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Uhrenmetrologie: Die Zeit als neue Variable in der Geodäsie

Uhrenmetrologie: Die Zeit als neue Variable in der Geodäsie
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Uhrenmetrologie: Die Zeit als neue Variable in der Geodäsie

Die genaue Vermessung der Erde ist noch nicht abgeschlossen. Wie beschreibt man beispielsweise die unregelmäßige Erdoberfläche? Wie synchronisiert man Zeit weltweit bis in die kleinsten Einheiten? Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingerichtetes Forschungsteam, an dem auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Bremen beteiligt sind: „Uhrenmetrologie: Die Zeit als neue Variable in der Geodäsie“.

Die Zeit ist überall gleich? Ein weit verbreiteter Alltags-Irrtum. Wer in Physik aufgepasst hat, weiß: Zeit ist relativ. Bei einem sich sehr schnell bewegenden Objekt vergeht die Zeit langsamer. Ein Astronaut altert daher langsamer, auch wenn das kaum messbar ist. Dies besagt die spezielle Relativitätstheorie. Dazu kommt aber noch die Erkenntnis der allgemeinen Relativitätstheorie, welche besagt, dass die Zeit in der Nähe großer Massen auch langsamer vergeht. Da die Massenanziehung (Gravitation) mit der Höhe über der Erdoberfläche abnimmt, vergeht die Zeit in großer Höhe schneller. Mit den heutigen genauesten Atomuhren lässt sich zeigen: die Zeit vergeht nur 1 cm höher bereits schneller als weiter unten.

Diese Zusammenhänge spielen auch bei der Vermessung der Erde eine große Rolle. Den Planeten so genau wie möglich zu kennen, ist gerade im Hinblick auf Klimawandel und Naturkatastrophen von zentraler Bedeutung. Die genaue Beschreibung der Erdoberfläche ist zum Beispiel entscheidend, wenn es um den Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen der Polkappen geht – eine der Größen, die momentan noch am ungenauesten bestimmt sind. Das Hauptziel der eingangs genannten neuen Forschungsgruppe ist die Einführung der „Zeitkohärenz“ als zusätzlicher Verbindungsgröße für geodätische Messtechniken – unter anderem durch die Einbindung optischer Uhren, um die Erde im Millimeterbereich noch präziser vermessen zu können.

Die Koordination der neuen DFG-Gruppe hat die TU München, aber auch Expertinnen und Experten der Universität Bremen sind beteiligt: Das Institut für Umweltphysik (IUP) mit Professor Justus Notholt und Dr. Matthias Palm widmet sich dem Thema der Modellierung der atmosphärischen Einflüsse auf die Signalübertragung. Um die allgemein-relativistische Beschreibung der Signalübertragung und des Uhrenganges kümmert sich die Gruppe um PD Dr. Eva Hackmann und Professor Claus Lämmerzahl am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM). Insgesamt bekommen die beiden Einrichtungen der Universität mehr als 600.000 Euro für 4 Jahre zugesprochen. Damit kann jedes Institut eine Doktorandenstelle zur Qualifikation von Nachwuchsforschenden finanzieren.

Geodäsie: Die Wissenschaft von der Ausmessung und Abbildung der Erde

Was ist Geodäsie? Darunter versteht man die „Wissenschaft von der Ausmessung und Abbildung der Erdoberfläche“. Damit ist die Bestimmung der geometrischen Figur der Erde, ihres Schwerefeldes und der Orientierung der Erde im Weltraum gemeint. Eine entscheidende Größe ist dabei die Zeit – die fundamentalste Größe der Physik. „Alle Vorgänge und Prozesse unseres Alltags laufen in der Zeit ab. Und Zeit gibt es überall, egal wo man sich befindet. Aber was hat die Zeit an einem Ort mit der Zeit an einem anderen Ort zu tun? Was sich nach einer trivialen Frage anhört, ist bei den genauen Atomuhren, die wir heutzutage haben, aber höchst kompliziert“, erläutert Claus Lämmerzahl. „Um die Zeitinformation von einem Ort zum anderen zu übermitteln, muss man beispielsweise die Höhe der Orte berücksichtigen. Und besonders kritisch wird es, wenn auch noch Rotationen – wie die der Erde – ins Spiel kommen. Da kann man die Zeit mit den üblichen Verfahren erst mal gar nicht mehr konsistent übermitteln.“

Wie man das jetzt aber doch machen kann – und zwar auf großen Skalen – wird in der neu genehmigten Forschungsgruppe behandelt. Dort wird untersucht, wie man mittels Pulsaren – schnell und sehr stabil rotierende Neutronensterne –, mit Satelliten mit und ohne Uhren an Bord oder mit einer geplanten hochgenauen Atomuhr auf der ISS verschiedene Uhren auf der Erde synchronisieren kann. „Die Forschungsgruppe deckt von der Bereitstellung von Uhren im Labor über die Modellierung wetterbedingter Einflüsse auf dem Signalweg zur ISS bis hin zu den allgemein-relativistischen Grundlagen und Effekten das ganze Spektrum dieser Fragestellung ab“, so Justus Notholt.

Die erwarteten Ergebnisse haben große gesellschaftliche Bedeutung, die auch in der von den Vereinten Nationen am 26. Februar 2015 verabschiedeten UN-Resolution Global Geodetic Reference Frame for Sustainable Development (GGRF) festgehalten wurden. „Globale Bezugssysteme sind die messtechnische Grundlage für eine Vielzahl von Anwendungen“, so Notholt. „Höchste Genauigkeit und Langzeitstabilität des Bezugssystems sind für die Bewertung langfristiger Trends – etwa Veränderungen des Meeresspiegels – von größter Bedeutung.“

Fragen beantworten:

Prof. Dr. Claus Lämmerzahl

Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM)

Universität Bremen

Tel. +49 (0)421 218-57834

E-Mail: claus.laemmerzahl@zarm.uni-bremen.de

Prof. Dr. Justus Notholt

Institut für Umweltphysik

Universität Bremen

Tel.: +49 421 218 62190

E-Mail: notholt@uni-bremen.de

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Telefon: +49 421 218-60150
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