Schwäbische Zeitung: Zusammenlegung von Orchestern ist einfach skandalös - Kommentar
Ravensburg (ots)
Wer am Mäusefutter spart, bekommt die Elefanten nicht satt. Das hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann noch vergangene Woche bei einer Tagung zur Zukunft der Kultur gesagt. Das kann man als Bekenntnis zu einer Kulturpolitik verstehen, die sich nicht am billigen Populismus orientiert.
Die Einsicht in die Mäuse-Elefanten-Nummer ist offenbar nicht bis zum SWR-Rundfunkrat vorgedrungen: Der SWR will 160 Millionen Euro sparen. Da hat die Intendanz unter Führung von Peter Boudgoust dem Rundfunkrat erfolgreich weisgemacht, dass der SWR keine zwei Orchester brauche und man locker eines einsparen könne. Das SWR-Orchester in Baden-Baden und Freiburg und das RSO Stuttgart kosten zusammen 30 Millionen im Jahr. Das sind 30 Prozent des Hörfunketats. Und was macht das Aufsichtsgremium, in dem laut Gesetz "Interessenvertreter der Allgemeinheit" sitzen? Es nickt die Pläne ab. Ein Skandal.
Und ein Akt der Barbarei. Das muss so drastisch gesagt werden, wenn man am Samstag den sensationellen Auftritt miterlebt hat, mit dem das SWR Sinfonieorchester das Bodenseefestival eröffnet hat. Die Orchester aus Baden-Baden/Freiburg und Stuttgart haben eigene Traditionen und gerade im letzten Jahrzehnt ihre jeweils eigenständige Klangkultur ausgeprägt. Wer aus den Zweien eins macht, zerstört beide.
Die Musikkultur hat viele Gesichter. Eine demokratische Kulturpolitik muss den künstlerischen Pluralismus spiegeln. "Wir wollen unseren Kindern möglichst viele schöne kulturelle Erlebnisse vermitteln", hat Staatssekretär Jürgen Walter bei der oben erwähnten Tagung gesagt. Herr Walter sitzt im Rundfunkrat.
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