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Schwäbische Zeitung: Ein zeitgemäßer DFB-Präsident - Leitartikel, Sport

Leutkirch (ots)

Weißer Rauch ist gestern keiner aufgestiegen über der DFB-Zentrale, doch das erstaunlich einhellige Votum für Wolfgang Niersbach hat die Fußball-Funktionäre erleichtert. Niersbach wird zwar kein kirchliches Oberhaupt, doch als Präsident des größten Sportfachverbandes der Welt hat er nun ein Amt inne, dem in Deutschland große Bedeutung zukommt.

Die Präsidenten-Chronik des Deutschen Fußball-Bundes ist eine gar bunte. Menschen mit einem funktionierenden Langzeitgedächtnis erinnern sich mit Schaudern an Peco Bauwens, der den WM-Gewinn 1954 auf die Mithilfe des germanischen Kriegsgotts Wotan und auf Tugenden zurückführte, die dem Dritten Reich verdächtig nahestanden. Sein Nach-Nachfolger Hermann Neuberger (1975 - 1992) war ein perfekter Sport-Technokrat, Egidius Braun schlichtweg ein guter Mensch, ehe Theo Zwanziger zuerst als Doppelspitze zusammen mit Gerhard Mayer-Vorfelder, ab 2006 als Alleinherrscher den Verband führte. Noch-Präsident Zwanziger trat mit hehren Vorsätzen - Kampf gegen Homophobie und für Frauenfußball - an, er scheiterte jedoch oft an den Widernissen des Geschäfts und an seiner Egozentrik.

Niersbach ist ein ganz neuer Typ. Der ehemalige Journalist und Beckenbauer-Duzfreund gilt als Vollblut-Profi. Erwin Staudt, der chancenlose Gegenkandidat, ist ein guter Mensch, der als VfB-Präsident den Mechanismen des modernen Fußballs oft eher hilflos gegenüberstand und wohl als Frühstücksdirektor eingestuft worden wäre. Niersbach ist routiniert, im internationalen Fußballgeschäft sowohl in Europa (Uefa) wie auch im Weltfußball (Fifa) bestens vernetzt und dennoch stets unabhängig. Der neue Boss ist der Wunschkandidat der Profi-Klubs. Dass auch die Vertreter des Amateurlagers für ihn stimmen, dokumentiert große Übereinstimmung, was der zuletzt oft verunsicherte DFB gut gebrauchen kann. Wie gesagt: Weißer Rauch ist keiner aufgestiegen. Doch Erleichterung ist spürbar. Und das ist beinahe so viel wert.

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