LKA-HE: Im Einsatz gegen Kinderpornografie und sexuelle Gewalt: BAO FOKUS durchsucht 39 Wohnungen
Auch jugendliche Tatverdächtige
Wiesbaden (ots)
Einer Schülerin und einem Schüler aus Westhessen werden die diesjährigen Sommerferien wohl in besonderer Erinnerung bleiben. Der Grund: Am vergangenen Donnerstag stellten Ermittlerinnen und Ermittler der BAO FOKUS die Smartphones der 14 und 16 Jahre alten Jugendlichen wegen Kinderpornografie sicher. Sie sollen ein Video, auf dem eine ihnen bekannte Jugendliche beim Masturbieren zu sehen ist, an andere Personen mittels Messenger weitergeleitet haben.
Die Sicherstellung des Smartphones des jungen Mannes fand im Rahmen von Schwerpunktmaßnahmen der BAO FOKUS statt, die ihr Augenmerk auf die Bekämpfung von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen gerichtet hat. Insgesamt 173 Beamtinnen und Beamte der hessischen Polizei waren dabei in der vergangenen Woche im Einsatz. Sie durchsuchten insgesamt 39 Wohnungen, stellten 132 Speichermedien sicher und führten vier Vernehmungen durch.
45 der Beschuldigten werden Herstellung, Besitz und Verbreitung von Kinder- oder Jugendpornografie zur Last gelegt, einem von ihnen sexueller Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen. Die 40 Männer und sechs Frauen im Alter von 12 bis 62 Jahren stehen nach jetzigem Kenntnisstand untereinander nicht in Kontakt.
Über 50 Prozent der Tatverdächtigen sind jünger als 21 Jahre
Bei dem jüngst in Blick genommenen 14- und 16-Jährigen aus Westhessen handelt es sich nicht um einen Einzelfall: Bereits in der Vergangenheit hatten die hessischen Ermittlerinnen und Ermittler der BAO FOKUS es mit jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten zu tun. 2020 registrierte die Polizei in Hessen in den Deliktsbereichen Verbreitung, Besitz und Herstellung von Kinder- und Jugendpornografie insgesamt 1.564 Fälle. Bei 45,6 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen handelte es sich um Erwachsene. Die restlichen 54,4 Prozent verteilten sich auf rund 8,0 Prozent Heranwachsende (unter 21 Jahren), 35,7 Prozent Jugendliche (unter 18 Jahren) und 10,6 Prozent Kinder (unter 14 Jahren).
Cybercrime-Berater: Wegsehen ist keine Option
"Vielen, aber längst nicht allen Jugendlichen ist die Tragweite ihres Handelns bewusst", sagt Johannes Bittner, Cybercrime-Berater des Polizeipräsidiums Osthessen. Manchmal führe Leichtsinn, die Gewohnheit alles mittels Smartphone unreflektiert weiterzuleiten oder schlicht Unkenntnis dazu, dass junge Menschen sich strafbar machen. "Es ist wichtig zu wissen, dass bereits der Besitz eines einzigen kinderpornographischen Bildes verboten ist und strafrechtlich verfolgt wird. Dabei ist es erst einmal egal, ob ein solches Bild oder Video gewollt oder ungewollt in den eigenen Besitz gelangt ist."
Doch wie verhält man sich korrekt, wenn man ein solches Bild gesendet bekommen hat? Bittner: "Am besten ist es, man distanziert sich sofort von den Inhalten und informiert unverzüglich die Polizei. Wegsehen ist keine Option, hinter den Aufnahmen stehen echte Kinder, echte Opfer. Auf keinen Fall darf man solche Bilder oder Videos weiterleiten, auch nicht an Eltern, Lehrer oder andere Vertrauenspersonen. Wirklich an niemanden."
Alles andere als spaßig sei es auch, Pornos an Freunde oder Mitschüler unter 18 Jahren zu schicken, sagt Bittner. "Das ist ebenfalls strafbar und kann als sexueller Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen geahndet werden." Sein Appell an Eltern und Lehrer: "Mit den Kindern offen über das Thema reden, in einen Dialog treten, enttabuisieren, aufklären und Grenzen deutlich machen. Wichtig ist, Kinder bei den ersten digitalen Gehversuchen und darüber hinaus aktiv zu begleiten." Weitere Informationen - etwa zur Aufklärung und Strafbarkeit - hat das Polizeipräsidium Osthessen auf der Homepage https://digitalnative-hessen.de/ zusammengestellt.
Ermittlungen in jedem der sieben hessischen Polizeipräsidien
Die BAO FOKUS (Besondere Aufbauorganisation für fallübergreifende Organisationsstruktur gegen Kinderpornografie und sexuellen Missbrauch von Kindern) bündelt seit Oktober 2020 landesweit die polizeilichen Maßnahmen im Bereich der Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen. Sie ist im Hessischen Landeskriminalamt angesiedelt. In jedem der sieben hessischen Polizeipräsidien wurden Regionalabschnitte eingerichtet.
Alle sieben Regionalabschnitte waren bei den jüngsten Maßnahmen beteiligt. Durchsucht wurde unter anderem bei vier Beschuldigten in Frankfurt am Main, bei jeweils zwei in Gießen, Rüsselsheim und Wiesbaden sowie jeweils einem Beschuldigten in Kassel, Fulda und Offenbach.
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