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Schwäbische Zeitung: Wahl zwischen Pest und Cholera - Kommentar

Leutkirch (ots)

Mario Draghi eiert herum. Europas mächtigster Banker drückt sich um klare Ansagen, wie er die Finanzkrise eindämmen will. Jeder deutet am Ende in Draghis Ausführungen, was ihm in den Kram passt. Sein wunderlicher Auftritt gestern in Frankfurt steht sinnbildlich für den Zustand der Europäischen Union: Die führenden Politiker und ihre Wirtschaftsberater können sich nicht einigen, wie der Schuldenkrise beizukommen ist.

Es gibt zur Rettung des Euro - vereinfacht gesagt - eine deutsche Formel und ein Mittelmeer-Rezept. Die Deutschen pochen auf Sparsamkeit. Sie lehnen eine Vergemeinschaftung von Schulden ab und wollen Hilfe nur gegen strikte Auflagen gewähren: Geld gegen Reformen. Mittelmeer-Länder um Frankreich und Italien fordern, dass die Zentralbank Schuldscheine klammer Länder kauft. Das würde die Zinslast drücken: Notenpresse gegen Spekulanten. Beide Seiten haben gute Argumente. Welcher Weg schlussendlich gewählt wird, um den Euro zu retten, ist akademische Fingerhakelei. Den Menschen kann es völlig egal sein, wie sich ihr Geld verflüchtigt. Denn eins steht fest: Die Überwindung dieser Krise wird auf jeden Fall Abermilliarden kosten. Es bleibt die Wahl zwischen Pest und Cholera, und das sollte Angela Merkel ihren Landsleuten einbläuen.

Natürlich ist es unfair den deutschen Sparern gegenüber, wenn Guthaben wegen der niedrigen Zinsen dahinschmelzen. Selbstverständlich geschieht deutschen Rentnern Unrecht, wenn sie bis 67 arbeiten und viele Franzosen nur bis 60. Und obendrein ist es gemein, dass brave Steuerzahler für spanische Immobilienhaie einstehen müssen.

Doch Kategorien wie Gerechtigkeit zählen hier nicht. Die heile Welt vor Ausbruch der Finanzkrise ist vergangen. Deutschland hat keine andere Wahl, zumindest teilweise für die Misswirtschaft der Nachbarn aufzukommen: ob über direkte Zahlungen, höhere Steuern oder Inflation. Der Euro ist es wert. Die Rückkehr zur D-Mark ist keine Option, sondern ein Hirngespinst.

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