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Schwäbische Zeitung: Die Ruhe selbst - Leitartikel

Leutkirch (ots)

Angela Merkel ist gelassen wie nie. Sie dreht an einem ganz großen Rad - an Europa - und dahinter bleibt der innenpolitische Kleinkram zurück. Leidenschaft ist bei ihr ohnehin nur in Sachen Europa festzustellen. Sie hat ihr Thema gefunden - oder das Thema sie.

Mit starken Umfragewerten im Rücken lässt die Kanzlerin zu Beginn ihres letzten Jahres in dieser Legislaturperiode keinen Zweifel, dass sie noch viele Jahre weitermachen will. Mit wem, das erscheint fast zweitrangig. Die Arbeit der von ihr geleiteten Großen Koalition sei gut gewesen, meint sie, trotzdem ist ihre erste Präferenz natürlich Schwarz-Gelb. Nun weiß auch die Kanzlerin, dass dies die unwahrscheinlichste Variante ist. Denn erstens liegen drei Jahre einer äußerst holprigen Koalitions-Zusammenarbeit hinter ihr. Zweitens schwächelt die FDP derart, dass eine Fortsetzung des Bündnisses zur Zeit nahezu ausgeschlossen scheint. Hinter der Stärke der Kanzlerin tritt fast in den Hintergrund, wie schwach die von ihr geführte Koalition ist. Strategisch ist die Union alles andere als stark und nicht für die Zukunft gerüstet. Denn sie hat keinen anderen natürlichen Partner als die Liberalen.

Die SPD wird alles tun, um einer zweiten Großen Koalition mit ihr zu entkommen. Schließlich ist bekannt, dass Merkels Partner in Bündnissen am Ende immer schlechter dastehen als vorher. Die SPD hat zumindest eine andere strategische Option mit Rot-Grün. Doch richtig an ihre Chancen glauben, das wagt auch die SPD nicht. Sonst würde sie sich mit der Nominierung ihres Kanzlerkandidaten nicht so schwer tun. Zu offensichtlich ist, dass sich jemand opfern muss, dass es vermutlich nur um die Nominierung des Vizekanzler-Kandidaten geht. Und das macht bekanntlich wenig Spaß.

Merkels Union hat nur das eine Pfund, mit dem sie wuchert: Die Kanzlerin. Die ist längst zur wichtigsten Frau Europas geworden. Und sie vermittelt den deutschen Bürgern das Gefühl, dass sie sich abrackert. Für den Euro, für Deutschland. Zur Zeit sieht es so aus, als ob dies reichen könnte.

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