Schwäbische Zeitung: Endlagern, nicht vertagen - Kommentar
Leutkirch (ots)
Die Versuchung in der Politik ist groß, lieber auf Themen zu schielen, die keine Proteste nach sich ziehen. Der Weg des geringsten Widerstands mag anziehend sein. Politik aber muss gestalten, auch wenn es weh tut. Die Suche nach einem geeigneten Endlager für hochradioaktiven Müll hätte vor Jahrzehnten schon ein Beispiel dafür werden können, dass sich die Politik über alle Parteigrenzen hinweg einer Daueraufgabe stellen kann. Die Lösung dieses Problems muss ja auch Wahltage und jeden Regierungswechsel überstehen. Allen Machtbündnissen fehlte der Wille dazu, sich aufrecht hinzustellen.
Angela Merkel sollte gestern dem Gorleben-Untersuchungsausschuss erläutern, weshalb sie als Umweltministerin keine anderen Alternativen zu diesem Salzstock ernsthaft hat prüfen lassen. Daraus politisches Kapital schlagen lässt sich kaum noch. Mehr gedient wäre der Republik, wenn Bund und Länder noch vor dem Wahlkampfjahr 2013 das direkt nach dem Ausruf der Energiewende versprochene neue Endlagersuchgesetz auf den Weg bringen könnten.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann könnte als Antreiber besonders viel dazu beitragen. Vor allem seine Beharrlichkeit hat dazu geführt, einen neuen Anlauf zu starten, der nicht zwangsweise in Gorleben enden muss. Er würde auch, dafür steht er im Wort, genauere Untersuchungen im Südwesten akzeptieren, falls die Vorauswahl so eine Entscheidung nahelegt. Der Müll ist angefallen und muss entsorgt werden.
Schon aber hat die Politik wieder Zeit verspielt. Es überzeugt nicht, auf die rechtlichen Hürden hinzuweisen, die noch zu überwinden sind. Oder darauf, dass der neue Berliner Umweltminister Peter Altmaier sich einarbeiten muss. Das klingt nach Ausreden. Die Bürger wollen zumindest erste Hinweise darauf erhalten, wann sie mit ersten Ortsnamen rechnen und wie sie sich einbringen können. Falsch ist es freilich auch, Gorleben jetzt als Standort auszuschließen. Auch das ist nicht ehrlich. Argumente, nicht Schuldzuweisungen sind gefragt.
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