POL-BM: Eine Weihnachtsgeschichte ? Bergheim
Rhein-Erft-Kreis (ots)
Es gibt Geschichten aus dem Polizeialltag, über die an dieser Stelle regelmäßig berichtet wird. Es sind Geschichten, die warnen sollen, die aufklären sollen, die informieren sollen und hin und wieder einen traurigen oder auch erheiternden Charakter haben können. Diese Geschichten ereigneten sich zu allen Tages- und Nachtzeiten. Sind Geschichten dieser Art, wenn sie sich unmittelbar vor Weihnachten ereignen eigentlich Weihnachtsgeschichten? Wir Geschichtenerzähler haben uns jedenfalls von dem Folgenden angerührt gefühlt.
Freitagabend (19.12.) in Bergheim-Niederaußem, Polizeialltag. 20.25 Uhr - Verkehrskontrolle auf der Bundesstraße 477.
Die Besatzung eines Streifenwagens hält einen älteren Ford an, den ein 37-Jähriger lenkt; auf dem Beifahrersitz ein kleiner Junge. Die Beamten stellen fest, dass der Pkw nicht zum Straßenverkehr zugelassen ist und der Mann keinen Führerschein besitzt.
Der Ertappte versucht, wie so oft im Polizeialltag, einen Erklärungsversuch:
"Ich bin verheiratet und Vater von drei Kindern. Unsere Familie ist vor kurzem in den Rhein-Erft-Kreis gezogen, als meine Frau und ich unerwartet arbeitslos wurden. Wir leben monatlich von einer geringen staatlichen Unterstützung. Der Geldmangel ist derart erheblich, dass ich sogar mein Auto abmelden musste. Mehrmalige Versuche das Fahrzeug zu verkaufen schlugen fehl. Vor dem Wochenende hat sich unsere Finanzlage derart zugespitzt, dass ich bei unserer Verwandtschaft um Geld betteln musste, um Lebensmittel kaufen zu können. Erforderliche Telefonate konnte ich nur als R-Gespräche führen. Schließlich sagte mir meine Schwiegermutter, die selbst Sozialhilfeempfängerin ist, zu, mir 30 Euro zu leihen. Die einzige Möglichkeit, dieses Geld abzuholen und etwas Essbares zu kaufen, habe ich darin gesehen, mit dem abgemeldeten Auto zu fahren. Zwar hat meine Frau einen Führerschein, aber ich habe darauf bestanden zu fahren. Ich wollte vermeiden, dass sie ihren Führerschein verliert. Ich habe keinen, also kann ich keinen verlieren."
Nachdem die Personalien des Mannes zwecks Anzeigenerstattung aufgenommen waren, die Weiterfahrt untersagt und das Auto an den Straßenrand geschoben war, wurde der 7-jährige Sohn des Betroffenen von heftigen Weinkrämpfen geschüttelt.
Da der 37-Jährige über keine Barmittel verfügte um nach Hause bzw. zu seiner Schwiegermutter in den Kreis Neuss zu gelangen, fuhren die Beamten die beiden Männer im Streifenwagen nach Hause.
Dort gab die in Tränen aufgelöste Ehefrau des 37-Jährigen gegenüber den Uniformierten an, als einzige Lebensmittel noch zehn Kartoffeln und zwei Gläser Rotkohl in der Wohnung zu haben. Ein Blick in den Kühlschrank zeigte einem 29-jährigen Beamten, dass dort lediglich eine angebrochene Milchtüte stand.
Nachdem der Familienvater erklärte, dass (erst) ab Montag eine weitere Verwandte aus Köln die Lebenshaltungskosten der Familie bis zum Monatsende finanziere, zückte der 29-Jährige Beamte sein Portemonnaie und stellte dem Mann aus privaten Mitteln 30 Euro zur Verfügung. Gleichzeitig packte er den 37-Jährigen erneut in den Streifenwagen und fuhr mit ihm zu einem Kiosk, wo er Lebensmittel einkaufte.
Polizeialltag?
In seinem Bericht schreibt der Beamte hierzu:
Der Familienvater befand sich tatsächlich in einer aussichtslosen Situation. Zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben der Familie wurde dem 37- Jährigen ein Geldbetrag geliehen, der die Versorgung über das Wochenende sichert. Inwieweit ein rechtfertigender Notstand vorlag, konnte nicht beurteilt werden. Zumindest entsprachen die Angaben des Mannes der Wahrheit.
Und klarstellend weiter:
Meine Beurteilung dieses Zustands ist nicht auf eine besonders vorweihnachtliche Empfänglichkeit für das Leid anderer Menschen zurück zu führen.
Wir Geschichtenerzähler lesen daraus, dass der Beamte auch zu jeder anderen Jahreszeit so gehandelt hätte - also doch keine Weihnachtsgeschichte?
Egal, uns ist dieser Kollege sehr sympathisch.
ots-Originaltext: Polizeipressestelle Bergheim
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