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Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)

GBA: Anklage gegen fünf mutmaßliche Mitglieder einer terroristischen Vereinigung erhoben

Karlsruhe (ots)

Die Bundesanwaltschaft hat am 16. Januar 2023 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Koblenz Anklage gegen die deutschen Staatsangehörigen

Sven B.

Michael H. Thomas K. Thomas O. und Elisabeth R.

erhoben.

Die Angeschuldigten sind hinreichend verdächtig, eine inländische terroristische Vereinigung gegründet oder sich darin mitgliedschaftlich betätigt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 Nr. 2 StGB). In diesem Zusammenhang wird Sven B., Michael H., Thomas O. und Elisabeth R. zur Last gelegt, Rädelsführer gewesen zu sein (§ 129a Abs. 4 StGB). Zugleich wird allen oben genannten Angeschuldigten die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund (§ 83 Abs. 1 StGB) vorgeworfen. Daneben besteht gegen Thomas O. und Thomas K. hinreichender Tatverdacht wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB) sowie Verstößen gegen das Waffenrecht (§ 22a Abs. 1 Nr. 2 KrWaffKontrG und § 52 Abs. 1 WaffG). Sven B. ist zudem wegen Terrorismusfinanzierung (§ 89c Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 und 5, Abs. 2 StGB) sowie Beihilfe zu Verstößen gegen das Waffenrecht (§ 22a Abs. 1 Nr. 2 KrWaffKontrG und § 52 Abs. 1 WaffG, § 27 StGB) angeklagt.

In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

Die Angeschuldigten schlossen sich spätestens Mitte Januar 2022 zu einer Gruppierung zusammen, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, mittels Gewalt sowie zumindest unter Inkaufnahme von Todesopfern in Deutschland bürgerkriegsähnliche Zustände auszulösen und damit den Sturz der Bundesregierung und der parlamentarischen Demokratie herbeizuführen. Hintergrund ist, dass die Angeschuldigten einer maßgeblich durch Elisabeth R. geprägten Ideologie folgen, nach der die auf dem Grundgesetz beruhende staatliche Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland keine Geltung beanspruchen könne. Vielmehr existiere das Deutsche Reich auf Grundlage der Verfassung von 1871 weiter. Daher müsse hier wieder ein autoritär geprägtes Regierungssystem nach dem Vorbild des Deutschen Kaiserreichs etabliert werden.

Um die Staatsgewalt in Deutschland zu übernehmen, trafen die Angeschuldigten zunehmend konkrete Vorbereitungen. Die Vereinigung organisierte sich in zwei verschiedenen Armen. Sven B., Thomas K. und Thomas O. gehörten zum operativen "militärischen Zweig", während Elisabeth R. und Michael H. sich in den "administrativen Zweig" einbrachten. Die Gruppierung entwarf einen dreistufigen Aktionsplan, der miteinander verzahnte Maßnahmen vorsah: Zunächst sollte durch die Beschädigung oder Zerstörung wichtiger Einrichtungen zur Stromversorgung ein längerdauernder bundesweiter Stromausfall ("Blackout") verursacht werden. Sodann sei ein hochrangiger Regierungsvertreter, namentlich der amtierende Bundesminister für Gesundheit, Prof. Dr. Karl Lauterbach, gegebenenfalls nach Tötung seiner Personenschützer, gewaltsam zu entführen. Die daraus nach Vorstellung der Angeschuldigten resultierenden bürgerkriegsähnlichen Zustände sollten es der Vereinigung schließlich ermöglichen, in Berlin öffentlichkeitswirksam eine "konstituierende Versammlung" anzuberaumen, welche die bisherige Regierung offiziell absetzen und eine neue "Führungsperson" bestimmen würde. Für die Zeit nach der geplanten Machtübernahme war vorgesehen, dass Sven B., Michael H., Thomas O. und Elisabeth R. zentrale Funktionen in der neuen Exekutive wahrnehmen.

Zur Realisierung ihrer Umsturzpläne suchten Sven B. und Thomas O. schon spätestens seit Oktober 2021 in verschiedenen Telegram-Chatgruppen nach Unterstützung. Zwischen Mitte Dezember 2021 und Mitte Februar 2022 fanden unter wechselnder Beteiligung aller Angeschuldigten insgesamt vier Zusammenkünfte in Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen statt. Im Rahmen dieser Treffen wurde das weitere konkrete Vorgehen geplant und fortentwickelt. Dabei waren zum Teil weitere mutmaßlich gleichgesinnte Personen anwesend, von denen man sich eine Beteiligung versprach.

Thomas O. war federführend für die Planung des "Blackout" zuständig. Hierzu kundschaftete er mehrere aus seiner Sicht anschlagsgeeignete Objekte aus und beschaffte sich Kartenmaterial zur Strominfrastruktur. Sven B. nahm für sich innerhalb des "militärischen Zweigs" eine Führungsposition in Anspruch. Er sollte die Entführung von Prof. Dr. Karl Lauterbach leiten und mit militärischen Mitteln den Zusammentritt der "konstituierenden Versammlung" absichern. Thomas O. und Sven B. versuchten, Waffen und Sprengstoff für die Vereinigung zu beschaffen. Mehrere Tonnen wollten sie aus dem ehemaligen Jugoslawien einführen. Sven B. war in den Transfer von Finanzmitteln für den Waffenerwerb involviert und steuerte auch eigene Vermögenswerte bei. Thomas O. wurde festgenommen, nachdem er zwei vollautomatische Sturmgewehre des Typs AK 47 sowie vier Kurzwaffen der Marke Glock nebst Munition bestellt und erhalten hatte.

Michael H. war unter anderem damit betraut, unmittelbar vor der Anberaumung der "konstituierenden Versammlung" eine sogenannte "False Flag"-Aktion zu inszenieren, bei der ein Schauspieler den amtierenden Bundespräsidenten oder Bundeskanzler in einer Live-Sendung im Fernsehen imitieren und verlautbaren sollte, dass die Bundesregierung abgesetzt sei und nunmehr wieder die Verfassung von 1871 gelte. Elisabeth R. war gemeinsam mit Sven B., Michael M. und Thomas T. mit der Anwerbung potentieller Vereinigungsmitglieder befasst. Sie drang auf eine rasche Umsetzung des Vorhabens und nannte dazu wiederholt bestimmte Termine. Zudem verfasste sie diverse Schriftstücke, die bei den geplanten Aktionen Verwendung finden sollten.

Thomas K. stellte eine Beteiligung an der Umsetzung des Vereinigungsziels mit eigenen Schusswaffen in Aussicht. Ihm war eine Rolle bei der Verursachung von Stromausfällen zugedacht.

Sven B., Michael H., Thomas O. und Thomas K. wurden am 13. April 2022 festgenommen und befinden sich seitdem in Untersuchungshaft. Grundlage hierfür war zunächst ein Haftbefehl des Amtsgerichts Koblenz und seit dem 24. Mai 2022 der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs. Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen am 26. April 2022 übernommen (vgl. Pressemitteilung Nr. 31 vom 26. April 2022). Elisabeth R. wurde am 13. Oktober 2022 festgenommen. Sie befindet sich seitdem in Untersuchungshaft (vgl. Pressemitteilungen Nr. 63 und Nr. 64 vom 13. Oktober 2022).

Rückfragen bitte an:

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)
Dr. Ines Peterson
Staatsanwältin beim BGH
Brauerstr. 30
76135 Karlsruhe
Telefon: 0721 8191-4100
Fax: 0721 8191-8492
E-Mail: presse@generalbundesanwalt.de
http://www.generalbundesanwalt.de/

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