Schwäbische Zeitung: Nach dem Kalinka-Prozess bleibt ein schales Gefühl - Kommentar
Leutkirch (ots)
Der Pariser Prozess gegen Dieter K. wird in die deutsch-französische Justizgeschichte eingehen. Ohne die Entführung des Lindauer Arztes hätte es ihn nämlich gar nicht gegeben. Doch der Vater von Kalinka hatte keine Ruhe gegeben - verständlich, sah er doch in dem Arzt den Mörder seiner Tochter. Gerechtigkeit konnte es für ihn, einen französischen Staatsbürger, nur noch in Frankreich geben. Weshalb er den Arzt von der Bodenseegegend ins Elsass verschleppen ließ. Frankreichs Justiz griff zu. Bedenken schob sie beiseite und urteilte jetzt.
Aber der Richterspruch war nur möglich, weil es vorher zum kriminellen Akt der Entführung kam. Justitia mag ihre Augenbinde noch fester zuzerren, um ja nicht genau hinschauen zu müssen. Dabei gibt es durchaus Gründe für das fragwürdige französische Vorgehen. Sie liegen im Versagen der deutschen Ermittlungsbehörden begründet. Beweismittel verschwanden. Der Arzt erfuhr eine milde Behandlung.
Erst viele Jahre später kamen Fälle ans Tageslicht, bei denen es um den sexuellen Missbrauch von Patientinnen durch Dieter K. ging. Die deutsche Justiz verzichtete aber darauf, die Kalinka-Geschichte nochmals anzupacken. Nur der Vater gab keine Ruhe. Nun dürfte er seinen Seelenfrieden haben. Ansonsten bleibt jedoch ein schales Gefühl zurück.
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