POL-GOE: (530/03) "Es gibt keinen reinen Satanismus" - Ingolf Christiansen an der Fachhochschule
Göttingen (ots)
Hann. Münden (rh) Vor insgesamt ca. 150 Studentinnen und Studenten, dem Lehrpersonal sowie den Angehörigen der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Fachbereich Polizei in Hann. Münden referierte am Montag (05.05.03) der Beauftragte für Weltanschauungsfragen in der Evangelischen-lutherischen Landeskirche Hannover Ingolf Christiansen gut zwei Stunden über "Satanismus - Faszination des Bösen. Phänomenologie und Ritualpraxis unter besonderer Berücksichtigung niedersächsischer Organisationen".
"Schwarze Szene" abdriften
"Satanismus in der reinen Form gibt es nicht", mit dieser Kernaussage eröffnete Ingolf Christiansen seinen Ausführungen. Es existiert nach seinem Kenntnisstand zurzeit nur ein Jugendzentristischer Satanismus, der sich aus der zunehmenden Brutalisierung der Gesellschaft ergebe. Dabei handelt es sich um einen Abgrenzungsprozess von den Eltern, um eine eigene Identität zu finden. Dieser Vorgang sei ganz normal, betonte Christiansen, jedoch kommt es bei einigen jungen Menschen vor, dass sie in eine so genannte "Schwarze Szene" abdriften. Ein geringer Teil aus dieser Szene wendet sich dem Jugendzentristischem Satanismus zu.
18.600 bis 60.000 Personen driften ab
Nach Einschätzung Christiansens handelt es sich dabei um 18.600 bis 60.000 Personen in Deutschland. Eine genaue Zahl ist seinerseits nicht möglich, da er sich auf gering vorhandene Befragungen von Jugendlichen beschränken muss. Dabei sagte er: "Diese Geheimbunde erhalten von Jahr zu Jahr immer mehr Zulauf von schwächeren Personen unserer Gesellschaft." In diesen Gruppen werden Rituale im Namen Satans begangen, die sich vorwiegend mit Tabu-Brechungen (Tiertötungen/Verzehr von Kot und Urin) beschäftigen.
Rotenburger Kannibalfall
Diese antireligiösen Kreise sind nicht organisiert, offen und outen sich sehr häufig. Dieses steht im absoluten Widerspruch zum rationalen Ordenssatanismus nach dem Leitfaden des Vaters des Satanismus Aleister Crowley. Dieser Form des rituellen Ordenssatanismus spricht Christiansen die größte Gefahr zu. Hier kommt es u.a. zu Opferungen von Menschen, physischen und psychischen Vergewaltigungen. Da diese Gruppen aber im Dunkeln operieren, sind Aussagen kaum möglich. Das Internet gebe jedoch Grund zur Annahme, dass auch dort ein reger Zulauf stattfindet. Dort lassen sich Vergewaltigungen, Realtötungen und weitere Rituale mit satanistischem Hintergrund finden. Diese erstrecken sich über den angloamerikanischen und europäischen Bereich, was nach dem "Rotenburger Kannibalenfall" bekannt wurde.
Spitze eines Eisberges
Um die zukünftigen Polizeibeamten zu sensibilisieren, sprach Ingolf Christiansen im letzten Teil seines Vortrages über eine Verquickung von neonationalistischen Organisationen und der des Black-Metalls. In der letzteren Gruppierung haben sich satanistische Untergruppen entwickelt, was auch satanistische Konzerte und deren Metallbands zeigen. Diese Personen sehen sich als die einzig wahren Wesen mit antichristlicher und antijüdischer Philosophie. Ein idealer Nährboden für neonationales Gedankengut, wie Christiansen berichtet. In Zeitschriften der rechten Szene finden sich nach seiner Aussage immer mehr Artikel und Anzeigen über Black- Metallbands. Anfällig für dieses Phänomen sind vor allem die Menschen der ehemaligen "Opferstaaten" wie Polen, die GUS und Frankreich. Dabei handelt es sich nicht mehr um eine Gruppierung, sondern um eine ganze Bewegung mit einer zunehmenden Politisierung. Das ist aber nur definitiv die Spitze des Eisberges, so Christiansen am Schluss seines Vortrags.
ots-Originaltext: Polizei Göttingen
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