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Polizeidirektion Göttingen

POL-GOE: (266/2010) Politisch motivierte Kriminalität in der Polizeidirektion Göttingen - Gewalt von "Links" nimmt zu

Göttingen (ots)

Göttingen, 23. April 2010

GÖTTINGEN (ik) - "Linksmotivierte Straftaten haben 2009 in der Polizeidirektion Göttingen deutlich zugenommen. In allen anderen Bereichen politisch motivierten Kriminalität verzeichnen wir erfreuliche Rückgänge", sagte Polizeipräsident Robert Kruse zur politisch motivierten Kriminalität 2009 in der Polizeidirektion Göttingen.

Im Jahr 2009 gab es insgesamt 536 politisch motivierte Straftaten (2008: 643); das entspricht einem Rückgang der Fallzahlen um knapp 17 Prozent. Auf Landesebene sind die Zahlen von 3.860 im Jahr 2008 auf 3.377 in 2009 gesunken, was einem Rückgang um 12,5 Prozent entspricht. Von den 536 politisch motivierten Straftaten waren insgesamt 249 Straftaten (2008: 278) dem rechtsmotivierten und 240 (2008: 186) dem linksmotivierten Bereich zuzuordnen. Die übrigen Fälle waren politisch motivierte Ausländerkriminalität (Rückgang von 144 auf 4 Fälle) bzw. keiner politischen Richtung (Anstieg von 35 auf 43 Fälle) zuzurechnen.

Die Gesamtzahl der politisch motivierten Kriminalität - Links ist deutlich um 29 Prozent gestiegen. Die hauptsächliche Motivation zur Straftatenbegehung waren der Antifaschismuskampf, die Konfrontation gegen - Rechts - und die Auseinandersetzung mit der Polizei. Besondere Anlässe zur Straftatenbegehung waren zum Beispiel die Demonstrationen anlässlich versammlungsrechtlicher Aktionen von Rechtsextremisten in Bad Nenndorf und die nicht angemeldete Versammlung zum 20. Todestag von Kornelia "Conny" Weßmann in Göttingen.

Während auf Landesebene linke Gewaltdelikte mit 175 Fällen leicht rückläufig waren (2008: 177), stieg die Zahl der Gewaltdelikte im Bereich der PD Göttingen von 20 auf 36 Fälle. "Es ist schon erschreckend", so Robert Kruse, "mit welcher Menschenverachtung versucht wird, eigene Weltanschauungen durchzusetzen. Linke Gewalttäter nehmen hierbei mittlerweile schwere Verletzungen von Menschen bewusst in Kauf. Spätestens hier erweist sich jede Inanspruchnahme moralischer Positionen durch die Täter als Blendwerk."

So verübten am 22. Januar 2010 mutmaßlich linksextremistische Täter einen Brandanschlag auf das Ausländeramt im Kreishaus Göttingen. Hierbei wurde ein Mitarbeiter verletzt und es entstand leichter Sachschaden. "Inzwischen liegt ein kriminaltechnisches Gutachten des Landeskriminalamtes vor. Es hat sich zweifelsfrei bestätigt, dass am 22. Januar eine szenetypische Spreng- und Brandvorrichtung zur Anwendung kam", erklärte Kruse zu diesem Vorfall.

Zwar hatte bereits das Bundeskriminalamt auf eine Zunahme linksmotivierter Gewalttaten hingewiesen. Göttingen hat sich hier inzwischen nach Berlin und Hamburg zu einem Brennpunkt linksmotivierter Gewalttaten entwickelt. Seit Oktober 2006 sind im Stadtgebiet Göttingen 19 Brandanschläge auf 27 Fahrzeuge verübt worden, die einer linksmotivierten Tatserie zugeordnet werden. Bei diesen Brandanschlägen sind insgesamt 26 Fahrzeuge beschädigt oder zerstört worden. Der Sachschaden beläuft sich inzwischen auf insgesamt rund 500.000 Euro. Für die ersten neun Taten hat eine linksextremistische Gruppierung die Verantwortung mittels eines Selbstbezichtungsschreibens übernommen.

Am 14. April 2010 überfielen rund 20 vermutlich linke Gewalttäter einen 23-jährigen Arbeiter aus Brandenburg, weil sie ihn wegen seiner dunklen Kapuzenjacke mit einer bestimmten Markenaufschrift für einen Neonazi hielten. Nur einen Tag später gab es in Göttingen einen erneuten Übergriff. Hierbei verfolgten und bedrängten ebenfalls vermutlich linke Gewalttäter einen 21-jährigen Mann seine Kaputzenjacke auszuziehen. Beide Opfer haben nach polizeilichen Erkenntnissen tatsächlich keine Beziehungen zur rechten Szene. "Straftaten gegen tatsächlich oder vermeintlich Andersdenkende haben in einem Rechtsstaat keinerlei Rechtfertigung und werden unabhängig von der jeweiligen Motivation konsequent verfolgt", erklärte Robert Kruse unter Hinweis auf diese jüngsten Übergriffe.

Im Bereich der politisch rechtsmotivierten Straftaten stellen die so genannten Propagandadelikte mit 163 Fällen (53 %) den größten Teil dar. Bei diesen Delikten handelt es sich z. B. um Farbschmierereien von Hakenkreuzen oder auch um Volksverhetzungen. Die durch Rechtsmotivierte begangenen politischen Gewaltdelikte sind seit 2006 (32 Fälle) rückläufig und im Jahr 2009 auf fünf Fälle gesunken. Hierbei geht es zumeist um Körperverletzungen im Rahmen von Konfrontationen mit politisch Andersdenkenden. "Wir haben durch konsequente gefahrenabwehrrechtliche und strafprozessuale Maßnahmen für eine erhebliche Verunsicherung in der rechten Szene gesorgt. Das hat nachhaltig zu einer Reduzierung der Straftaten geführt. Wir sind damit auf dem richtigen Weg, werden bei der Bekämpfung rechtsmotivierter Straftaten aber nicht nachlassen", so Kruse weiter. Ein Beleg hierfür sind die umfangreichen Durchsuchungsmaßnahmen vom 20.01.2010. Hier durchsuchte die Polizei in den Landkreisen Göttingen, Northeim, Osterode, Hildesheim und der Stadt Braunschweig insgesamt 32 Objekte von Angehörigen oder Kontaktpersonen der rechten Szene. Umfangreiche Sicherstellungen von Waffen, Munition und Propagandamaterial waren das Ergebnis und zugleich ein Beleg für die Affinität der rechten Szene zu Waffen.

Mit Blick auf die angemeldeten Demonstrationen von Neonazis am 05. Juni in Hildesheim und am 14. August in Bad Nenndorf erklärte Kruse, dass die Polizei auch in Zukunft konsequent gegen alle Formen der Gewalt vorgehen werde, unabhängig von einer politischen Richtung oder Motivation. "Wir werden alles tun, um Konfrontationen und Straftaten durch Rechts- oder Linksextremisten zu verhindern."

Zur politisch motivierten Ausländerkriminalität erklärte Kruse, dass der deutliche Rückgang auf die hohe Anzahl von Straftaten im Jahr 2008 zurück zu führen sei, die nahezu ausschließlich einen Ermittlungskomplex der Polizei im Zusammenhang mit Aktivitäten der verbotenen "Arbeiterpartei Kurdistans"(PKK) betrafen. Wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz wurden seinerzeit im Bereich der PD Göttingen insgesamt 135 Strafverfahren eingeleitet. "Der politisch motivierten Ausländerkriminalität muss vor dem Hintergrund der weltweiten Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus weiterhin höchste Aufmerksamkeit gewidmet werden. Hier können wir keine Entwarnung geben," so der Polizeipräsident. Kruse betonte, dass die terroristische Gefahr für Deutschland - und damit auch für Niedersachsen - unvermindert hoch sei.

Die Polizeidirektion Göttingen umfasst die Polizeiinspektionen Göttingen, Hameln-Pyrmont / Holzminden, Hildesheim, Nienburg / Schaumburg und Northeim / Osterode. Sie ist damit für die Sicherheit von rund 1,3 Millionen Einwohnern in acht Landkreisen zuständig.

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