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POL-DN: Einsatz am Tagebau Garzweiler: Polizei betont ihre Neutralität

Erkelenz/Düren (ots)

Im Zusammenhang mit dem Einsatzgeschehen am Tagebau Garzweiler, bei dem mehr als 800 Klimaaktivisten verbotswidrig und Gefahren ignorierend in den Tagebau eingedrungen waren, betont die für die Einsatzleitung verantwortliche Polizeibehörde ausdrücklich ihre Neutralität. Eine gemeinsame Einsatzplanung und Einsatzdurchführung mit dem Tagebaubetreiber hat es nicht gegeben. Medienvertreter wurden nicht an der Ausübung der Pressefreiheit gehindert. Die grundsätzliche Strategie der Polizei sah vor, den mehr als 1.000 Protestlern den Zugang zum Betriebsgelände nicht zu gewähren. Dafür gab es zwei Gründe:

1. Das Bewegen betriebsfremder Personen auf einem Tagebaugelände ist wegen vielfältiger erheblicher und für Laien kaum einschätzbarer Gefahren lebensgefährlich. Alleine das Absteigen auf der extrem steilen und sandigen Abbruchkante beinhaltet die Gefahr des Absturzes und des Verschüttetwerdens. Hinzu kommen weitere Gefahrenmomente durch Bagger, Förderbänder sowie weitere Maschinen und Anlagen.

2. Das widerrechtliche Betreten der deutlich abgegrenzten und gekennzeichneten Betriebsflächen wurde im Vorfeld durch die zuständige Staatsanwaltschaft als Hausfriedensbruch qualifiziert. Dies war durch entsprechende Publikationen auch den Tagebaugegnern bekannt. Die Polizei hat aus der gesetzlichen Aufgabenzuweisung heraus Straftaten zu verhindern und zu verfolgen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Hausrechtsinhaber ein Unternehmen oder ein Privatmann ist.

Nachdem mehrere hundert Menschen in Form geschlossener Marschsäulen die Sperrketten der Polizei gewaltsam durchbrochen hatten, musste die Strategie der Lageentwicklung angepasst werden. Aus Sicherheitsgründen im Sinne aller Beteiligten wurde entschieden, es im näheren Umfeld des Tagebaus keinesfalls auf Eskalationen ankommen zu lassen. Von polizeilicher Seite wurde insbesondere im Bereich der kilometerlangen Abbruchkante mit Lautsprecherdurchsagen und durch persönliche Ansprachen an die Vernunft und Eigenverantwortlichkeit der Protestler appelliert, sich nicht den Gefahren des Tagebaus auszusetzen. Alle Mahnungen wurden ignoriert.

Die Polizei hat stattdessen ein Absteigen der Aktivisten auf den Zufahrten zum Tagebau mit einem etwas geringerem Gefahrenpotential, aber immer noch auch unter Eigengefährdung der eingesetzten Beamtinnen und Beamten, begleiten müssen. Um die Gefahrenpotentiale im Innern des Tagebaus einzudämmen, wurden die eingedrungenen Personengruppen durch Polizeikräfte gefahrenmindernd zusammen gehalten. Einzelne Aktivisten versuchten aber weiter in die noch gefährlicheren Abbauflächen vorzudringen. Für diese Maßnahmen auf dem schwierigen und weitläufigen Betriebsgelände hatte die Polizei sich zwar vorbereitet und geländegängige Fahrzeuge zusammen gezogen. Allerdings war es in der Lage erforderlich, zusätzlich für einen schnellen und sicheren Transport von Einsatzkräften auch Fahrzeuge und Fahrer von RWE in Anspruch zu nehmen. Diese Entscheidung ist erst in dieser Situation im Einsatz gefallen und war nicht vorbereitet. Rechtsgrundlage für diese Maßnahme ist § 6 des nordrhein-westfälischen Polizeigesetzes. Dafür steht dem Tagebaubetreiber ein Entschädigungsanspruch zu, so dass RWE gebeten wurde, entsprechende Rechnungen zu erstellen.

Dasselbe galt dann auch für die Verbringung von mehr als 800 Menschen aus dem Tagebau heraus. Um die erforderlichen Maßnahmen im Rahmen der zur Straftatenverfolgung notwendigen Identitätsfeststellung durchführen zu können und gleichzeitig wieder Gefahren für die Personen auszuschließen, wurde der Tagebaubetreiber zur Gestellung geländegängiger Fahrzeuge verpflichtet. Das hatte vor allem Vorteile für die Aktivisten, weil die polizeilichen Maßnahmen dadurch beschleunigt wurden.

Dem Vorwurf, es habe eine gemeinsame Einsatztaktik oder gar Einflussnahme des Tagebaubetreibers auf die polizeilichen Entscheidungen oder Maßnahmen gegeben, widerspricht die Polizei vehement. Alle mit dem Einsatz in Zusammenhang stehenden Planungen und Entscheidungen hat der verantwortliche Polizeiführer, Leitender Polizeidirektor Jürgen Möller, ohne jedwede Einflussnahme getroffen. Der Grundsatz der Neutralität war den eingesetzten Polizeibeamten sogar auf allen Ebenen verbindlich vorgegeben worden. Im Vorfeld des Einsatzes kam es zu zwei Gesprächen zwischen der Einsatzführung und Vertretern des Tagebaubetreibers. Solche Sicherheitsberatungen sind Bestandteil der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung und finden regelmäßig auch mit den Eigentümern anderer potentiell gefährdeter Objekte, z.B. Kraftwerke, Moscheen, Synagogen, pp, statt. Die Polizei berät dabei zu der Frage, was der Eigentümer tun kann, um sich und seinen Besitz zu schützen. Die Beschäftigten und Beauftragten des Tagebaubetreibers bewegen sich dabei zunächst eigenverantwortlich im Rahmen des strafprozessual für Jedermann geltenden Festhalterechts, wenn sie auf Straftäter treffen (§ 127 Abs. 1 StPO/Vorläufige Festnahme durch Jedermann).

Eine Empfehlung der Polizei, dass der Tagebaubetreiber im Zusammenhang mit den angekündigten Protesten die Anlagen abschalten solle, hat es nicht gegeben. In den Vorgesprächen wurden alle denkbaren Optionen zur Gefahrenminderung angesprochen. Nach Betreten der Betriebsflächen durch Aktivisten hat der Tagebaubetreiber sehr wohl die Anlagen abgeschaltet und seinen Teil zur Gefahrenminderung beigetragen.

Dem Vorwurf einzelner Medienvertreter, sie seien im Tagebau bei der Ausübung ihrer Rechte gehindert worden, muss ebenfalls deutlich widersprochen werden. Bereits im Vorfeld des Einsatzes hat es umfassende Informationen an Medienvertreter gegeben. Hintergrundgespräche und Einzelkontakte beinhalteten immer auch die Fragestellung, ob das Betreten des Tagebaus auch für Medienvertreter verboten sei. Die Polizei hat dabei immer auf das Hausrecht des Tagebaubetreibers und dessen erforderliches Einverständnis und die natürlich auch für Medienvertreter bestehenden lebensgefährlichen Betriebsgefahren verwiesen. Zu keinem Zeitpunkt wurden Medienvertreter seitens der Polizei an der Ausübung ihrer Pressefreiheit aktiv gehindert. Um die zu erwartenden Bedürfnisse der Medienvertreter seitens der Polizei bevorzugt erfüllen zu können, hatte die Polizei unter anderem eine stationäre und mobile Betreuung für Medienvertreter direkt am Tagebau eingerichtet. Diese wurde auch umfangreich in Anspruch genommen. Die meisten Medienvertreter entschieden vor Ort, die Verbots- und Gefahrenmomente ernst zu nehmen und nicht in den Tagebau hinabzusteigen. Eine Begleitung von Medienvertretern durch die Polizei in das Tagebaugelände hinein war nicht möglich. Dem standen der Wille des Hausrechtsinhabers und die erheblichen Gefahren entgegen.

Einige weitere Medienvertreter sind aber offenbar wider besseres Wissen und unter Inkaufnahme von Gefahren und eines Strafverfahrens mit den Marschblöcken der Aktivisten auf die Betriebsfläche eingedrungen. Auch dort ist die Polizei zu keinem Zeitpunkt offensiv gegen Medienvertreter vorgegangen, erst recht nicht, um diese an der Ausübung der Pressefreiheit zu hindern oder einzuschränken. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Einzelfall gegen Personen, die sich als Medienvertreter erklären, sich aber als Teil der Störergruppen bewegt und verhalten haben, die erforderlichen Eingriffsmaßnahmen zu treffen waren. Die Nachbereitungen zum Einsatz dauern an.

"Die Polizei ist weder Verbündeter von Energiekonzernen, noch Feind von friedlichen Versammlungsteilnehmern. Das Verständnis für Protestierende hört da auf, wo durch das Verhalten Lebensgefahren für sich und andere heraufbeschworen und bewusst Straftaten begangen werden. Das Leben in einem Rechtsstaat setzt voraus, dass sich alle Beteiligten an dessen Regeln halten. Die Polizei jedenfalls hat das im zurückliegenden Einsatz getan und wird sich daran auch in künftigen Einsatzlagen halten. Mit Begriffen wie "legitim aber nicht legal" und "ziviler Ungehorsam" kann ich nur wenig anfangen, da sie eine Aufweichung bestehender Regelungen bedeuten und letztlich jede Gesetzesübertretung ermöglichen. Auch die Polizei kann sich die Welt nicht so machen, wie sie das vielleicht möchte", sagt der Leitende Polizeidirektor Jürgen Möller, der in diesem Einsatz der verantwortliche Einsatzleiter war. "Bei der Bewältigung dieses schwierigen Einsatzes hat die Polizei alle Maßnahmen unter absoluter Wahrung der Neutralität und unter strikter Beachtung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall getroffen. Die Polizei erhofft sich für zukünftige Einsätze dieser Art einen friedlicheren Verlauf."

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