Schwäbische Zeitung: Einfach abschalten - Kommentar
Leutkirch (ots)
Das Dschungelcamp war als Fernsehformat immer besser als sein Ruf. Ausgerechnet auf dem Höhepunkt des Erfolges hat es sich aber verbraucht.
Man stecke eine Gruppe Menschen auf engen Raum zusammen, was zu Intrigen und Koalitionen, zu Freundschaft und Feindschaft, zu Lästerei und Lachen führt. Woran das erinnert? Ganz genau: an den Büro- und Arbeitsalltag im ganzen Land. Das Dschungelcamp treibt diese Konstellation nur auf die Spitze, verschärft über Entbehrung und Langweile die Lebensbedingungen und erhält so den ganz normalen Wahnsinn wie unter einem Brennglas. Das schnöde Dasein im XXL-Format, statt Kantinenkost gibt es Kakerlaken. Nicht jedermanns Geschmack, aber gewiss eine deftige Parodie aufs Leben, dargeboten von brutal schlechten Darstellern. Amüsant. Bis zu einem gewissen Punkt.
Die hohen Einschaltquoten belegen die Anziehungskraft, auch Akademiker schalten ein, verstehen die Sendung eben als jenen unterhaltsamen Zerrspiegel des gesellschaftlichen Zusammenspiels. Die Gebildeten sollten sich aber nichts vormachen: Das Schauspiel im Urwald variiert nur noch in Nuancen, trotz wechselnder Darsteller wiederholen sich die Rollenzuteilungen, und eine Kakerlake bleibt eine Kakerlake. Am Ende steht damit auch für das vermeintliche Bildungsbürgertum nur der Wunsch nach einem Überlegenheitsgefühl und nach billiger Unterhaltung.
Was gegen Voyeurismus und Trägheit hilft? Bei der nächsten Staffel: einfach abschalten.
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