POL-GÖ: (382/2016) Aktuelle Informationen nach gewalttätigen Ausschreitungen bei Demonstration - Zahl der verletzten Beamten gestiegen, Inspektionsleiter Thomas Rath schildert persönliche Einsatzeindrücke
Göttingen (ots)
GÖTTINGEN (jk) - Nach den gewalttätigen Ausschreitungen während einer Kundgebung auf dem Göttinger Albaniplatz am vergangenen Sonntag (siehe unsere Pressemitteilung Nr. 379 vom 01.08.16) ist die Zahl der verletzten Polizisten von sechs auf sieben gestiegen. Aktuell vorliegenden Informationen zufolge, wurde ein weiterer Beamter durch einen Tritt in den Rücken verletzt. Alle sieben Verletzten versehen ihren Dienst bei der 5. Bereitschaftspolizeihundertschaft in Göttingen. Zwei von ihnen sind aufgrund der Schwere der zugefügten Verletzungen bis auf weiteres dienstunfähig.
Die unkontrollierte massive Gewalt linksextremer Demonstranten richtete sich am Sonntag aber auch gegen Einsatzfahrzeuge der Polizei. Am Rande der Demonstration zerkratzen Unbekannt zwei Mannschaftswagen, beschmierten einen von ihnen in roter Farbe mit der Parole "ACAB", traten Scheibenwischer ab, beschädigten die Blaulichter im Kühlergrill und zerstörten ein Rücklicht. Die Höhe des verursachten Gesamtschadens steht noch nicht fest.
Indes dauert die Auswertung des bei dem Einsatz erstellten polizeilichen Videomaterials an. Eine detaillierte Auflistung über die Anzahl bereits eingeleiteter bzw. noch einzuleitender Ermittlungsverfahren liegt deshalb zurzeit noch nicht vor.
Der Leiter der Polizeiinspektion Göttingen Thomas Rath hatte am Sonntagnachmittag die schließlich unfriedlich endende Demonstration auf dem Albaniplatz persönlich miterlebt.
Seine Eindrücke zu den Geschehnissen schildert der Leitende Polizeidirektor wie folgt:
"Da ich am Samstag nicht in die direkte Einsatzhierarchie eingebunden war, hatte ich die Chance, die Abläufe am Albaniplatz ein Stück weit auch als Beobachter mitzuerleben.
Aus dieser Perspektive hat sich natürlich auch mir nicht jede taktische Maßnahme ohne Hintergrundinformationen sofort erschlossen. Dies war aber auch angesichts der sich teilweise überschlagenden Ereignisse kaum möglich.
Sprachlos gemacht haben mich jedoch der Hass und die menschenverachtenden Anfeindungen, die den einschreitenden Beamten und Beamtinnen, auch schon deutlich vor ihrem Einsatz innerhalb der Versammlung, entgegengeschlagen sind.
Diese hochemotionale Aggressivität vieler Kundgebungsteilnehmer, die überwiegend, aber leider nicht nur, dem linksextremen Spektrum zuzuordnen waren, macht mich tief betroffen. Sie ignoriert völlig die gesellschaftliche Rolle der Polizei, die viele junge Kolleginnen und Kollegen unter Inkaufnahme persönlicher Entbehrungen tagaus tagein bestmöglich zum Wohle aller ausfüllen.
Wenn man es der Polizei tatsächlich als Provokation auslegt, dass sie in rechtmäßiger Amtsausübung versucht, wiedererkannte Straftäter festzunehmen und potentielle Depots von Wurfgeschossen auszuheben, ist in meiner Wahrnehmung irgendetwas aus den Fugen geraten. Werden dann diese Maßnahmen auch noch gewaltsam und vermummt "im Namen des zivilen Ungehorsams" seitens der Demonstranten verhindert, fällt es mir schwer, das unseren jungen Beamten, die idealistisch und mit anderen Wertmaßstäben aus der Ausbildung gekommen sind, zu erklären.
Es ist für Polizisten sicherlich nicht neu, dass sie bei politischen Auseinandersetzungen oftmals stellvertretend für den nicht erreichbaren Gegner als Feindbild genutzt werden.
Aber ich frage mich ernsthaft, wie lange es sich eine Gesellschaft leisten kann, diejenigen, die bei Amok- oder Anschlagsszenarien im wahrsten Sinne des Wortes ihren Kopf für uns alle hinhalten sollen, mit Tomaten, Zwiebeln und Flaschen zu bewerfen, nur weil sie ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag nachkommen. Und der sah am Sonntag nun einmal den Schutz und die Trennung beider Versammlungen vor.
Wir werden unseren Einsatz sicherlich selbstkritisch und professionell nachbereiten, denn auch Polizisten sind Menschen und machen Fehler. Aber wir wollen daraus lernen.
Ich würde mir allerdings wünschen, dass auch diejenigen Angehörigen der linken Szene, die ihre persönlichen Ideologien vehement mit Gewalt durchsetzen wollen, dasselbe versuchen.
Dabei würde sicher helfen, wenn die vielen Bündnispartner, die ihren mehr als berechtigten Protest auch weiterhin mit den Möglichkeiten, aber auch in den Grenzen unseres Rechtsstaates kund tun wollen, sich nicht nur inhaltlich, sondern auch räumlich bei anstehenden vergleichbaren Lagen distanzieren!"
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