Schwäbische Zeitung: Neubauten nicht um jeden Preis - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Mit dem Autofahren auf schlechten Straßen ist nicht zu spaßen. Es geht dabei nicht nur um eingeschränkte Mobilität durch Schlaglöcher und tiefe Spurrillen. Vor allem die Verkehrssicherheit leidet darunter. Insofern ist der Ansatz der grün-roten Landesregierung richtig, mehr Gewicht als bislang auf den Erhalt und die Sanierung des Straßennetzes zu legen. Der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann kann sich dabei sogar auf einen Verbündeten stützen, der nicht im Verdacht steht, ein Straßenbaugegner zu sein. Auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat zuletzt bei der Mittelvergabe umgesteuert. Auch er will nicht mehr Neubauten um jeden Preis.
Die gestern von Hermann präsentierten Zahlen über den Straßenzustand in Baden-Württemberg verdeutlichen den Bedarf. Die Lage hat sich wieder verschlechtert. Ein auch aus wirtschaftlichen Gründen auf eine gute Infrastruktur angewiesenes Land wie Deutschland muss sich aber daran messen lassen, ob und wie es sein Vermögen pflegt. Auch Straßen stellen Werte dar. Zu langes Warten auf Reparaturen ist zudem nicht billig.
Ein Problem aber lösen auch wissenschaftlich fundiert ermittelte Zahlen nicht. Gerade beim Straßenbau fehlt in der Politik häufig der Blick fürs Ganze. Regionalinteressen wurden und werden über die Vernunft gestellt, doch lieber eine begonnene Arbeit zu vollenden als an zu vielen Stellen zaghaft neue Baustellen einzurichten. Aber Spatenstiche machen sich nun mal gut, um sich in Szene zu setzen. Und wehe, der Nachbar kommt besser weg.
Bei der Sanierung von Straßen und Brücken wird das nicht anders sein. Der Mangel direkt vor der Haustür wird nun mal als besonders großes Ärgernis empfunden. Ranglisten ziehen in so einem Fall bei der Wahrnehmung kaum. Ausmerzen ließe sich die Malaise nur mit deutlich mehr Geld. Das aber fehlt Bund und Ländern. Sparen zwingt generell dazu, zwischen wirklich Wichtigem und Wünschenswertem zu trennen. Auch die Verkehrspolitik bietet dafür beste Gelegenheiten.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de
Original content of: Schwäbische Zeitung, transmitted by news aktuell