Schwäbische Zeitung: Der falsche Rentenansatz - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Ach, sie wollte es eigentlich so geschickt machen. Ministerin Ursula von der Leyen garnierte die geplante Zuschussrente, also die Mehrausgaben für die Rentenkasse, mit der fröhlichen Ankündigung einer Rentenbeitragssenkung. Doch niemand fiel auf den Trick herein. Arbeitgeber sehen trotzdem die Hauptlast bei sich und den Rentenkassen. Wohlfahrtsverbände und Opposition mahnen, dass mit einer Zuschussrente die Altersarmut nicht wirksam bekämpft werden kann. Und Wirtschaftsminister Rösler will die Beitragssenkung nicht an die Zuschussrente koppeln, denn der Rentenbeitrag wird normal nach der Schätzung der Rentenversicherer im Herbst festgelegt und wird angesichts der prallen Kassen nach geltendem Gesetz ohnehin sinken müssen. Die Opposition spricht von einer Mogelpackung und von Wahlkampf - und leider haben alle Recht.
Natürlich möchte man Niedrigverdienern, die immer Rente gezahlt haben, mehr gönnen als anderen. Aber die Zuschussrente ist eine Abkehr vom Äquivalenzprinzip, das heißt von dem Grundsatz, dass die Rente abhängig ist von dem, was man eingezahlt hat. Leistungen, wie sie sie für Kindererziehungszeiten gezahlt werden, werden bisher über Steuerzuschüsse an die Rentenkassen finanziert. Dabei muss es auch bleiben. Denn sonst zahlen ausschließlich die normalen Facharbeiter, die Angestellten, die Friseusen, die Normalverdiener - und ihre Arbeitgeber - mit ihren Beiträgen dafür mit, was prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Minis-Jobs und Niedriglöhne andernorts anrichten. Und wenn man dann noch sieht, dass die Ministerin selbst in 20 Jahren mit 1,4 Millionen Zuschussrentnern rechnet, weiß man, was auf die Rentenkasse zukommt.
Von der Leyens Ansatz zur Zuschussrente ist gut gemeint, aber falsch. Gegen Altersarmut helfen eine gute Ausbildung, gute Arbeitsbedingungen und eine gute private Vorsorge für das Alter. Notfalls auch eine Anhebung der Rentenbeiträge, um dauerhaft ein höheres Niveau zu erhalten. Aber gut gemeinte Zuschüsse helfen nicht.
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