Polizeipräsidium Frankfurt am Main
POL-F: 220919 - 1080 Frankfurt-Innenstadt: Null Toleranz bei queerfeindlichen Übergriffen - Polizeipräsident Müller im Sicherheitsausschuss der Stadt
Frankfurt (ots)
(hol) In den vergangenen Monaten kam es an den Wochenenden im Bereich um die Zeil wiederholt zu verbalen und körperlichen Angriffen auf Angehörige der LSBT*IQ Community. Aus diesem Grund hat die Frankfurter Polizei ihre Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Kriminalitätsbekämpfung in der Innenstadt mit einem erweiterten und flexiblen Einsatzkonzept sowie verstärktem Personalansatz intensiviert. Polizeipräsident Stefan Müller stellte dies sowie weitere Maßnahmen, unterstützt durch Frau Polizeihauptkommissarin Thomas als "Ansprechperson gleichgeschlechtlicher Lebensweise" (AgL) und Herrn Polizeihauptkommissar Block-Löwer, den Leiter des Einsatzes anlässlich des "Christopher Street Day" (CSD), am Abend des 19.09.2022 im Sicherheitsausschuss der Stadt Frankfurt vor.
"Die Frankfurter Polizei steht tagtäglich und rund um die Uhr für die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger ein. Weltoffenheit, Vielfalt, Toleranz und Respekt sind dabei unumstößliche Grundsätze des polizeilichen Handelns. Es ist vollkommen inakzeptabel, dass sich Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, sexuellen Identität und ihrer äußeren Erscheinung in bestimmten Straßen nicht mehr sicher fühlen. Ich stelle deshalb klar, dass es "Null-Toleranz" der Polizei bei queerfeindlichen Übergriffen gibt". Mit diesen Worten leitete Stefan Müller die Vorstellung der polizeilichen Strategie hinsichtlich queerfeindlicher Straftaten ein.
Ein erster Schritt als Reaktion auf die Straftaten war bereits Mitte Juli die Anpassung des Einsatzkonzepts für den CSD. Diese beinhaltete die Erhöhung der Anzahl eingesetzter Polizistinnen und Polizisten, vor allem im Nachgang der täglichen Veranstaltungen. Zudem fuhr in diesem Jahr die Polizei erstmals als Teilnehmende in der CSD-Demonstration mit und stattete ihre auf der Veranstaltung eingesetzten, uniformierten AgL mit Regenbogenarmbinden aus.
Zeitgleich etablierte die Frankfurter Polizei ein modifiziertes Präsenz- und Schutzkonzept im Regenbogenviertel an den Wochenenden, um Straftaten zu verhindern bzw. die Wahrscheinlichkeit von Festnahmen nach queerfeindlichen Übergriffen zu erhöhen und gleichzeitig für die Community wahrnehmbarer und somit ansprechbarer zu sein.
Die Einrichtung einer temporären Videoschutzzone im Szeneviertel, über die nach den letzten Übergriffen kontrovers diskutiert wurde, stellt die Polizei nach aktueller Bewertung zunächst zurück, auch wenn die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Der Grund dafür liegt in der nach Einschätzung des Polizeipräsidiums eher kritischen bis sogar ablehnenden Einstellung der LSBT*IQ Community zu diesem Thema. Die Installation einer solchen Videoschutzanlage steht derzeit dem übergeordneten Ziel des Vertrauensaufbaus und der Erhöhung der Anzeigebereitschaft entgegen. Durch die polizeiliche Präsenz am Wochenende ist zudem ein erhöhter Grundschutz gegeben.
Das Polizeipräsidium Frankfurt befindet sich in einem stetigen Austausch mit seinen Sicherheitspartnern bei der Stadt Frankfurt und hält über die AgL zusätzlich einen engen Kontakt zu der queeren Community. Ziel dieses kontinuierlichen Dialogs ist es, die Akzeptanz und das Vertrauen weiter auszubauen, Bedarfe der Community aufzunehmen und so letztendlich auch Vorbehalte gegenüber der Polizei und die damit verbundene fehlende Anzeigebereitschaft bei queerfeindlichen Straftaten abzubauen. Aus diesem Grund besuchte der Frankfurter Polizeipräsident Stefan Müller am vergangenen Freitagabend gemeinsam mit dem Leiter des 1. Polizeireviers, Herrn Polizeirat Andreas Börstler, und Frau Polizeihauptkommissarin Thomas mehrere Bars und Clubs im Szeneviertel und suchte das Gespräch mit den Betreibern. So gelang es dem Polizeipräsidenten die aktuelle Stimmungslage aufzunehmen und insbesondere mit Blick auf die Vorbehalte gegenüber der Polizei Möglichkeiten einer verbesserten Anzeigebereitschaft nach queerfeindlichen Straftaten zu erörtern.
Aktuell werden den Polizeibeamtinnen und -beamten bereits Hilfestellungen, bspw. für den Umgang mit trans*, inter* und nichtbinären Menschen, an die Hand gegeben. Zudem plant die Polizei Frankfurt ab Herbst ein internes Fortbildungsangebot mit thematischen Bezug zunächst auf zwei Innenstadtrevieren sowie der sachbearbeitenden Staatsschutzdienststelle. In diesem Zusammenhang fand bereits am 30.08.22 ein Gespräch im Polizeipräsidium Frankfurt mit Vertretern der Aidshilfe Frankfurt e.V. und dem Bündnis für Akzeptanz und Vielfalt e.V. sowie den Veranstaltern des CSD statt. In dem Gespräch wurden Möglichkeiten des Vertrauensaufbaus, der Verbesserung der Anzeigebereitschaft bzw. Reduzierung des Dunkelfelds und zukünftiger Zusammenarbeitsformen erörtert. Das Gespräch fand unter Beteiligung von Frau Bürgermeisterin Eskandari-Grünberg und einer Vertreterin der Stabsstelle Antidiskriminierung der Stadt Frankfurt statt. Möglichkeiten der Einbindung der Stabsstelle in den Gesamtprozess wurden im Rahmen dieses ersten Treffens besprochen.
Um einen kontinuierlichen Blick auf queerfeindliche Straftaten zu haben, wurden die Meldewege innerhalb des Polizeipräsidiums optimiert. Dadurch kann bei Hinweisen auf solche Übergriffe polizeilich noch rascher und gezielter reagiert werden. Ferner werden entsprechende Straftaten nun ausschließlich beim Staatsschutzkommissariat der Frankfurter Kriminalpolizei bearbeitet, da die Motivation für solche Taten in den meisten Fällen in einer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (Hasskriminalität) zu finden ist. Gleichwohl geht die Polizei im Zusammenhang mit queerfeindlichen Straftaten von einem sehr hohen Dunkelfeld aus.
Bis zum 06.09.2022 registrierte die Frankfurter Polizei 18 queerfeindliche Straftaten im gesamten Stadtgebiet im Jahr 2022. Der örtliche Schwerpunkt liegt rund um das Szeneviertel nördlich der Konstablerwache und auf der Zeil, der zeitliche in der Nachtzeit bzw. den frühen Morgenstunden, vorwiegend am Wochenende.
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