ZOLL-H: Jahresbilanz 2018 des Zollfahndungsamtes Hannover
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Hannover (ots)
- 650 Ermittlungsverfahren gegen 858 Beschuldigte eingeleitet
- 17 Verfahren im Bereich "Organisierte Kriminalität" geführt
- Steuerschäden in Höhe von 53 Mio. Euro ermittelt
- Vermögenswerte im Wert von 7,5 Mio. Euro gesichert
Das Zollfahndungsamt Hannover hat auch im Jahr 2018 wieder wichtige Beiträge zur Kriminali-tätsbekämpfung und Sicherung der Steuereinnahmen geleistet.
Gegenstand der Ermittlungen waren insbesondere Betäubungsmitteldelikte, Verbrauchsteuerstraftaten und die Hinterziehung von Einfuhrabgaben. Ein weiterer Fokus lag auf den Verboten und Beschränkungen beispielsweise i.Z.m. grenzüberschreitenden Verstößen gegen die gesetzlichen Bestimmungen im Bereich Waffen, Sprengstoffe, Arznei- und Dopingmittel.
Es wurden 650 Ermittlungsverfahren mit insgesamt 858 Beschuldigten neu eingeleitet und eine Vielzahl von Verfahren fortgeführt.
17 Ermittlungskomplexe richteten sich gegen Täterkreise, die der Organisierten Kriminalität zuzurechnen sind.
Die international agierenden Gruppierungen zeichnen sich häufig durch ethnisch geprägte Strukturen oder feste Familienverbände und eine entsprechend starke Abschottung nach außen aus. Dabei ist auch zunehmend mit Gewaltbereitschaft zu rechnen, die sich nicht nur gegen Abweichler in den eigenen Reihen sowie Konkurrenten richtet, sondern auch vor den Vertretern des Staates nicht Halt macht.
Für eine nachhaltige Bekämpfung schwerer und Organisierter Kriminalität kommt dem Entzug der illegal erwirtschafteten Taterlöse (Vermögensabschöpfung) eine besondere Bedeutung zu.
In 2018 konnten im Rahmen der Ermittlungen des Zollfahndungsamtes Hannover im In- und Ausland Vermögenswerte von mehr als 7,5 Mio. Euro mit dem Ziel der gerichtlichen Einziehung gesichert werden. Darunter befanden sich neben Bargeldern und Grundstücken vor allem hochpreisi-ge Kraftfahrzeuge, ein Leichtflugzeug und andere Luxusgüter. Bemerkenswert auch die Umsetzung eines Veräußerungsverbotes für eine Motoryacht mit einem Zeitwert von 70.000 Euro, die in einem Hafen in Spanien (Mallorca) liegt.
Der Leiter des Zollfahndungsamtes Hannover, Thomas Lieske:
"Unsere Ermittlungsarbeit wird von Jahr zu Jahr anspruchsvoller. Weil wir uns auf mög-lichst hochkarätige Verfahren konzentrieren, treffen wir zumeist auf professionell agie-rende Straftäter, die ihre Begehungsweisen laufend verändern. Um auf 'Ballhöhe' zu bleiben, erfordert es große Anstrengungen aller Beschäftigten sowie die Bereitschaft, auch unser eigenes Vorgehen immer wieder den Entwicklungen flexibel anzupassen."
Zur Veranschaulichung des Tätigkeitsspektrums nachfolgend einige ausgewählte Fallbeispiele:
Die Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität bildete wieder einen wesentlichen Schwerpunkt der Ermittlungen des Zollfahndungsamtes Hannover einschließlich seiner mit den Länderpolizeien in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen gebildeten Gemeinsamen Ermittlungsgruppen Rauschgift (GER).
In einem Ermittlungsverfahren der GER Bremen, das sich gegen eine Gruppe von türkischen Staatsangehörigen kurdischer Abstammung richtete, unter denen sich die Betreiber mehrerer Gaststätten befanden, wurden bei zwei der Beschuldigten mehr als 27 kg Heroin sichergestellt sowie Grundstoffe und Gerätschaften, die zur Herstellung von Heroin benötigt werden. Die beiden 32- und 33-Jährigen hatten es offensichtlich geschafft, in einer Bremer Wohnung aus einge-schmuggelter Morphinbase mittels eines chemischen Verarbeitungsprozesses das hochwertige Heroin selber zu produzieren.
Die GER Osnabrück konnte den Inhaber einer Arbeitskräftevermittlung als mutmaßlichen Kopf einer Bande überführen, die die Einfuhr und den Verkauf von Kokain aus Kolumbien und von Cannabis aus Spanien organisierte. Dabei bediente er sich einer Reihe von Komplizen, die er arbeitsteilig z.B. als Lagerhalter, Drogentransporteure und Geldkuriere einsetzte. Sein offizielles Unternehmen, welches keine Gewinne abwarf, diente offenbar nur als Tarnung für seinen auf-wändigen Lebensstil. Bei der Festnahme des Hobbypiloten sowie zweier Mitbeschuldigter wurden 2 kg Kokain und au-ßerdem Bargeld, mehrere Kfz und ein Sportflugzeug sichergestellt. Neben den vorausgegangenen Verkäufen von 3 kg Kokain kann dem mehrfach einschlägig vor-bestraften Firmeninhaber auch die Beteiligung an dem Schmuggel von 48 kg Kokain im Wert von 1,3 Mio. Euro aus Kolumbien sowie von 220 kg Marihuana aus Spanien angelastet werden.
Der GER Hannover gelang es im November 2018 bei Durchsuchungen im hannoverschen Stadtgebiet ein breit gefächertes Sortiment an Betäubungsmitteln sicherzustellen: 5,4 kg Crystal, 27,8 kg Ecstasy-Tabletten, rund 15 kg Amphetaminpaste, etwa 10 kg Haschisch, knapp 12 kg Marihuana, kleinere Mengen Kokain und LSD/PEP als sog. "Papertrips" mit einem Straßenverkaufs-wert von insgesamt mehr als 800.000 Euro. Zusätzlich konnten u.a. Streckmittel und 67.200 Euro sichergestellt werden. Auslöser der Maßnahmen war ein Aufgriff der Kontrolleinheit Verkehrswege (KEV) des Hauptzollamtes Magdeburg von 150 g Kokain, 650 g Cannabisprodukten, rund 2 kg Ecstasy-Tabletten sowie ca. 500 g Crystal auf dem Rastplatz Lorkberg, die die Insassen eines Berliner Pkw zuvor in Hannover übernommen hatten. Schlüsselfigur in den Ermittlungen war ein Beschuldigter aus der Nähe von Hannover, der mit weiteren Aufgriffen von aus den Niederlanden eingeschmuggeltem Crystal in Verbindung ge-bracht wird (2 kg Crystal, sichergestellt durch die PD Sachsen-Anhalt Ost in der Nähe von Bern-burg, 10 kg Crystal nebst 9 kg Marihuana, sichergestellt durch die KEV des Hauptzollamtes Hannover auf der BAB 2 bei Wunstorf - jeweils schon in 2017 -, 3 kg Crystal, sichergestellt durch die KEV des Hauptzollamtes Dortmund auf der BAB 2 bei Hamm-Rhynern im Januar 2018).
Jörg Meier, Pressesprecher des Zollfahndungsamtes Hannover:
"Die hohen Sicherstellungszahlen bzgl. Crystal im hiesigen Bezirk deuten auf eine wachsende Nachfrage hin.
Bislang war diese extrem gefährliche Droge aufgrund der Bezugsquellen in Tschechien vor allem ein Problem in den weiter östlich gelegenen Bundesländern und Bayern.
Mit der Verfügbarkeit von Crystal aus den Niederlanden ist zu befürchten, dass sich der Konsum weiter ausbreiten wird."
Daneben war die gesamte Palette der Verbrauchsteuerdelikte Gegenstand der Ermittlungen des Zollfahndungsamtes Hannover.
Wie sich Ermittlungsverfahren in eine unerwartete Richtung entwickeln können, zeigt sich an ei-nem langwierigen OK - Verfahren des Dienstsitzes Bielefeld gegen die Verantwortlichen mehrerer Logistikunternehmen zum international organisierten Zigarettenschmuggel. Der Geschäftsführer einer Paderborner Im- und Exportfirma geriet dabei in den Verdacht, auch Lieferungen mit erheblichen Mengen Spirituosen und Bier aus polnischen, bulgarischen und ita-lienischen Steuerlagern der steuerlichen Überwachung zu entziehen. In das EU-weit genutzte elektronische System zur Erfassung beförderter verbrauchsteuerpflichtiger Waren (EMCS) wurden täterseitig in hoher Anzahl fiktive Lieferungen eingegeben, um einen kontrollierten Warenverkehr und ordnungsgemäße Bestände in den abgebenden und eigenen Steuerlagern vorzutäuschen, während der Alkohol tatsächlich abgezweigt und vornehmlich in Großbritannien schwarz vermarktet wurde. Durch verdeckte Maßnahmen gelang es, sieben illegale Lagerstätten in Großbritannien zu identifizieren. Im Juni 2018 erfolgte im Auftrag der Staatsanwaltschaft Bielefeld eine gemeinsam mit der Steu-erfahndung Bielefeld umgesetzte Durchsuchungs- und Festnahmeaktion mit mehr als 150 Einsatzkräften, bei der sechs Tatbeteiligte aus dem Ermittlungskomplex aufgrund bestehender Haft-befehle festgenommen wurden. In vier durchsuchten Lagerhallen in Minden, Paderborn und Mülheim a.d.R. wurden insgesamt 179.026 Flaschen unversteuerter Spirituosen sichergestellt, die aus Bulgarien und Italien hierher verbracht wurden und für Abnehmer in Deutschland, Schweden, Belgien und Großbritannien bestimmt waren. Der Steuerschaden allein für diese Sicherstellung beträgt über eine halbe Mio. Euro. Insgesamt konnten 40 Fälle der Übernahme und des Vertriebs von zusammen umgerechnet 115.279 Litern reinem Alkohol belegt werden, die nicht versteuert wurden (Schaden rund 1,5 Mio. Euro). Der 41-jährige Geschäftsführer des Paderborner Unternehmens hat die Tatvorwürfe weitgehend eingeräumt und wurde inzwischen vom Landgericht Bielefeld zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Prozess zu dem Zigarettenschmuggel u. a. gegen die Inhaber einer Mindener Spedition (mutmaßlicher Steuerschaden 2,8 Mio. Euro) ist noch nicht endgültig abgeschlossen, da gegen die Urteile mit den ausgesprochenen Haftstrafen Revision eingelegt wurde. Bei den o. g. Durchsuchungen konnten zum Zwecke der Vermögensabschöpfung Bargeld in Hö-he von 525.975 Euro, ein Luxus-SUV, ein Jetski, hochwertige Uhren und weitere werthaltige Konsumgüter gesichert werden. Mit derselben Zielstellung wurden zudem umfangreiche Kontenpfändungen bei den Beschuldigten umgesetzt.
Neben den Ermittlungen zur Hinterziehung von Einfuhrabgaben i.Z.m. massiven Unterfakturierungen und Versandmanipulationen beim Import von Textilien und anderen Waren aus China oder Verstößen gegen die zum Schutz der heimischen Wirtschaft erlassenen Antidumping-Regelungen bei Solarmodulen (jeweils mehrstellige Millionenschäden) spielte auch der Goldschmuggel eine größere Rolle.
In einem der Organisierten Kriminalität zuzuordnenden Verfahrenskomplex wegen der unterfakturierten Einfuhr von Waren aus China wurde einer der Täter im Herbst 2018 zu 3 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt. Ihm konnte ein Steuerschaden von 3,6 Mio. Euro bei 127 Einzeltaten angelastet werden. Weitere 5 Angeklagte müssen sich derzeit vor dem Landgericht Kleve verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, in 527 Einzelfällen einen Steuerschaden von 6,9 Mio. Euro verursacht zu haben.
Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen (VuB):
Für den illegalen Erwerb von Rauschgift und Waffen sowie nicht zugelassener Arzneimittel, Dopingsubstanzen und Pyrotechnik, gewinnt der kriminelle Online-Handel stetig an Bedeutung. Dies betrifft sowohl den Vertrieb über einfach aufrufbare Shops und Verkaufsplattformen im Internet, als auch mannigfaltige illegale Angebote in den schwerer zugänglichen Bereichen des Darknet. Um entsprechende Ermittlungen erfolgreich führen und die Ergebnisse beweissicher aufbereiten zu können, bedarf es eingespielter Teams speziell geschulter Kräfte. Eine enge Zusammenarbeit wird diesbezüglich auch mit der Zentralen Internet Recherche Einheit (ZIRE) des Zollkriminalamtes praktiziert.
Die wesentlichen Ergebnisse des Jahres 2018 in Zahlen zusammengefasst: (Siehe angehängtes PDF-Dokument)
Zusätzliche Informationen zur Organisation des Zollfahndungsamtes Hannover:
Das Zollfahndungsamt Hannover untersteht der im Jahr 2016 eingerichteten Generalzolldirektion (GZD), einer Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums. Es ist Teil des deutschen Zollfahndungsdienstes, den das Zollkriminalamt (Direktion VIII der GZD) sowie bundesweit acht Zollfahndungsämter bilden.
Mit seinen Außenstellen in Bremen, Magdeburg und Bielefeld und rund 300 Beschäftigten ist das Zollfahndungsamt Hannover für weite Teile Niedersachsens, Sachsen-Anhalts, Bremens und für Teile Ostwestfalens zuständig. Damit umfasst der Bezirk ein Gebiet von über 60.000 Quadratki-lometern.
Zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität arbeitet das Zollfahndungsamt Hannover zudem seit vielen Jahren erfolgreich mit den Polizeibehörden der Länder in fünf "Gemeinsamen Ermittlungs-gruppen Rauschgift" zusammen (GER Hannover, Osnabrück, Oldenburg, Bremen und Magde-burg).
Auch bei der Bekämpfung der Geldwäschekriminalität gibt es eine institutionalisierte Zusammen-arbeit spezialisierter Kräfte von Zollfahndung und Polizei in "Gemeinsamen Finanzermittlungs-gruppen" (GFG Hannover und Magdeburg).
Rückfragen bitte an:
Zollfahndungsamt Hannover
Pressestelle
Jörg Meier
Telefon: 0511 91116 - 32
E-Mail: presse@zfah.bfinv.de
http://www.zoll.de
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