POL-DO: Gedenkveranstaltung am Volkstrauertag - Rede des Polizeipräsidenten
Dortmund (ots)
Lfd. Nr.: 1343 Am heutigen Tag nahm der Polizeipräsident Gregor Lange an der Gedenkveranstaltung am Ehrenmal auf dem Hauptfriedhof teil. Die vollständige Rede:
"Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Jörder, sehr geehrter Herr Dr. Mühlhofer - ich darf auch die Schülerinnen und Lehrer der Europaschule, eine ganze Reihe von Führungskräften aus dem Polizeipräsidium, städtische und politische Vertreter und ganz besonders auch die Polizeibeamtinnen und -beamten, die hier heute Dienst tun, ganz herzlich begrüßen!
Sie treffen heute - über 100 Jahre nach der Urkatastrophe des 20sten Jahrhunderts, dem 1.Weltkrieg, und 74 Jahre, nachdem mit dem Ende des 2ten Weltkriegs das Ende des fürchterlichen Nazi-Terrors und das Ende eines unvergleichbaren Zivilisationsbruchs besiegelt wurde, auf einen zunehmend nachdenklicher werdenden Polizeipräsidenten.
Hat die Wucht der von Deutschland ausgehenden Menschheitskatastrophe mit weltweit rund 65 Millionen Kriegstoten als Bilanz der NS-Diktatur ausgereicht, um die deutsche Gesellschaft auf Dauer gegen Faschismus, Hass, und Ausgrenzung zu immunisieren? Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben 1949 mit Artikel 1 ein kostbares Fundament in unsere freiheitliche Verfassung gelegt:
"Die Würde des Menschen ist unantastbar" - heißt es da. Nicht etwa: Die Würde des Deutschen, nicht: die Würde des Christen und auch nicht die Würde angeblicher" Patrioten für das Abendland" - unsere Verfassung schützt die Würde aller Menschen, unabhängig von Herkunft, Religion oder Hautfarbe. Hierin liegt der Schlüssel für über 70 Jahre inneren Frieden in Deutschland. Innerer Frieden ist die Voraussetzung für Wohlstand und positive Zukunftsperspektiven für jeden Einzelnen und jede Generation in unserem Land und in unserer Stadt. Und er ist die beste Versicherung gegen Krieg. Doch unser Wertefundament wird in der Zukunft nur fortbestehen, wenn es von überzeugten Demokratinnen und Demokraten aktiv vertreten und gelebt - und immer wieder gegen die Angriffe ihrer Feinde selbstbewusst verteidigt wird. Aktuelle Entwicklungen in unserem Land fordern gerade jetzt ein beherztes Engagement von Staat und Gesellschaft.
Wie müssen sich Menschen fühlen, die vor Krieg und Terror aus ihren Heimatländern zu uns geflohen sind und dann hier mit Hass, Hetze, Gewalt und Ausgrenzung konfrontiert werden? Welche Gedanken und Gefühle bewegen Menschen jüdischen Glaubens, die - anders als viele ihrer Angehörigen oder Freunde- den Holocaust überlebt haben und heute auf offener Straße antisemitischer Hetze und Gewalt ausgesetzt sind? Was sollen wir denken, wenn rechtspopulistische Parteien selbst nach dem brutalen Anschlag auf eine Synagoge und nach der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten durch einen Rechtsextremisten immer noch Zuspruch bei Teilen der Bevölkerung bekommen? Wie geht es politischen Vertretern unseres demokratischen Rechtsstaats oder ehrenamtlich Engagierten damit, wenn sie im Netz bedroht oder auf offener Straße in SA-Manier angegriffen werden?
Die Polizei Dortmund ist fest entschlossen, alle rechtlichen Instrumente, die ihr der wehrhafte demokratische Rechtsstaat zur Verfügung stellt, auszuschöpfen, um die Bevölkerung vor aggresiv-kämpferischen Verfassungsfeinden zu schützen. Es muss darum gehen, Hass und Hetze, Antisemitismus und Rassismus effektiv zu unterbinden, um gefährlichen geistigen Brandstiftern das Handwerk zu legen. Ich setze dabei auch auf die Mithilfe kluger Staatsanwälte und Richter, die unseren Gesetzen die notwendige Durchschlagskraft geben.
Und schließlich frage mich auch: Wie schwer muss manche Mutter und mancher Vater getroffen sein, deren Söhne oder Töchter in nationalsozialistisches Gedankengut abdriften und sich einer rechtsextremistischen Szene anschließen? Für manche, die sich bewusst entscheiden, gibt es mit Hilfe von staatlichen oder gesellschaftlichen Organisationen einen Weg zurück in unsere Gesellschaft und damit wieder eine positive Zukunftsperspektive. Andere finden niemals einen Weg zurück aus diesem verhängnisvollen Irrweg.
Ich möchte heute mit den Worten des englischen Schriftstellers Charles Reade (1814 - 1884) nach einer chinesischen Weisheit schließen:
Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte, achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen, achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten, achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter, achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal."
Rückfragen bitte an:
Polizei Dortmund
Gunnar Wortmann
Telefon: 0231/132-1028
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