Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)
GBA: Anklage gegen ein mutmaßliches Mitglied einer syrischen regimezugehörigen Miliz wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen erhoben
Karlsruhe (ots)
Die Bundesanwaltschaft hat am 26. März 2024 vor dem Staatsschutzsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg Anklage gegen
den syrischen Staatsangehörigen Ahmad H.
erhoben.
Der Angeschuldigte ist der Begehung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs. 1 Nrn. 3, 5 und 9 VStGB) sowie Kriegsverbrechen gegen Personen (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 StGB) und gegen Eigentum (§ 9 Abs. 1 VStGB) in 21 Fällen hinreichend verdächtig. Die zur Last gelegten Verhaltensweisen erfüllen zum Teil auch Tatbestände nach dem StGB.
In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:
Spätestens seit Ende April 2011 ging das Regime in Syrien mit zunehmend brutaler Gewalt gegen Kritiker im Land vor. Den syrischen Geheimdiensten kam dabei eine wesentliche Rolle zu. Das Ziel war es, die damalige Protestbewegung mit Hilfe von Sicherheitskräften bereits zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu unterbinden und die Bevölkerung einzuschüchtern. Hierzu wurden überall im Land tatsächliche oder vermeintliche Oppositionelle ohne Rechtsgrundlage festgenommen, inhaftiert, gefoltert und häufig getötet. Anfang 2012 weiteten sich die Spannungen in Syrien zu einem großflächigen Bürgerkrieg aus, bei dem sich insbesondere die staatlichen syrischen Kräfte und bewaffnete oppositionelle Gruppierungen bekämpften.
Ahmad H. agierte jedenfalls in der Zeit von 2012 bis 2015 als Mitglied einer in die "National Defence Forces" eingegliederten "Shabiha-Miliz" im Damaszener Stadtviertel At-Tadamon. Im Auftrag des syrischen Regimes hatte diese Miliz die Aufgabe, zusammen mit der Abteilung 227 des syrischen Militärischen Geheimdienstes oppositionelle Bestrebungen in At-Tadamon gewaltsam zu unterdrücken. Dort töteten am 16. April und 16. Oktober 2013 Mitglieder der Abteilung 227 im Rahmen von Massenexekutionen mindestens 47 Zivilisten.
Ahmad A. betrieb mit seiner Miliz Checkpoints in At-Tadamon. Dort und an anderen Orten im Stadtviertel nahm die Gruppierung regelmäßig Personen willkürlich fest, um von diesen oder deren Angehörigen Gelder zu erpressen, sie zu Zwangsarbeit zu verpflichten oder sie zu foltern. Der Angeschuldigte beteiligte sich persönlich an der Misshandlung von Zivilpersonen. Bei einem Vorfall im Jahr 2013 schlug er einen von der Miliz festgenommenen Mann ins Gesicht und instruierte weitere Mitglieder der Gruppierung, den Gefangenen über Stunden hinweg brutal mit Plastikrohren zu traktieren. Im Herbst 2014 schlug und trat Ahmad H. gemeinsam mit anderen Milizionären und Mitarbeitern des syrischen Militärischen Geheimdienstes an einem Checkpoint vielfach auf einen Zivilisten ein. Der Angeschuldigte packte das Opfer an den Haaren und knallte seinen Kopf auf den Bürgersteig. Sodann fesselte er den Mann, bevor dieser von der Miliz abtransportiert wurde. Zwischen Dezember 2012 und Sommer 2014 verhaftete Ahmad H. bei insgesamt neun Gelegenheiten an verschiedenen Checkpoints in At-Tadamon zahlreiche Zivilisten und zwang diese jeweils für mehrere Stunden, Sandsäcke an die nahegelegene Front zu transportieren. Dort arbeiteten die Gefangenen unter wiederholtem Beschuss und ohne Versorgung mit Nahrung und Wasser. Zum Teil wurden sie von dem Angeschuldigten oder anderen Milizangehörigen misshandelt. In einigen Fällen nahm ihnen Ahmad A. Bargeld und Mobiltelefone ab und behielt diese für sich. Darüber hinaus bedienten sich der Angeschuldigte oder auf sein Geheiß dessen Familienangehörige und andere Milizionäre noch bis einschließlich November 2015 in diversen Fällen an Waren aus Geschäften im Stadtviertel, ohne dafür zu bezahlen.
Ahmad H. war am 2. August 2023 festgenommen worden und befindet sich weiterhin in Untersuchungshaft (vgl. Pressemitteilung Nr. 36 vom 3. August 2023). Grundlage hierfür war zunächst ein Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 26. Juli 2023, der mit Beschluss vom 25. Januar 2024 neu gefasst wurde.
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