Schwäbische Zeitung: Zu viele Schweiger - Kommentar
Leutkirch (ots)
Fast zwei Jahre hat sich der Prozess hingezogen, knapp 100 Sitzungstage gab es, 160 Zeugen waren geladen: Viele Beobachter glauben, dass die Verhandlung gegen Verena Becker der letzte große RAF-Prozess gewesen ist. Gemessen daran, erscheint der Prozessausgang wenig spektakulär: Verurteilt wegen Beihilfe - nicht nur Nebenkläger Michael Buback hatte insgeheim auf die Aufklärung der Morde an seinem Vater und dessen beiden Begleitern gehofft. Darauf, dass endlich ans Tageslicht kommt, wer geschossen hat.
So nachvollziehbar diese Hoffnung war und ist, so vorhersehbar war bald, dass sie nicht erfüllt werden würde. Denn in einer Sache hat der Becker-Prozess endgültig Klarheit gebracht: Von den Ex-Terroristen ist keine Aufklärung zu erwarten. Jeder Appell an die früheren Mitglieder der RAF, ihr Schweigegelübde zu brechen, blieb ergebnislos.
Doch es schweigen nicht nur die Ex-Terroristen. Auch deutsche Behörden weigern sich nach wie vor, möglicherweise erhellende Dokumente der Geheimdienste freizugeben und so zur Wahrheitsfindung beizutragen. Michael Buback ist in seinem Bemühen um die Aufklärung des Verbrechens an seinem Vater an mancher Stelle über das Ziel hinaus geschossen. Sein zusammen mit Kindern von Hanns Martin Schleyer und Jürgen Ponto 2010 erfolgter Aufruf an die Kanzlerin, die RAF-Akten freizugeben, war, ist und bleibt aber richtig.
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