POL-HI: Polizeiliche Kriminalstatistik 2022
Hildesheim (ots)
Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2022 für die Polizeiinspektion Hildesheim
- Aufklärungsquote weiterhin auf einem hohen Niveau
- Ende der Pandemie spiegelt sich in Kriminalitätszahlen wieder
- Menschen im Landkreis Hildesheim können sich sicher fühlen
- Gewalt gegen Polizei und Rettungskräfte wird scharf
verurteilt
- Intensivierung der Netzwerkarbeit zur Bekämpfung Häuslicher Gewalt
(Hildesheim). Die Polizeiinspektion Hildesheim veröffentlicht am heutigen Tage die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2022. Nach dem Wegfall der beschränkenden Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hat sich das Leben der Menschen wieder normalisiert und die verschiedensten Möglichkeiten der Zusammenkünfte ermöglicht. So haben wieder Veranstaltungen stattgefunden, die Menschen haben ihre Häuser verlassen und haben wieder Gaststätten, Restaurants und Konzerte besucht. Diese Rückkehr zum normalen Leben hatte nachhaltig Einfluss auf die Ergebnisse der PKS.
"Die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Hildesheim können sich sicher fühlen. Wir haben auch im vergangenen Jahr alles daran gesetzt, Straftaten aufzuklären und Tatverdächtige zu überführen. Parallel dazu haben wir durch eine ausgeprägte Präsenz und kurze Reaktionszeiten immer wieder dafür gesorgt, dass den Menschen schnell polizeiliche Hilfe und Unterstützung zu Teil wurde. Das ist ganz wichtig für das Vertrauen der Bevölkerung in unsere Arbeit. Wir stehen in der Mitte der Gesellschaft, sind eine bürgerorientierte Polizei und setzen auf Vertrauen und Dialog. Herzlichen Dank für die ausgezeichnete Zusammenarbeit an all unsere Netzwerkpartner. Mein ausdrücklicher Dank geht an die Kolleginnen und Kollegen, die den Menschen in unserer Region rund um die Uhr zur Verfügung stehen und einen großen Anteil an der momentanen Sicherheitslage haben", sagt Michael Weiner, Leiter der Polizeiinspektion Hildesheim.
Entwicklung der Fallzahlen und Aufklärungsquote
Der Trend sinkender Fallzahlen hat sich im Berichtszeitraum 2022 nicht fortgesetzt. 2021 wurde mit 14.891 Taten der niedrigste Wert seit 2012 verzeichnet. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Straftaten auf 16.686 Fälle, und somit auf das Niveau vor der Corona-Pandemie, gestiegen. Von den registrierten Taten wurden 10.342 aufgeklärt. Die daraus resultierende Aufklärungsquote beträgt demnach 61,98 Prozent und liegt 2,27 Prozent unter dem Vorjahreswert, jedoch leicht über dem Landesdurchschnitt, der 61,73 Prozent beträgt. Mit den gestiegenen Fallzahlen ging eine Erhöhung von Delikten mit unbekannten Tatverdächtigen einher, was sich letztendlich in der Gesamtaufklärungsquote widerspiegelte.
Zunahme von minderjährigen und heranwachsenden Tatverdächtigen
Die Anzahl von minderjährigen und heranwachsenden Tatverdächtigen hat im Berichtsjahr 2022 in allen Altersgruppen zugenommen. So stieg der Anteil der tatverdächtigen Kinder (unter 14 Jahre) von 260 auf 308. Den größten Zuwachs verzeichneten jugendliche Tatverdächtige (14-17 Jahre). Ihr Anteil stieg von 570 auf 744. Bei den 18 - 21-Jährigen stieg deren Anteil bei der Begehung von Straftaten von 534 auf 578. Die jungen Menschen fallen in den meisten Fällen bei Ladendiebstählen und Körperverletzungsdelikten auf. Die Polizei setzt hier auf Prävention und arbeitet mit Kindergärten und Schulen eng zusammen.
Anstieg bei Wohnungseinbruchdiebstählen
In diesem Deliktsfeld hat es eine Zunahme der Taten gegeben. Wurden im Jahr 2021 noch 136 Fälle registriert, so waren es im vergangenen Jahr 214. Gleichzeitig sank die Aufklärungsquote von 26,47 auf 21,03 Prozent. Von den 214 Fällen handelte es sich bei 94 Taten um Versuche, was einer Quote von 44 Prozent entspricht. Dies lässt allerdings den Rückschluss zu, dass sich die Präventionsarbeit der Polizei auszahlt und die Bürgerinnen und Bürger in die Sicherheit ihres Heims investieren. Während der Pandemie dürften Einbrechern schlicht die Gelegenheiten gefehlt haben, weil sich die Menschen verstärkt im häuslichen Umfeld aufhielten. Nach Wegfall der Corona-Maßnahmen beschleunigte sich das Leben wieder. Bürgerinnen und Bürger waren häufiger unterwegs. Genau diesen Umstand machen sich die Täter nach kriminalistischer Erfahrung zunutze, weil es ihnen gerade darauf ankommt, bei ihren Beutezügen nicht gestört zu werden.
Immer mehr Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte/-innen und Rettungskräfte
Nachdem es 2021 mit 87 Fällen einen leichten Rückgang von Aggressionsdelikten gegen Polizeibeamte/-innen im Vergleich zum Vorjahr gab, stieg die Zahl im vergangenen Jahr wieder an. 115 Fälle registrierte die Polizeiinspektion Hildesheim in diesem Bereich. Die Anzahl von Widerständen bei Vornahmen von Vollstreckungshandlungen (dazu zählen z.B. Identitätsfeststellungen, Festnahmen oder Blutprobenentnahmen) nahm von 45 im Jahr 2021 auf 57 im Berichtszeitjahr 2022 zu. Die Zahl der tätlichen Angriffe stieg von 28 auf 36 Fälle. Und auch bei den Rohheitsdelikten, wie z.B. Nötigung oder Bedrohung, wurde ein Anstieg von 14 auf 22 Taten verzeichnet. Im Bereich der Gewalt gegen Rettungsdienste ist die Anzahl der Fälle mit 12 Taten auf dem Niveau des Vorjahres geblieben. Zur Entwicklung dieses Phänomens bezieht die Präsidentin der Polizeidirektion Göttingen, Frau Gwendolin von der Osten, klar Stellung: "Die einschreitenden Kräfte werden von einigen Bürgerinnen und Bürgern anscheinend immer weniger akzeptiert. Dieses Verhalten ist moralisch zu tiefst verwerflich und schwächt die Allgemeinheit. Gleichzeitig sind Gewaltprävention und vor allem eine gesellschaftliche Ächtung erforderlich - in der Bevölkerung muss ein Umdenken einsetzen. Man muss sich klarmachen: Verletzte Einsatzkräfte sind oftmals für eine gewisse Zeit nicht dienstfähig und stehen ihren Mitmenschen in dieser Zeit nicht zur Verfügung." Ein wichtiges Einsatzmittel im Zusammenhang mit Aggressionsdelikten gegenüber der Polizei stellt nach wie vor die Bodycam dar. Neben einer deeskalierenden Wirkung wird nicht nur das Verhalten des polizeilichen Gegenübers, sondern auch das der einschreitenden Beamten/-innen objektiv dokumentiert, war für eine nachträgliche Bewertung, insbesondere bei der Zwangsanwendung, von großem Wert ist.
Steigende Vorgänge bei Häuslicher Gewalt
Im Bereich der Häuslichen Gewalt gab es einen Anstieg der Fallzahlen. Während im Jahr 2021 890 Taten erfasst wurden, erhöhte sich die Anzahl 2022 auf 943 Fälle. Nach der Einführung einer geänderten bundesweiten Definition Ende 2021, ist eine vergleichbare Betrachtung mit zurückliegenden Berichtsjahren jedoch nicht möglich. Hinzu kommt, dass die niedersächsische Dunkelfeldstudie dokumentierte, dass nur ein geringer Anteil dieser Straftaten überhaupt angezeigt wird. Mit 525 Delikten nehmen Körperverletzungsdelikte einen Großteil der Taten ein. In 27 Fällen handelte es sich um Opfer von Sexualdelikten. Zweimal ermittelte die Polizei wegen versuchten und zwei weitere Male wegen vollendeten Mordes. Ferner wurden in vier Fällen Ermittlungen wegen Totschlags geführt, wobei es sich in drei Fällen um Versuchstaten handelte. Die Opfer von Häuslicher Gewalt sind zum großen Teil weiblich. 2022 wurden in diesem Zusammenhang 572 Fälle registriert.
Die Polizeipräsidentin führt dazu aus: "Es kann nicht sein, dass der gefährlichste Ort für Frauen das eigene Zuhause ist. Deswegen werden wir auch in Zukunft einen besonderen Fokus auf die Bekämpfung von Straftaten im häuslichen Umfeld legen - und zwar unter Zuhilfenahme aller Mittel, die uns zur Verfügung stehen. Gewalt gegen Frauen ist nicht hinnehmbar. Das werden wir ganz deutlich klarmachen und an die Gesamtbevölkerung appellieren, diese Straftaten anzuzeigen - denn genau das sind sie: schwere Straftaten. Dass das zwingend erforderlich ist, zeigt auch das Ergebnis der jüngsten Dunkelfeldstudie des LKA Niedersachsen. Häusliche Gewalt darf kein Tabuthema mehr sein."
Die Polizeiinspektion Hildesheim arbeitet in diesem Handlungsfeld noch enger und intensiver mit Netzwerkpartnern zusammen. Am 06. Februar dieses Jahres haben sich auf Einladung von Inspektionsleiter Michael Weiner Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Partnerstellen zusammengefunden, um eine neue Kooperationsvereinbarung zu unterzeichnen. Diese hat zum Ziel, Häusliche Gewalt noch intensiver zu bekämpfen. https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/57621/5434216
Straftaten zum Nachteil älterer Menschen (SäM)
Hierbei handelt es sich insbesondere um Betrugsdelikte und Trickdiebstähle. Zu den Hauptphänomenen zählen dabei falsche Handwerker oder Gewinnversprechen sowie Enkeltrick und falscher Polizeibeamter, wobei diese Maschen oftmals miteinander kombiniert werden.
Mit 623 Taten ist die Anzahl der Fälle, in denen das Geld und/oder Wertgegenstände lebensälterer Personen im Fokus der Täter stehen, annähernd gleich im Vergleich mit dem Vorjahr (624 Fälle). Allerdings hat sich der Gesamtschaden erheblich erhöht. Waren es 2021 noch rund 630.000 Euro, stieg die Summe 2022 auf etwa 930.000 Euro. Der Grund hierfür dürfte die gestiegene Anzahl der vollendeten Taten sein, also jener Delikte, bei denen das Vermögen der Geschädigten in die Hände der Täter fiel. Im Jahr 2021 wurden 99 Fälle gezählt, bei denen die Täter Erfolg mit ihren Maschen hatten. 2022 waren es hingegen 171 Fälle, damit aber weiterhin wesentlich weniger vollendete Taten als in den Jahren 2018 bis 2020 mit jeweils 400 bis fast 500 Fällen. Neben intensiven Ermittlungen in diesem Bereich leistet die Polizei umfangreiche Präventionsarbeit und berichtet regelmäßig über unterschiedliche Kanäle medial über die Machenschaften der Straftäter, um die Bürgerinnen und Bürger vor diesen zu warnen. Bei einem Gros der Taten, nämlich 452, handelte es sich 2022 um Versuchsdelikte, was belegt, dass sich die Präventionsarbeit auszahlt. Noch in den Jahren 2018 und 2019 überwogen die vollendeten Taten. 2020 war hier eine erste Umkehr feststellbar. Die Bekämpfung dieses Phänomens wird auch weiterhin einen Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit bilden.
Im Oktober 2022 konnte in diesem Zusammenhang ein 32-jähriger Tatverdächtiger festgenommen werden, als er bei einer älteren Frau aus Gronau eine fünfstellige Geldsumme abholen wollte. Der Senioren wurde zuvor telefonisch mitgeteilt, dass ihre Enkeltochter angeblich einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht habe und nur durch Zahlung einer Kaution auf freien Fuß käme. Die Geschädigte, zwischenzeitlich misstrauisch geworden war, hatte jedoch die Polizei alarmiert. Die Staatsanwaltschaft Hildesheim hat gegen den Tatverdächtigen wegen dieser und weiterer Taten im Bundesgebiet die Anklage vor dem Landgericht Hildesheim erhoben. Der Prozess soll im April 2023 beginnen.
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
Bei den Sexualdelikten wurde eine leichte Zunahme der Taten von 400 im Jahr 2021 auf 428 Fälle im Jahr 2022 registriert. Im Deliktsfeld der Kinder- und Jugendpornografie hat es nochmals eine Steigerung von 176 auf 225 Taten gegeben, die jedoch nicht so signifikant wie im Jahr zuvor war, als ein Anstieg um mehr als das Doppelte verzeichnet wurde. Im Zentralen Kriminaldienst der Polizeiinspektion Hildesheim existiert eine ständige Ermittlungsgruppe, die sehr erfolgreich und engagiert im Bereich der Kinder- und Jugendpornografie ermittelt. Der Anstieg der Fallzahlen ist auch darauf zurück zu führen, dass die Intensität der Ermittlungen durch die Polizei weiter erhöht wurde und die Zusammenarbeit, auch national und international, immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die Polizei setzt modernste Technik wie Künstliche Intelligenz ein, um Tatverdächtige zu ermitteln und die Opfer zu schützen.
Clankriminalität
Bei Straftaten im Clan-Kontext sind die Fallzahlen mit 511 Taten deutlich ansteigend gegenüber 2021, als 157 Taten registriert wurden. Zu erklären ist diese deutliche Steigerung mit der Arbeit einer ständigen Ermittlungsgruppe, die komplexe kriminelle Strukturen im Blick hat und bekämpft. Daraus resultierend führte diese Ermittlungsgruppe einen umfangreichen Komplex wegen gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung gegen drei Hauptbeschuldigte. Diese standen im dringenden Tatverdacht, Anhörungsbögen zu Verkehrsordnungswidrigkeiten von Betroffenen entgegengenommen und gegen gewinnbringende Bezahlung dahingehend verfälscht zu haben, dass sich die weiteren Ermittlungen gegen fiktive Personen richteten. Diese Handlungen führten zum Verstreichen von Verjährungsfristen in den Verkehrs-Ordnungswidrigkeitenverfahren, um so die tatsächlichen Fahrer/-innen insbesondere vor Fahrverboten zu verschonen.
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