POL-GOE: (1122/2008) Gezielte Kontrollaktion gegen Alkoholmissbrauch durch Minderjährige - Stark betrunkene 16-Jährige in Krankenhaus eingeliefert
Göttingen (ots)
Göttingen, Innenstadt Samstag/Sonntag, 23./24. August 2008, 18.30 bis 02.30 Uhr
Eine groß angelegte gezielte Kontrollaktion gegen den zunehmenden Alkoholmissbrauch durch Minderjährige und Ordnungsverstöße im öffentlichen Raum (Verunreinigungen, Lärmbelästigungen, Urinieren in der Öffentlichkeit pp.) haben in der Nacht von Samstag auf Sonntag (23./24.08.08) rund 35 Beamtinnen und Beamte des Einsatz- und Streifendienstes I, des 6. Fachkommissariats (Jugendkommissariat) und der Bereitschaftspolizei Göttingen mit Unterstützung von zwei Mitarbeitern des Stadtordnungsdienstes in der Innenstadt von Göttingen und hier insbesondere an beliebten Treffpunkten wie dem Wilhelmsplatz, dem Cheltenhampark und den Schillerwiesen sowie in mehreren Diskotheken durchgeführt.
Die Beamten waren dabei sowohl in ziviler Kleidung als auch in Uniform im Einsatz. Trotz widriger Witterungsverhältnisse wurden die Ordnungshüter schon kurz nach Beginn der Aktion in den Schilleranlagen fündig. Hier saßen fünf Jugendliche aus Groß Lendgen und Gieboldehausen, die sich gerade einen Joint drehten. Vier weitere Jugendliche wurden wenig später auf dem Wilhelmsplatz u. a. mit hochprozentigem Alkohol aufgegriffen.
Aber nicht nur die allgemein bekannten öffentlichen Plätze wurden kontrolliert. In einem abgelegenen Hauseingang auf einem Schulgelände am Albaniplatz stießen die Polizeibeamten gegen 22.30 Uhr auf einen 20 Jahre alten Heranwachsenden aus Göttingen und zwei 16 Jahre alte Mädchen aus Göttingen und Gieboldehausen, die mehrere Wodkaflaschen und Eistee bei sich hatten. Eine der Flaschen des hochprozentigen Getränkes war bereits geleert. Bei der Befragung der Gruppe kam ans Licht, dass der 20-Jährige den Alkohol vermutlich gekauft und verbotenerweise an die minderjährigen Mädchen abgegeben hatte. Er erhielt einen Platzverweis. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet. Die beiden augenscheinlich unter Alkoholeinfluss stehenden jungen Frauen mussten mit zur Wache. Bei Atemalkoholtests pusteten sie 0,82 und 1,14 Promille ins Testgerät. Die 16-Jährige aus Gieboldehausen wurde anschließend in den nächsten Bus nach Hause gesetzt, ihre Freundin musste noch auf der Wache warten, bis ihre Eltern sie in Empfang nahmen.
Auf demselben Schulgelände hielten sich zu diesem Zeitpunkt noch drei weitere Jugendliche auf, bei denen neben Zigaretten und Alkohol auch Marihuana gefunden wurde. Auch sie wurden mit zur Dienststelle genommen und die Eltern informiert.
Am Carree in der Weender Straße griffen andere Einsatzkräfte gegen 23.00 Uhr ein stark alkoholisiertes 16-Jahre altes Mädchen aus Göttingen auf, dass sich bereits mehrfach übergeben hatte. Die Beamten nahmen die Jugendliche zunächst zur Personalienfeststellung mit zur Wache. Als sich ihr Zustand nicht verbesserte, alarmierten sie den Rettungsdienst. Die 16-Jährige kam in ein Krankenhaus. Welche Mengen an Alkohol, was genau und auch wo sie getrunken hatte, ist bislang noch unklar. Der Bereitschaftsdienst des Jugendamtes und die Eltern wurden verständigt und erschienen in der Dienststelle in der Groner Landstraße.
Knapp eine halbe Stunde später wurden zwei Heranwachsende dabei angetroffen, wie sie in Bahnhofsnähe mit einer Schreckschusspistole in die Luft schossen. In ihrer Befragung räumten beide ein, Betäubungsmittel genommen zu haben.
Die Bilanz:
51 Personalienfeststellungen nach dem Gefahrenabwehrgesetz (Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung - Nds. SOG) - davon allein 24 auf dem Wilhelmsplatz, zehn Personalienfeststellungen aus strafprozessualen Gründen, 19 Platzverweisungen, drei Sicherstellungen (zur Gefahrenabwehr) von Alkohol und Tabak, acht Sicherstellungen (Beweismittel pp.), z. B. der Schreckschusswaffe, von Betäubungsmitteln und Ausweispapieren (gefälschter Schülerausweis und gefälschter amtl. Ausweis) sowie neun Inobhutnahmen von Minderjährigen zum Zwecke der Übergabe an die Erziehungsberechtigen.
Eingeleitete Ermittlungsverfahren:
Zwei Verfahren wegen Urkundenfälschung, eines wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (Konsum/Besitz Haschisch und Marihuana), zwei wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, vier wegen Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz (Abgabe von Alkohol und Tabak an Minderjährige), zwei wegen Verstoßes gegen die Stadtverordnung (Urinieren in der Öffentlichkeit) sowie eine Anzeige wegen Falscher Namensangabe.
Gesamtbilanz des Polizeipräsidenten Hans Wargel:
"Die trotz der schlechten Witterung hohe Anzahl an Feststellungen u. a. am Wilhelmsplatz sowie die festgestellten Fälle des Alkoholmissbrauchs durch Minderjährige sind für mich ganz eindeutige Signale und belegen, dass derartige gezielte Kontrollen zwingend notwenig sind. Das Ergebnis bestärkt mich zusätzlich in der Absicht einer Intensivierung der Kontrollmaßnahmen.
Bezogen auf den Wilhelmsplatz möchte sich sagen, dass wir die Sorgen und Nöte der Anwohner und Geschäftsleute ernst nehmen. Wir als Polizei betrachten den Wilhelmsplatz als dauerhaftes Problem mit unterschiedlichen Auswirkungen. Die seit Ende 2006 erhöhte sichtbare Polizeipräsenz und das hohe Engagement der eingesetzten Beamten und Beamtinnen haben sich langfristig ausgezahlt. 15.000 Einsatzstunden haben wir seitdem hier ableistet, so viele wie an keinem anderen Platz in der Innenstadt. Vor dem Hintergrund, dass die Polizei auch viele andere Aufgaben zu erfüllen hat, können wir das nicht mehr steigern. Darüber hinaus sind wir für einige Sachverhalte nicht originär zuständig. Das gilt auch für bestimmte Ordnungsverstöße auf dem Wilhelmsplatz. Im Rahmen unserer gesetzlich festgelegten Eilzuständigkeit schreiten wir hier dennoch in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Göttingen ein, wenn es erforderlich ist.
Eine Einigung mit allen beteiligten Institutionen auf eine gemeinsame Strategie, um den Platz als attraktiven Treffpunkt und Aufenthaltsort zu erhalten, ist vor diesem Hintergrund vorrangiges Ziel, an dem wir konsequent Hand in Hand arbeiten müssen.
Mittlerweile hat sich die Situation normalisiert und die Ordnungsverstöße halten sich in einem für eine Großstadt üblichen Rahmen. Trotzdem werden wir auch weiterhin auf dem Wilhelmsplatz präsent sein und spürbare Kontrollen durchführen, wie auch der Einsatz an diesem Wochenende zeigt. Durch niederschwelliges Einschreiten und konsequente Intervention wollen wir Ordnungsverstöße jeglicher Art von Anfang an unterbinden bzw. konsequent ahnden, um zu verhindern, dass sich Brennpunkte verstärken. Dies bezieht sich natürlich auch auf andere beliebte Treffpunkte in der Innenstadt wie dem Cheltenhampark und den Schillerweisen.
Wenn wir von beliebten Treffpunkten sprechen, spielt aus polizeilicher Sicht leider auch das Thema "Alkoholmissbrauch" durch Minderjährige eine immer größere Rolle. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass das bewusste exzessive Rauschtrinken bei einem Teil der Kinder und Jugendlichen zugenommen hat. Fest steht auch, dass Alkohol ein erheblicher Gewaltkatalysator ist, der eine vermehrte Straftatenbegehung und hier speziell von Gewaltdelikten durch Minderjährige nach sich zieht.
So wurde fast jede fünfte Körperverletzung im Bereich der Polizeidirektion Göttingen im Jahr 2007 von einem unter Alkoholeinfluss stehenden Jugendlichen (14 bis 17 Jahre) und sogar fast jede zweite Tat von einem alkoholisierten Heranwachsenden (18 bis 21 Jahre) begangen. Auch wenn das sog. Flatrate-Trinken in Göttingen kein Problem darstellt, in Bereichen wie z. B. auf dem Wilhelmsplatz und in den Schillerwiesen kann man sicherlich von einem bestehenden Alkoholproblem sprechen, von dem auch Jugendliche und Kinder betroffen sind. Dem können und wollen wir nicht tatenlos zusehen.
Gegen den Alkoholmissbrauch junger Menschen geht die Polizeidirektion Göttingen deshalb mit einem ziel gerichteten Konzept vor, das neben weiteren Aspekten u. a. eine Erhöhung der Polizeipräsenz an bekannten Brennpunkten und eine Intensivierung der Jugendschutzkontrollen bzw. die Durchführung gezielter Schwer- und Brennpunktkontrollen beeinhaltet. Unbegleitete Kinder und Jugendliche, die in der Öffentlichkeit Alkohol konsumieren, werden wir verstärkt gezielt kontrollieren. Hierzu gehören auch Kontrollen an bekannten Treffpunkten wie z. B. Tankstellen, öffentlichen Plätzen und Grünanlagen. Ein eindringlicher Appell richtet sich aber an die Eltern. Sie sind aufgefordert, dem übermäßigen Alkoholkonsum ihrer Kinder zu begegnen.
In der Polizeidirektion Göttingen ist der Schutz von Jugendlichen ein wichtiges Thema, das wir weiter hochhalten werden. Die Verhütung und Verhinderung von Gewalt, eine der großen Aufgaben der Polizei, zählt dazu genauso wie der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Alkoholmissbrauch und seinen schwerwiegenden Folgen. Die Polizei wird deshalb zukünftig noch stärker Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz verfolgen.
Zwar stagniert die Jugendkriminalität in der Polizeidirektion Göttingen in Teilbereichen, die Gewaltkriminalität nimmt hingegen zu und das beschäftigt uns, da bleiben wir am Ball. Durch erhöhten Präsenzdruck, insbesondere an bekannten Brennpunkten, soll Alkoholmissbrauch aber auch Gewaltbereitschaft bereits in einem frühen Stadium erkannt und unterbunden werden", so der Behördenleiter abschließend.
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