Schwäbische Zeitung: Mehr Profil bitte! - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Freundlich wie eine Vorabendserie war der Wahlkampf im Saarland: Die Ähnlichkeit der Positionen von SPD und CDU wirkte allerdings auf viele Wähler so demotivierend, dass sie am Sonntag lieber die Grillsaison eröffneten als ins Wahllokal zu gehen.
Gemessen am Saarland wirkt der auch nicht eben leidenschaftlich geführte Wahlkampf im benachbarten Frankreich spannend wie ein Hitchcock-Film. In Saarbrücken wollen CDU und SPD das Gleiche erreichen und sie wollen es miteinander schaffen. Kein Wunder, dass lediglich gut 61 Prozent der 800000 Wahlberechtigten im Saarland ihr Kreuz gemacht haben. Die Grünen hatten sich vorab schon mit einer Reform des Jagdgesetzes und der Kampagne für ein öffentliches Rauchverbot um Tausende Stimmen gebracht, die FDP wurde für den desolaten Zustand der Bundespartei abgestraft.
Der einzige, der nach dieser Wahl im Saarland noch ernsthaft Opposition machen kann, ist der ehemalige Ministerpräsident Oskar Lafontaine. Vielleicht tut er sich gelegentlich mit den Piraten zusammen, die der gewiefte Politiker bereits als "interessant" bezeichnet hat.
Von Lafontaine als Person mit immer neuen politischen Positionen mag man halten, was man will, und in seiner Links-Partei sind eindeutig zu viele Gestalten mit dubioser Vergangenheit und totalitären Ansichten. Trotzdem ist es gut und wichtig, dass die Linken als politische Kraft im Landtag dabei sind. Denn Lafontaine und seine Genossen werden hoffentlich dafür sorgen, dass in Saarbrücken möglichst keine Langeweile aufkommt, dass sich CDU und SPD nicht in Sicherheit wiegen und die Politik in dem klitzekleinen Bundesland unter sich auszumachen versuchen. Die Lehre aus diesem Sonntag im Saarland ist: Der Wähler honoriert es ganz und gar nicht, wenn die Positionen der etablierten Volksparteien einander immer ähnlicher werden. Egal ob eine Partei sich als konservativ, sozialdemokratisch oder liberal versteht - sie muss sich dieser Tage vor allem um die Schärfung ihres Profils kümmern.
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