POL-GOE: (371/2009) Großer Ermittlungserfolg für "Soko ZAGI" - Herkunft der von Rechtsextremisten bei Schießerei in Nachtlokal benutzten "Pumpgun" geklärt
Göttingen (ots)
GÖTTINGEN/NORTHEIM (jk) - Großer Ermittlungserfolg für die bei der Polizeiinspektion Göttingen eingerichtete "Soko ZAGI". Nach umfangreichen Ermittlungen ist die Herkunft der am 30.11.08 von Rechtsextremisten bei einer Schießerei in einem Göttinger Nachtlokal verwendeten "Pumpgun" geklärt.
Für die Ermittler steht fest: die Waffe stammt aus der illegalen Waffenschmiede eines 47 Jahre alten Mannes aus dem Landkreis Northeim.
Auf die Spur des bislang polizeilich unbekannten Feinmechanikers und engagierten Sportschützen kamen die Beamten nach langfristigen Ermittlungen, u. a. auch über Recherchen in einem Waffenverkaufsportal im Internet, über das der 47-Jährige nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen sog. Salut-und Dekowaffen bezog. In seiner Werkstatt im Keller baute er die Waffen anschließend zu scharfen Schusswaffen um. Kontakte zur rechtsextremistischen Szene hatte der Mann nach derzeitigen Erkenntnissen nicht.
Ende April durchsuchten Ermittler der "Soko ZAGI" auf Anordnung des Amtsgerichts Göttingen die Wohnung des 47-Jährigen. Dabei kamen auch zwei Sprengstoffspürhunde der Polizeidirektion Göttingen aus Hameln und Hildesheim zum Einsatz.
Im Keller des Hauses stießen die Beamten auf ca. acht Kilogramm Nitrozellulosepulver und ca. dreieinhalb Kilogramm Schwarzpulver. Die Menge der Substanzen überschritt die Erlaubnisgrenze nicht nur bei weitem, sie wurden darüber hinaus auch vorschriftswidrig in einem Raum aufbewahrt. Die Ermittler leiteten ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz ein. Die gefährlichen Stoffe wurden beschlagnahmt. Beschlagnahmt wurden außerdem auch eine mutmaßlich umgebaute Kleinkaliberbüchse und eine "Pumpgun". Beide Waffen werden derzeit waffentechnisch untersucht.
Den wichtigsten und für die Klärung der Frage nach der Herkunft der in dem Nachtlokal benutzten "Pumpgun" entscheidenden Fund machten die Ermittler in der Garage des 47-Jährigen. In einem Metallkoffer bewahrte der Northeimer hier mehrere mutmaßliche Schalldämpfer, Laufrohlinge, heraus getrennte Läufe aus Salut-Waffen, zwei Gewehr-Verschlussstücke, einen umgebauten ehemaligen Gas-Revolver und weitere Waffenteile auf (Foto). Koffer und Inhalt wurden ebenfalls beschlagnahmt.
Auf Anordnung des Landkreises Northeim stellten die Beamten auch alle legal im Besitz des Sportschützen befindlichen und in seiner Wohnung aufbewahrten Schusswaffen sicher. Für den Abtransport des umfangreichen Waffenarsenals (sieben Kurzwaffen, elf Langwaffen und ca. 5.000 Schuss Munition unterschiedlichen Kalibers) war ein VW-Bus erforderlich.
Der Beschuldigte zeigte sich voll geständig.
In Absprache mit der Staatsanwaltschaft Göttingen kam er nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen auf freien Fuß.
Derzeitigen Erkenntnissen zufolge hat der 47-Jährige insgesamt fünf zunächst gebrauchsunfähige Waffen auf diese Art zu scharfen Waffen umgebaut und diese anschließend veräußert. Darunter auch die am 30.11.08 benutzte "Pumpgun".
Über zwei zwischenzeitlich ebenfalls ermittelte "Zwischenstationen" gelangte die scharfe Schusswaffe anschließend in die Hände des Rechtsextremisten aus Göttingen, der aufgrund des Einsatzes der Waffe in dem Nachtlokal derzeit wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdeliktes vor Gericht steht.
Den Verbleib der anderen vier von dem 47-Jährigen veräußerten scharfen Waffen (zwei "Pumpgun" und zwei Karabiner) hat die "Soko ZAGI" ebenfalls zwischenzeitlich ermittelt. Beamte stellten die Waffen bei ihren jeweiligen Besitzern in den Landkreisen Göttingen und Northeim sicher.
Bei dem Vorfall am 30. November 2008 soll ein 34-jähriger Göttinger aus der rechtextremen Szene mit der Waffe auf den 43-jährigen Geschäftsführer des Nachtlokals geschossen haben. Dass der Schuss den Mann nicht traf, war nur dem Umstand zu verdanken, dass dieser die Waffe im letzten Moment wegdrücken konnte und das Projektil in der Wand einschlug. Nach dem Rauswurf der insgesamt fünf an der Tat beteiligten Rechtsextremisten aus dem Lokal, versuchten diese das Haus anschließend mit Brandsätzen anzuzünden. Die Polizei konnte alle Tatverdächtigen noch in Tatortnähe bzw. im Rahmen der Fahndung festnehmen (siehe unsere Pressemitteilungen Nr. 1459 vom 30.11.2008). Bei den anschließenden Durchsuchungen fanden die Ermittler u. a. bei dem Schützen ein umfangreiches Waffenarsenal (siehe unsere Pressemitteilung Nr. 1461 vom 01.12.2008).
Die Durchsuchung bei dem Mann aus dem LK Northeim ist die zweite große gezielte Durchsuchung der Soko seit Jahresbeginn. Bereits am 20. Januar hatten rund 440 Einsatzkräfte der Polizei 30 Privatwohnungen, einen Geschäftsraum und eine Kleingartenparzelle von Angehörigen oder Kontaktpersonen der rechtsextremistischen Szene in den Landkreisen Göttingen, Northeim, Osterode, Hildesheim und Braunschweig durchsucht. Der Schwerpunkt lag mit 22 Objekten in der Polizeiinspektion Northeim/Osterode.
Die Ermittler beschlagnahmten damals neun Gewehre (Karabiner), fünfzehn Softair-Waffen, sieben Faustfeuerwaffen und Munition, eine Handgranate, Baseballschläger, Teleskopschlagstöcke, Wurfsterne, Bajonette, einen Schlagring sowie Propagandamaterial und CD' s und leitete mehrere Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ein (siehe unsere Pressemitteilung Nr. 55 vom 21.01.09).
Vor dem Hintergrund der tragischen Ereignisse u. a. in Hornsen bei Hildesheim arbeiten Polizei, Justiz und Waffenbehörden sehr eng mit dem Ziel zusammen, die Verfügbarkeit von Waffen in privaten Haushalten zu reduzieren.
Angesichts der Bedeutung und der Aktualität des Themas trafen sich auf Einladung des Polizeipräsidenten der Polizeidirektion (PD) Göttingen Hans Wargel am 20.04.09 die Vertreter der 20 Waffenbehörden im Zuständigkeitsbereich der PD Göttingen zu einer gemeinsamen Tagung in Göttingen, um das weitere Vorgehen zum Umgang und der Aufbewahrung von Waffen in Privathaushalten abzustimmen. Auf der Tagung wurde weiterhin vereinbart, dass die Polizeiinspektionen und die Waffenbehörden den Informationsaustausch hinsichtlich von Ereignissen, die mit einer Bedrohung oder Gewaltanwendung in Zusammenhang stehen, zu intensivieren (siehe unsere Pressemitteilung Nr. 311 vom 21.04.09).
"Der vorliegende Fall ist ein hervorragendes Beispiel für die erfolgreich praktizierte enge Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft, Polizei und Landkreis Northeim", bestätigt der Leiter der "Soko ZAGI" Kriminalhauptkommissar Uwe Thomßen.
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