Schwäbische Zeitung: Bayerns Ärger ist berechtigt - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Was für Griechenland gilt, muss auch für das Saarland, für Bremen, für Berlin gelten: Ohne Reformanreize werden die ewig klammen Bundesländer nicht den Willen aufbringen, dringend notwendige Strukturreformen endlich anzugehen. Das Bundesland Berlin finanziert ein Drittel seines Etats aus dem Finanzausgleich, Bremens Pro-Kopf-Verschuldung bewegt sich mit rund 30000 Euro auf griechischem Niveau. Die Bayern dagegen zahlen etwa die Hälfte der jährlichen Ausgleichszahlungen in den staatlichen Umverteilungstopf. Drum muss es ihren Ministerpräsidenten Horst Seehofer ärgern, dass diverse notorische Nehmerländer nicht ernsthaft vorhaben, die Konsolidierung ihrer Finanzen in zu Angriff nehmen. Nun will er sie zwingen.
Der Länderfinanzausgleich ist ein wichtiges Verteilungssystem zwischen Arm und Reich, zwischen Stark und Schwach: Wenn bestimmte Regionen in Deutschland in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken, ist Hilfe grundgesetzlich geboten. Daran will auch München festhalten. Doch die bayerische Staatsregierung moniert, dass sie seit langer Zeit auf eine Änderung der Einzahlungs- und Zuweisungsmodalitäten drängt und dabei keinen Schritt weiterkommt, da es so gut wie keine Gesprächs- oder gar Verhandlungsbereitschaft gibt.
So begründet sich der Weg zum Bundesverfassungsgericht nicht etwa aus einer "unsolidarischen" Geisteshaltung, wie sie Kritiker Ministerpräsident Horst Seehofer unterstellen. Die angekündigte Klage Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich ist richtig - und natürlich auch ein Vorbote der anstehenden Wahlkämpfe im Freistaat und im Bund. Denn Seehofer will mit diesem Angriff vor allem auf SPD-regierte Länder auch Gegensätze betonen: Hier der solide Freistaat, dort die finanzpolitischen Hallodris, die mit dem Geld Bayerns Wohltaten verteilen. Wahrscheinlich erklärt diese Strategie der Konfrontation, weshalb sich Baden-Württemberg bei der Klage ziert. Denn in der Sache hat sich Winfried Kretschmann mehrfach ähnlich geäußert.
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