Schwäbische Zeitung: Streit um Kaisers Bart - Kommentar
Leutkirch (ots)
Schade, dass es keinen Preis gibt für bürokratische Wortungetüme. Die Vorratsdatenspeicherung wäre ein ganz heißer Kandidat für einen Podestplatz. Wenn man das Ungetüm aber in seine Einzelteile zerlegt, ist es sprachlich gleich erträglicher - und gar so schrecklich ist auch nicht, was damit gemeint ist und bezweckt wird. Es geht nicht um die Speicherung von Telekommunikationsdaten, also Telefon- und Internetverbindungen. Das praktizieren die Unternehmen schon lange - wenn man so will, auf Teufel komm raus. Aus Abrechnungsgründen sind sie nämlich gezwungen, die Daten ihrer Kunden vorzuhalten. Es geht vielmehr darum, wann, in welchem Umfang und für wie lange der staatliche Sicherheitsapparat darauf Zugriff haben soll.
Und da lässt sich nun seit vielen Monaten aufs Schönste besichtigen, wie die Bundesjustizministerin ihr Scheingefecht führt. Sie weiß, dass sie auf EU-Linie einschwenken muss. Sie weiß wahrscheinlich auch, dass ein verdachtsunabhängiger Zugriff auf die Daten die richtige, pragmatische Lösung wäre. In anderen EU-Ländern ist das längst Praxis. Aber weil ihrer Partei, der FDP, nicht mehr viel an Ideologie verblieben ist, bläht sie ersatzweise diesen Streit um Kaisers Bart ideologisch auf.
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