolz, aber auch die Langzeitrückgänge der Wohnungseinbruchdiebstähle möchte ich hervorheben. Dafür möchte ich mich bei allen Polizeibeschäftigten herzlich bedanken. Klar ist aber auch, dass wir nicht nachlassen dürfen. Wir werden uns weiterhin mit großem Engagement für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger einsetzen!"
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