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Schwäbische Zeitung: Die ganze Wahrheit, bitte - Leitartikel

Leutkirch (ots)

Lance Armstrong hat bei der bekanntesten US-Talkmasterin ausgepackt. Im Fernsehen kennt sich niemand besser aus als Oprah Winfrey. Im Radsport mit all seinen Doping-Kniffen weiß keiner besser Bescheid als der siebenmalige Tour-de-France-Gewinner. Was Armstrong genau gesagt hat, weiß außer den Beteiligten noch niemand - erst am Mittwoch geht Teil eins dieser TV-Beichte über die Sender. Armstrong spricht. Dass er bereut, bezweifeln nicht nur Menschen, die ihn kennen. Bisher hat der Rad-Athlet jeden verfolgt, der ihn des Dopings bezichtigt hatte. Er ist verurteilt, seine Titel sind ihm alle aberkannt. Ist aus dem Sport-Saulus deshalb nun ein dopingbekämpfender Paulus geworden? Lance Armstrong hat den Krebs besiegt. Er hat die steilsten Berge und die stärksten Konkurrenten bezwungen. Das Willenswunder ist zum Multimillionär geworden und zum Superstar, der mit US-Präsidenten plauscht und mit Showstars turtelt. Wer nicht für und mit ihm war, war gegen ihn. "Ich kann nicht sagen, dass ich etwas bereue. Es war eine exzellente Zeit", sagte er 2011 bei seinem endgültigen Adieu. Und jetzt reuevolle Buße? Armstrong hat bislang stets nur das zugegeben, was beim besten Willen nicht mehr zu leugnen war. Sollte er nun alle Karten auf den Tisch legen, droht ihm ein Rattenschwanz von Prozessen. Die Sponsoren werden Millionen zurückfordern, Preisgelder müssen zurücktransferiert werden, der Ruf seiner Stiftung "Livestrong" wäre ruiniert und er selbst muss (Meineid) ins Gefängnis. Dass er all dies riskiert, nur um sein Gewissen zu beruhigen und mächtige Personen im Rad-Weltverband UCI zu Fall zu bringen, erscheint unwahrscheinlich. Wahrscheinlich gibt es nur ein Häppchen Enthüllung mehr, ein Quantum Wahrheit. Doch die ganze Wahrheit muss es sein. Nur dann stürzt das Dopingkonstrukt, perfektioniert vom Tour-Terminator, ein. Nur dann verschwinden fragliche Funktionäre. Nur wenn alles in Trümmern liegt, ist ein Neuanfang möglich, ein sauberer Neuanfang. Der Radsport hätte es verdient.

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