Schwäbische Zeitung: Obama guckt nur zu - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Wieder mal hat der israelische Ministerpräsident den US-Präsidenten vorgeführt. Tel Aviv werde selbst entscheiden, ob und wann es Iran angreife, um die Atomwaffenlabors in der Islamischen Republik zu zerstören, erklärte Benjamin Netanjahu in Washington. Hat Teheran eine Bombe, bedroht es nicht nur Israel, sondern ebenso die arabischen Golf-Staaten und den Nato-Partner Türkei.
Auch für Europa ist ein derart aufgerüsteter Iran eine Gefahr. Ein von den Mullahs attackiertes Israel müsste die Amerikaner und die Europäer auf den Plan rufen. Obama möchte vor den Wahlen keinen teuren Krieg, um die Iraner zu stoppen. Er setzt stattdessen auf eine Diplomatie, die schon in den letzten Jahren nicht funktioniert hat. Dabei war es auch seine zaudernde Nahost-Politik, die Irans Machthaber im Glauben bestärkte, der Westen werde nicht angreifen und Israel werde nichts gegen Teheran unternehmen. Doch den Israelis reicht es, verständlicherweise. Die Großmachtsgelüste der Ayatollahs sind zur Bedrohung für den Weltfrieden geworden. Laut israelischen Geheimdienstberichten sind die Iraner noch knapp anderthalb Jahre von einer Bombe entfernt. Das geistliche Oberhaupt in der Islamischen Republik, Ayatollah Khamenei, hat die Fertigstellung zwar noch nicht befohlen, aber er droht genüsslich mit dieser Möglichkeit.
Nun ist eine israelische Militäraktion gegen iranische Anreicherungsanlagen ein Unterfangen mit vielen Unwägbarkeiten: Dutzende unterirdische Installationen müssten zerstört werden und die Gefahr bleibt, dass das Programm schnell wiederbelebt werden könnte. Die iranischen Kleriker verteidigen das Recht zur Urananreicherung mit religiöser Inbrunst. Lediglich ein Sturz der Geistlichkeit durch eine Bewegung wie im Arabischen Frühling böte die geringe Chance, dass das Land dem Bau einer Bombe abschwört. Benjamin Netanjahu wird gemeinsam mit Israels Verteidigungsminister Ehud Barak entscheiden, ob und wann israelische Kampfjets aufsteigen. Obama kann dabei nur zugucken.
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